Phil 3,15
C.Eichhorn
Das hohe Ziel
So viele unser vollkommen sind, laßt uns also gesinnt sein!
Phil. 3, 15
Wie der Fährmann beim Übersetzen über einen Fluß wegen der
starken Strömung auf einen weit über dem Landungsplatz
gelegenen Punkt zusteuert, so müssen wir uns das Ziel hoch
stecken. Der Widerstand der Welt und Satans und die eigene
Schwachheit drängen uns ohnehin immer etwas zurück. Wenn
wir das Ziel von vornherein niedrig stecken, gelangen wir
am Ende überhaupt nicht hin. Wir wollen aber die christliche
Vollkommenheit recht verstehen. Sie ist nicht Sündlosigkeit,
wie manche meinen. In der Bibel bedeutet Vollkommenheit, daß
einer etwas Ganzes ist im Unterschied vom halben Wesen oder
Stückwerk. Sie ist ausgereiftes Mannesalter im Gegensatz zum
unentwickelten Kindesstand (Eph. 4, 11-14). Die Bibel redet
von einer Vollkommenheit des Wandels und der Erkenntnis. Wer
nicht nur Geistesleben empfangen hat, sondern nun auch im
Geist wandelt, also ein Überwinder- und Siegerleben führt,
der ist vollkommen in seinem Wandel. Die Korinther hatten
das geschenkte neue Leben noch nicht in einem Geisteswandel
durchgeführt, darum nennt sie der Apostel "fleischlich"
(1. Kor. 3, 3; vgl. Gal. 5, 2.5). Sie ließen sich im
täglichen Leben noch nicht vom Heiligen Geist auch wirklich
in allen Stücken regieren, ihr alter Mensch machte sich noch
recht stark geltend. Darum waren sie Unvollkommene. Auch in
den Vollkommenen ist noch Sünde. "In mir, das ist in meinem
Fleisch, wohnt nichts Gutes", gilt bis ans Lebensende. Aber
wenn sich auch die Lüste noch regen, dürfen sie doch nicht
mehr die Herrschaft führen. Die "Geschäfte des Fleisches"
werden bei den Geistesmenschen durch den Geist immerfort
getötet. Johannes spricht von einem "Nichtmehrsündigen"
(1.Joh. 2, 1). Sünde haben und Sünde tun ist eben ein großer
Unterschied. Die Sündenreize machen sich immer bemerkbar.
Aber durch den Geist gibt man seinen Willen nicht mehr an
sie hin. So werden die Sündenreize schwächer. Die Nahrung
wird ihnen entzogen. Doch niemand sage: "Dieser oder jener
sündliche Reiz: zur Unzucht, zum Geiz, zur Empfindlichkeit,
zum Neid, ist in mir erstorben." Auch aus dem scheinbar
abgestorbenen Gewächs können neue Triebe hervorkommen. Die
Bibel schraubt die Sache nicht zu hoch hinaus. Es genügt,
daß wir einen Wandel im Licht führen. Wer so gesinnt ist wie
Paulus (Phil. 3, 7-14), der ist vollkommen, ganz dem Herrn
Jesu ergeben, ganz geschieden von seiner Vergangenheit, ganz
los von der Sünde, wenn auch nicht sündlos. Wie im Wandel,
so gibt es auch in der Erkenntnis eine Anfangsstufe und eine
Stufe der Vollkommenheit. Es ist ein Unterschied zwischen
den grundlegenden Lehren, zu denen vor allem die Botschaft
vom Kreuz gehört, und den Lehren, die nur innerlich Gereifte
fassen und verdauen können. Was Paulus mit "Mit Weisheit
reden wir bei den Vollkommenen" (wörtl. 1. Kor. 2, 6)
meint, ist der Einblick in den großartigen Heilsplan Gottes,
der unsere zukünftige Herrlichkeit zum Ziel hat.