Phil 4,2
A.Christlieb
Heilmittel gegen Zerklüftung
Philipper 4, 2 f.
»Die Evodia ermahne ich, und die Syntyche ermahne ich, daß
sie eines Sinnes seien in dem Herrn. Ja, ich bitte auch
dich, mein treuer Geselle, stehe ihnen bei, die samt mir für
das Evangelium gekämpft haben.«
Nichts tut der Feind lieber, als in den Reihen des Volkes
Gottes eine Zerklüftung anzurichten. Wir sollten darum jeden
biblischen Wink dankbar begrüßen, der uns eine Waffe, ein
Heilmittel für die Einigung in die Hand gibt. Das tut auch
diese Stelle, die von den beiden Frauen Evodia und Syntyche
handelt.
1. Die schöne frühere Stellung
Evodia und Syntyche, die jetzt uneins geworden sind, haben
früher eine gute innere Stellung eingenommen. Paulus sagt
von beiden, daß sie mit ihm für das Evangelium gekämpft
haben. Vielleicht bezieht sich das auf die Zeit der Gründung
der Gemeinde in Philippi, als diese beiden Frauen tapfer auf
der Seite des Paulus standen. Sie hielten entschieden zu
Jesus und seinem Evangelium, als es durch allerlei Nöte und
Kämpfe hindurch ging. Paulus vergißt den beiden nicht, was
sie für eine treue Hilfe geleistet haben. Dankbar erinnert
er sich daran, wie sie sich bewährt haben. Ja, auch Frauen
können mithelfen, wo das Reich Gottes gebaut wird.
2. Der gegenwärtige Abweg
Von der vergangenen köstlichen Zeit im Glaubensleben der
Evodia und der Syntyche hebt sich nun der gegenwärtige Irrweg
ab, auf den sie geraten sind. Es sind zwischen den beiden
Frauen Schwierigkeiten und Spannungen entstanden. Wie es
dazu gekommen ist und worin die Not im einzelnen bestand,
deutet der Text in keiner Weise an. Darum wollen wir auch
keine Vermutungen anstellen. Aber eins ist klar: Gerade auf
solche, die an hervorragender Stelle mitkämpfen für das
Evangelium, die an vorderster Front stehen, richtet der Feind
seine Pfeile. Er versucht, sie innerlich zu schädigen. Das
ist ihm bei den beiden Frauen in der Gemeinde zu Philippi
gelungen. Es entstand zwischen ihnen ein Mißverhältnis,
das die andern bemerkt haben. Überall sprach man davon:
»Zwischen den beiden stimmt es nicht.« Wir können uns denken,
daß dieses getrübte Verhältnis der beiden einen großen
Schaden anrichtete. Die Gemeinde zu Philippi war eine schöne
göttliche Pflanzung. Der Kerkermeister hatte sich bekehrt
und die Lydia und viele andere, deren Namen im Lebensbuch
stehen. Nun suchte der Feind in die Schar der Gläubigen
einzudringen und Gottes Werk zu zerstören. Wie viele
Lästerzungen mögen sich aufgemacht und über das gespannte
Verhältnis der beiden geklatscht haben! Paulus hat mit
Schmerz von dem allen gehört.
Was der Feind damals in der Gemeinde zu Philippi anzurichten
versuchte, das tut er auch heute noch hin und her. Die
Anlässe sind oft so nichtig, die Gläubige dahin bringen, daß
sie nicht in der Liebe Christi bleiben. Evodia und Syntyche
hatten einst gestritten für das Evangelium, nun stritten sie
wider einander.
Wir wollen betend achtgeben, daß wir im Kampf für das
Evangelium zusammen bleiben und nicht durch die
Machenschaften des Teufels auseinanderkommen. Wir wollen vor
allem unsere Zunge hüten, daß sie nicht unvorsichtig und
lieblos redet und Keile treibt zwischen die, denen ein
gemeinsamer Kampf für Gottes Sache aufgetragen ist.
3. Das Heilmittel
Welches ist nun der Weg der Hilfe, den Paulus zeigt? Wie
zart geht Paulus vor in der Behandlung dieser heiklen,
schwierigen Sache! Wie wägt er seine Worte so ab, daß keine
der Frauen das Gefühl bekommt, er tritt mehr auf die Seite
der Gegnerin! »Die Evodia ermahne ich, und die Syntyche
ermahne ich«, d. h. jede bekommt bis auf den Buchstaben das
gleiche Wort, die gleiche Schärfe, die gleiche Milde. Der
Apostel tritt den Fehler nicht breit, er schildert nicht
ausführlich den Abweg. Ausführlich ist seine dankbare
Erinnerung, wie die beiden Frauen für das Evangelium gekämpft
haben, und seine Freude, daß ihre Namen im Buch des Lebens
stehen (V. 3 Ende). Das Verkehrte im Verhältnis von Evodia
und Syntyche tritt eigentlich nur in der Ermahnung zur
Einigkeit zutage.
Was sollen die Frauen tun? Sollen sie sich die Hand geben,
miteinander sprechen, miteinander zu Tisch gehen? Nein,
damit ist die Sache nicht erledigt. Die Gesinnung der beiden
muß eins werden: »Ich ermahne sie, daß sie eines Sinnes seien
in dem Herrn.«
Es gibt künstlich herbeigeführte Versöhnungen, die nicht
standhalten, mit denen es nicht ernst gemeint ist. Bei einer
Versöhnung ist das Wichtigste, daß die Gesinnungen zusammen
kommen. Wie denn? Soll die eine der andern nachgeben? Auf
ihre Interessen eingehen? Nein, Evodia und Syntyche sollen
eines Sinnes werden »in dem Herrn«. Nicht soll die Evodia
das Gefühl haben: Ich soll der Syntyche nachgeben. Nicht
soll die Syntyche den Eindruck haben: Ich soll mich unter die
Evodia ducken. Nein, was der Heiland haben will, das sollen
beide tun! Des Heilands Wort und Wille für solche Fälle
ist immer klar. Er will, daß das Verhältnis der Seinen
untereinander von der Gesinnung der Liebe bestimmt ist: »Das
ist mein Gebot, daß ihr euch untereinander liebet, gleichwie
ich euch liebe« (Joh. 15, 12). Wenn Jesu Jünger nicht eins
werden untereinander - muß man dann nicht fürchten, daß auch
ihr Verhältnis zum Herrn nicht in Ordnung ist?
Wir wollen des Paulus Bitte an Evodia und Syntyche als Bitte
des Herrn an sein ganzes Volk hören: »Schließt euch mit mir
zusammen, dann wird Einigkeit und Frieden unter euch
gefördert!« - Wohl allen, die mit zur Einigung unter den
Kindern Gottes helfen!