Phil 3,20
W.Nee
Denn das Reich, in dem wir Bürger sind, ist in den Himmeln,
und aus ihm erwarten wir auch als Heiland den Herrn Jesus
Christus. Philipper 3,20
Eine Fahrt nach Amerika können wir, wenn wir kein Geld haben,
uns durch Arbeiten auf dem Schiff verdienen: uns von der Erde
in den Himmel emporarbeiten können wir nicht. Es ist auch
nicht nötig. Der Himmel ist nicht der Ort, zu dem die
Gemeinde irgendwann in der Zukunft gelangen wird, sondern
dort ist sie bereits und war sie von Anfang an.
Die Himmelswelt ist sowohl der Geburts- als auch der Wohnort
der Gemeinde, und nicht ein von ihr erst zu erreichendes
Ziel; deshalb kann die Frage, ob sie in den Himmel gelangen
müsse, eigentlich gar nicht auftauchen. Die Feststellung mag
vielleicht übertrieben erscheinen, das gebe ich zu, aber sie
stimmt. Daß wir das Wunde unsrer himmlischen Berufung doch
wieder neu sähen! Sie ruft uns nicht in den Himmel, sondern
tut uns kund, daß wir der Himmelswelt angehören und uns schon
in ihr befinden. Wir Christen brauchen uns also nicht erst
nach oben emporzuarbeiten - wir sind schon jetzt »Bürger des
Himmels«.
C.O.Rosenius
Unser Wandel ist im Himmel, von dannen wir auch warten des
Heilands Jesus Christus, des Herrn. Phil. 3, 20.
Im zweiten Brief an die Korinther sagt Paulus: ,,Wir haben
allenthalben Trübsal, aber wir ängstigen uns nicht; wir
werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um; als die
Sterbenden und siehe, wir leben; als die Gezüchtigten
und doch nicht ertötet; als die Traurigen, aber allezeit
fröhlich." Höre nur, welche Rätsel! Ist dies nicht ein
wunderliches und geheimnisvolles Wesen, das so spricht! Ein
so wundersames Wesen ist ein Christ, unterdrückt und doch
triumphierend, betrübt und doch fröhlich, arm und doch sehr
reich, sündig und doch vollkommen gerecht, elend und doch
herrlich, Wanderer auf Erden, aber immer mit einem
himmlischen Wandel!
Die Welt hat auch Freude und Vergnügen, aber nur, solange
,,die Blume auf dem Felde" nicht verwelkt, nur, solange das
irdische Wohlergehen währt. Wenn dies aber vorbei ist, dann
hat auch die Freude ein Ende. Dem Apostel Paulus dagegen
geht die Sonne erst am Abend auf; und wenn es hier unten
dunkelt, dann erhebt er sich zum Lichte des Paradieses dort
oben. Er hat ein doppeltes Leben. Er ist ein Wanderer auf
Erden, aber seine Bürgerschaft ist im Himmel. Er gehört der
Ordnung einer höheren Sache an und lebt mit seinem Herzen
in seinem höheren, rechten Vaterland. ,,Unser Wandel",
(oder genauer) ,,unsere Bürgerschaft ist im Himmel", sagt
er. ,,Sie ist", sagt er, nicht ,,sie wird sein", und er
bezeichnet sie damit als etwas schon Gegenwärtiges. Paulus
spricht hier etwas ganz anderes aus als das, was die Welt mit
der Hoffnung ,,eines zukünftigen Lebens" meint. Paulus weiß,
daß er, während er noch auf Erden wandelt, schon Mitbürger
des Himmels ist. Welch ein Glück und welch ein Schatz ein
solches Bewußtsein ist, das hat noch kein Menschenherz auf
Erden je ganz ermessen können.
Woher aber, so mag man wohl fragen, hatte Paulus diese
Glaubensgewißheit? Er kannte Christus! Das ist das
Geheimnis! Er sah im Dunkel seines Erdenlebens einen Mann,
der ihm diese Gewißheit schenkte, einen geheimnisvollen Mann,
der da sprach: ,,Ich bin vom Vater ausgegangen und in diese
Welt gekommen." Als dieser dann sagte, Er wolle hingehen und
Seinen Freunden in des Vaters Haus die Stätte bereiten, und
sie Ihn darauf nach dem Wege dorthin fragten, war Seine
Antwort: ,,Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben." Als
sie Ihn baten: ,,Zeige uns den Vater!" antwortete Er: ,,Wer
Mich sieht, der sieht den Vater." Auf Seinen Allmachtswink
wurden die Blinden sehend, die Tauben hörend, die Stummen
redend, und die Toten standen aus ihren Gräbern auf. Er
trieb die Teufel aus, Er vergab die Sünden, Er befahl den
Kräften der Natur und zerbrach schließlich selbst die Ketten
des Todes, indem Er mit einem veklärten Leib aus dem Grabe
auferstand.
Nachdem Paulus mit diesem Herrn und Heiland in Bekanntschaft
gekommen war, konnte er die trostvolle Sprache führen:
,,Unsere Bürgerschaft ist im Himmel." Zugleich wußte er,
daß er durch Ihn das im Sündenfall verlorene Kindesrecht bei
Gott und das Bürgerrecht im Himmel wiedererhalten hatte. Was
folgt daraus? Daraus folgt, daß alle, die denselben Glauben
haben und dieselbe Bekanntschaft mit dem Heiland gemacht
haben wie Paulus, auch dieselbe Gnade und Bürgerschaft im
Himmel haben wie er, weil sie mit demselben Blut des Sohnes
Gottes erlöst sind wie er, und darum dieselbe tröstliche
Gewißheit davon haben sollen wie er. - Gewiß wirst du die
Herrlichkeit dieser himmlischen Bürgerschaft nicht an dir
sehen und fühlen. Sie ist tief verborgen und mit allem Elend
dieses Lebens bedeckt. ,,Unser Leben ist verborgen mit
Christus in Gott". Aber sie ist doch gewiß und
wohlbegründet. Ist es Nacht auf Erden, dort oben ist es ewig
hell und klar. Ist der Weg uneben und mit Dornen bewachsen,
wir pilgern unserer Heimat zu. Dort sind unsere Freunde, die
uns kennen, und dort ist unser großer Freund vor anderen
Freunden. So heißt es dann. Und dies ist keine Dichtung,
sondern die gewisseste Wirklichkeit, gegründet auf Christi
Worte und Werke und auf Seinen Eingang für uns in das
Allerheiligste.
,,So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge," sagt
der Apostel, ,,sondern Bürger mit den Heiligen und Gottes
Hausgenossen." Und dies ohne Ansehen der Person. ,,Es ist
hier kein Unterschied, sie sind allzumal Sünder." Aber ein
jeder, der an Christus glaubt, durch den allein wir erwählt
sind, ehe der Welt Grund gelegt war, - ein jeder, der an
Christus glaubt, d. h. der sich selbst richtet und straft,
seinen einzigen Trost aber in dem hat, der die Gottlosen
gerecht macht, - ein jeder, sowohl die Sünderin als auch die
Jungfrau Maria, sowohl der Schächer als auch Paulus, ist
gleichermaßen erwählt, gerecht und Gott angenehm in dem
Geliebten. Ein jeder von ihnen ist ebenso gewiß einer dieser
Mitbürger mit den Heiligen und den Hausgenossen Gottes.
Wie groß ist Deine Herrlichkeit,
Du gläub'ge Seel, schon in der Zeit,
Die du auf Jesum Christ vertraust
Und auf Sein festes Wort nur baust.
Er hüllte dich in Sein Gewand
Und hat sich selber dir vertraut,
Er gab dir Seines Geistes Pfand,
So bist du Jesu Christi Braut.
Du stehst mit Jesu in dem Bund,
Und diesen hält Er ewiglich.
Er denkt an dich zu jeder Stund,
Er selber litt den Tod für dich.
So gehst du in Sein Reich fürwahr
Und erbest dann aus Seiner Hand.
Nur ein'ge Tage oder Jahr',
Erreicht ist dann das gute Land.