Kol 3,19
C.O.Rosenius
Ihr Männer, liebet eure Frauen und seid nicht bitter gegen
sie. Kol. 3, 19.
Wie der Grund zu den Pflichten der Frau die Untertänigkeit
ist, so ist der Grund zu den Pflichten des Mannes die Liebe.
,,Ihr Männer, liebet eure Frauen." Wo die Liebe ist, da folgt
auch alles andere von selbst. Der Apostel sagt: ,,Die Liebe
ist langmütig und freundlich, sie verträgt alles, sie glaubt
alles, sie hofft alles, sie duldet alles" usw. Um aber die
Liebe des Mannes zu seiner Frau zu betrachten, laßt uns
unsere Aufmerksamkeit besonders auf die feierliche Erklärung
dazu im 5. Kap. des Epheserbriefes richten. Der Apostel
sagt dort: ,,Ihr Männer, liebet eure Frauen, gleichwie
Christus auch die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie
gegeben hat. Also sollen auch die Männer ihre Frauen lieben
wie ihre eigenen Leiber. Wer seine Frau liebt, der liebt
sich selbst. Denn niemand hat jemals sein eigen Fleisch
gehaßt; sondern er nährt es und pflegt sein, gleichwie auch
der Herr die Gemeinde." Siehe, welch ein Bild - zu hoher Ehre
der Eheliebe -, daß sie verglichen wird mit der Liebe, die
höher ist als alle Vernunft! Laßt uns nun die darin
enthaltene Lehre betrachten.
Das Auszeichnende der Liebe Jesu zur Gemeinde ist erstens,
daß Er unverdient liebt, ohne unser Verdienst und Würdigkeit,
nur auf die ewige Erwählung des Vaters hin, wovon Er sagt:
,,Sie waren Dein, und Du hast sie mir gegeben. Die Du mir
gegeben hast, die habe Ich bewahrt. Niemand wird sie Mir aus
Meiner Hand reißen; der Vater, der sie Mir gegeben hat, ist
größer als alles." So soll auch der Mann seine Gattin wegen
des Willens des Vaters lieben, ohne Rücksicht auf ihre
größeren oder geringeren Vollkommenheiten, nur darum, weil
der Vater sie ihm gegeben hat, weil sie seine Frau ist. Die
Liebe, die von Eigenschaften, von besseren oder schlimmeren
Stunden abhängt, ist eine flüchtige, unbeständige und
oberflächliche Liebe. Hätte Christus uns so geliebt, dann
hätte Er sich nicht für uns gegeben. Daß Gott dir diese Frau
gegeben, sie in deine Arme geführt und gesagt hat: Sie soll
dein sein, liebe sie, halte dich zu ihr - sieh, das ist
tausendmal mehr als alle noch so schönen Eigenschaften einer
Frau!
Zweitens: Die Liebe Christi macht Ihn und die Gemeinde zu
einem, wie der Apostel hier bemerkt: ,,Wir sind Glieder
Seines Leibes, von Seinem Fleisch und von Seinem Gebein."
Ebenso, fügt er hinzu, sind auch die Ehegatten eins - es
werden zwei ein Fleisch sein. Dies geschieht doch nicht nur
durch die Liebe, sondern gründet sich eigentlich auf einen
Gedanken bei der Erschaffung der Frau. Laßt uns dazu den
denkwürdigen Bericht 1. Mos. 2 bedenken! Zuerst wird
berichtet, wie Gott aus der Rippe eines Mannes die Frau
schuf; als dieser sie sah, war sein erster Ausruf:,, Das ist
doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch."
Darauf folgt dann das erste Wort Gottes von der ehelichen
Vereinigung, so lautend: ,,Darum wird ein Mann seinen Vater
und seine Mutter verlassen und wird an seiner Frau hangen,
und sie werden ein Fleisch sein." So hat der Herr Christus
die Sache erklärt, als Er die Pharisäer an diese Stiftung
Gottes erinnerte. Von der unauflösbaren Vereinigung der
Ehegatten sagte Er: ,,So sind sie nun nicht zwei, sondern ein
Fleisch." Darauf gründete sich auch das, was der Apostel hier
sagt, ,,daß die Männer ihre Frauen lieben sollen wie ihre
eigenen Leiber", nämlich wie die, die wirklich ihre eigenen
Leiber sind; denn beachte das, was hier folgt: ,,Wer seine
Frau liebt, der liebt sich selbst. Denn niemand hat jemals
sein eigen Fleisch gehaßt." - Müßte dieses Verhältnis nicht
manchen zur Besinnung und zu größerer Liebe zu seiner Gattin
erwecken? ,,Christus hat die Gemeinde geliebt und hat sich
selbst für sie gegeben!" Und nicht nur das, sondern Er
gibt ihr auch ihre heiteren Stunden, ihre Freuden und
Erquickungen. Ebenso soll auch der Mann alles tun, um nicht
nur seine Gattin zu versorgen, sondern ihr auch Wohlsein und
Erquickung zu bereiten, wie die Liebe ja immer freiwillig
tut. - ,,Ihr Männer, liebet eure Frauen."
Der Apostel fügt ferner hinzu: ,,Und seid nicht bitter gegen
sie." Es ist wahr, Gott hat euch die Herrschaft gegeben, die
Frauen sind euch Untertänigkeit schuldig; aber denkt darum
nicht, daß ihr nach Belieben einer zornigen Laune frei
folgen, mürrisch und hart in euren Worten und eurem Betragen
euren Frauen gegenüber sein dürft. Wacht vielmehr, wacht
über euch selbst! Der Apostel Petrus sagt: ,,Ihr Männer,
wohnt bei euren Frauen mit Vernunft und gebet dem weiblichen
als dem schwächeren Werkzeug seine Ehre, als auch Miterben
der Gnade des Lebens, auf daß euer Gebet nicht verhindert
werde." (1. Petr. 3, 7) Wir alle sind schwache ,,Tongefäße",
aber doch ist die Frau das schwächere Werkzeug.
Wie kann der Mann dann eine solche Vollkommenheit von ihr
erwarten, daß er nie einen Fehler bei ihr zu dulden brauchte?
Er muß sich deshalb seiner Gattin ,,mit Vernunft" bedienen
und nie vergessen, daß sie vor Gott ebenso hoch geachtet ist;
auch sie ist ,,Miterbe der Gnade des Lebens". Noch einmal
sei es gesagt: Sie ist schuldig, untertan zu sein, das ist
wahr, und du hast Macht zu befehlen; wende aber deine Macht
so an, daß du dem schwachen Werkzeug keinen Schaden tust, auf
daß ihr Gemüt nicht gänzlich niedergestimmt und von dir
abgestumpft werde.
O Mann, nimm deiner Gattin wahr,
Wie Christus der Gemeinde!
Sie soll dich haben immerdar
Zum Schutz, zum treusten Freunde.
O Weib, zieh an für deinen Mann
Demut und Herzensstille;
Des Herrn Wort sei dein Wille.