Phil 2,26
C.Eichhorn
Zarte Liebe zu den Brüdern
Epaphroditus war hoch bekümmert darum, daß die Philipper
gehört hatten, daß er krank war gewesen. Phil. 2, 26
Wir wissen von Epaphroditus sehr wenig. Doch dies wenige
zeigt ihn uns in einem schönen Licht selbstloser, zarter
Liebe, wie sie nur ein Jünger Jesu haben kann. Er stammte
aus Philippi. Diese Gemeinde ließ es sich nicht nehmen, dem
Apostel immer wieder Liebesgaben zu senden, wiewohl sie meist
aus gering bemittelten Leuten bestand. Epaphroditus bot sich
an, dem Apostel diese Gaben nebst einem Brief der Gemeinde
nach Rom zu überbringen. Er nahm damit eine lange,
beschwerliche und lebensgefährliche Reise auf sich. Denn Rom
war zu gewisser Jahreszeit damals sehr gefährlich durch
Fieberkrankheit. In der Tat wurde Epaphroditus todkrank.
Was war nun sein hauptsächlicher Kummer auf dem Krankenbett?
Es war der Gedanke, daß die Gläubigen in Philippi sich um
ihn sorgten, weil sie von seiner schweren Erkrankung gehört
hatten. Welch eine zarte Liebe spricht hieraus! Solange
jemand noch in der Selbstliebe steckt, ist es ihm eine große
Befriedigung und Genugtuung, wenn andere sich um ihn sorgen
und selbst in gedrückte Stimmung geraten. Solche Kranke
belasten ihre Umgebung. Sie können es schwer sehen, daß
andere gesund und heiter sind. Eine Lungenkranke hatte eine
liebevolle Pflegerin. In wahrhaft teuflischer Bosheit suchte
sie diese Wohltäterin mit ihrer Tuberkulose anzustecken. Oft
machen Kranke ihre Leiden ärger, nur um Mitleid zu erregen.
Sie halten mit ihren Klagen nicht zurück und beschweren ihre
Umgebung durch häufige und ausführliche Schilderung ihrer
traurigen Lage. Sie wollen anspruchsvoll, daß jedermann tief
mit ihnen empfindet und sich in ihren Jammer versenkt. Wie
anders benahm sich Epaphroditus! Gottesmenschen belasten
nicht, suchen vielmehr ihre Umgebung zu entlasten. Der
Gottesmann Malan bat in seinem langwierigen, äußerst
schmerzhaften Leiden öfters die Seinigen, das Krankenzimmer
zu verlassen: sie sollten nicht Zeugen seiner Qualen sein.
Eine solche Gesinnung wird meist nicht nach Gebühr erkannt
und geschätzt. Leute, die etwas aus sich machen können und
selbstbewußt auftreten, werden leider auch in christlichen
Kreisen mehr gewertet. Darum schreibt Paulus: "Habt solche
Leute in Ehren, nehmt ihn auf mit allen Freuden!" Die
Philipper hatten nämlich gewünscht, daß er länger in Rom
bleiben solle, um dem gefangenen Apostel seine Lage etwas zu
erleichtern. Mit derselben zarten Christenliebe betont
Paulus, daß Epaphroditus nicht aus eigenem Antrieb heimkehre,
sondern daß er ihn selbst zurückgesandt habe. Er gibt ihm
dabei ehrende Bezeichnungen, nennt ihn seinen "Bruder,
Gehilfen, Mitstreiter". Der Lieblose setzt andere mit
Vorliebe herunter. Die Liebe aber ist bedacht, sie kräftig
emporzuheben, besonders aber, wenn sie die verdiente
Anerkennung nicht finden.