Phil 4,7
S.Keller
Phil. 4, 7: «Und der Friede Gottes, welcher höher ist denn
alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo
Jesu.»
Die Vernunft kennt nur einen Frieden der Tatsachen des
irdischen Lebens. Wenn sie ein Rechenexempel machen kann und
sich ausrechnen, daß ringsum lauter Aussichten auf Frieden
sind, dann gibt sie die Erlaubnis, von Frieden zu reden.
Aber sie versteht nichts von dem Frieden Gottes. Sie meint,
erst müßte alles Übel aufhören - wir wissen, daß wir Gottes
Frieden spüren können mitten im Leide. Ja, wir haben es
erfahren, daß der Friede schon da war und nahm Herz und Sinn
in seine Obhut, so daß wir ganz stille wurden mitten im
Schmerz, und dann führte derselbe Friede uns heraus aus der
Not. Gott hatte ihn geschickt, uns zuerst still zu machen,
und sobald ihm das gelang, uns herauszuführen den lichten
Weg zur Höhe der Errettung. Darum ist das Ruhen in Gott,
das Sichumfangenwissen von seinen Armen, wie eine starke
Schildwache vor der Herzenstür, daß keine Beunruhigung uns
erschrecken dürfe. Das will erlebt sein, und wenn es da ist,
mit heller Freude und heißer, dankbarer Liebe genossen sein:
Du bereitest den Tisch im Angesicht meiner Feinde, du
schenkst mir voll ein!
Herr Jesu, meine Freude, ich danke dir für jede solche
wunderbare Stunde, die du mir in meinem Arbeitsleben auf
Erden schon geschenkt hast, und bitte dich, gib sie mir heute
abend noch zum Zeichen, daß zwischen uns alles in Ordnung
ist, alles! Amen.
C.O.Rosenius
Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft,
bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Phil. 4, 7.
Wer unter allen wechselnden Erfahrungen des christlichen
Lebens beharren sowie den Frieden in seinem Herzen behalten
und stärken will, der muß vor allen Dingen fleißig und
einfältig mit dem Evangelium des Friedens umgehen. Das ist
die rechte Quelle des Friedens Gottes. Das Evangelium muß
uns beständig über alle Anfechtungen, Qualen und Sorgen
erheben, in die die Vernunft, das Gefühl, das Gewissen oder
der Satan uns unausgesetzt hinunterziehen wollen. Gegen
alle diese Friedensstörer haben wir nur das Wort und die
Sakramente als Wehr und Mauer. Da wohnt der Tröster und
redet mit uns, tröstet uns und spricht: ,,Fürchte dich nicht!
Sei getrost! Bist du sündig, dann ist Christus gerecht; du
bist jetzt in dem Reiche, wo die Sünde dir nie zugerechnet
wird; du bist jetzt nicht in einem Werkreich, das über die
Gnade herrscht, sondern in einem Gnadenreich, das über die
Werke herrscht; du bist auf ewig mit Gott versöhnt, und Er
hat geschworen, daß Er dir ewiglich nicht zürnen will." Das
ist die rechte Friedensposaune des Reiches Gottes, die
unausgesetzt in unseren Ohren und Herzen erschallen muß, wenn
wir hier Frieden haben sollen.
Neben dem Wort brauchen wir aber auch den Herrn selbst, d.
h., wir müssen fleißig den Heiligen Geist um Seine Kraft am
Herzen bitten. ,,Ein Christ muß", wie Prätorius sagt,
,,jeden Morgen, wenn er erwacht, und auch oft am Tage
seufzen: Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle
Vernunft, bewahre heute mein armes Herz vor allem Unfrieden,
der durch die Tyrannei des Teufels, durch die Bosheit der
Welt und durch andere Widerwärtigkeiten mich treffen kann."
Wie wünschenswert wäre es, daß bei allen Christen der Friede
Gottes mehr in Herz und Sinn regierte! Erstens ist es ja der
herzliche Wille des barmherzigen Gottes mit uns, daß wir
unsere Tage nicht in Finsternis und Qualen verbringen - da
wir doch so teuer erkauft, so sehr reich und glücklich in
Christus sind -, sondern wir sollen Frieden in Ihm haben.
Der Apostel sagt ausdrücklich: ,,Seid allezeit fröhlich; denn
das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch." Und
Jesus spricht: ,,Ich bin gekommen, daß Meine Schafe das Leben
und volle Genüge haben sollen." Beachte! Dieser Friede war
ja ein Hauptziel der ganzen Versöhnung Christi, wie es
ausdrücklich heißt: ,,Die Strafe liegt auf Ihm, auf daß wir
Frieden hätten, und durch Seine Wunden sind wir geheilt." Und
abermals: ,,Der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und
der Gerechtigkeit Nutzen wird ewige Stille und Sicherheit
sein." Je fröhlicher und friedvoller deshalb jemand in
Christus ist, um so lieber ist dies vor Gott und um so mehr
wird Christus, der der Grund dieses Friedens und dieser
Freude ist, dadurch geehrt und erhöht. Zudem hat ein Christ
nicht gerade viel Freude hier auf Erden; darum ist es höchst
notwendig, daß er in dieser armen Welt, wo durch die Bosheit
des Fleisches, des Teufels und der Welt nichts anderes ist
als Streit und Anfechtung, in seinem Herzen ausgerüstet ist
mit einem hohen, unerschütterlichen Frieden Gottes, wie Jesus
spricht, als Er Seine Abschiedsrede an Seine Jünger in der
Nacht vor Seinem Tod schließt: ,,Solches habe Ich mit euch
geredet, daß ihr in Mir Frieden habt. In der Welt habt ihr
Angst; aber seid getrost, Ich habe die Welt überwunden."
Es war also der ernstliche Wille des Heilands, daß wir in Ihm
Frieden haben sollen, obwohl niemand besser als Er wußte, wie
sündig und unwürdig wir sind. Wenn Er uns nun dennoch gönnt,
Frieden zu haben, ja, wenn Er gerade deshalb für uns leidet
und stirbt, uns tröstet und freundlich mit uns redet, auf daß
wir in Ihm Frieden haben, dann wäre es ja billig, daß wir uns
für Seine Rechnung auch recht zufrieden geben wie kleine
Kinder im Mutterschoße. Schließlich ist es auch gerade
dieser Friede, der vor anderem unsere Herzen in Christus
bewahrt und stärkt und uns Leben, Lust und Kraft zu allem
Guten gibt, wie geschrieben steht: ,,Der Friede Gottes,
welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und
Sinne in Christus Jesus"; und abermals: ,,Freude am Herrn ist
eure Stärke."
Wenn ich im Glauben Frieden mit Gott habe, dann kann ich
alles tun und leiden; wenn ich der Freundschaft Gottes gewiß
bin, dann mag, wer da will, unfreundlich gegen mich sein;
wenn ich fröhlich bin über den himmlischen Schatz, dann kann
ich einen irdischen Verlust erleiden. Wenn dagegen das Herz
leer ist an Gottes Frieden, dann bin ich in allen Dingen
schwach und jeder Versuchung zugänglich. Es ist darum eine
Wahrheit, deren jeder Christ tief eingedenk sein muß, daß der
Friede Gottes das Herz bewahrt und daß Freude am Herrn unsere
Stärke ist.
So ruh ich nun, mein Heil, in Deinen Armen,
Du selbst sollst mir mein ew'ger Friede sein;
Ich wickle mich in Deine Gnade ein,
Mein Element ist einzig Dein Erbarmen;
Und weil Du mir mein Ein und Alles bist,
So ist's genug, wenn Dich mein Herz genießt.