Phil 1,27
C.H.Spurgeon
,,Wandelt nur würdiglich dem Evangelium Christi."
Phil. 1, 27.
Das Wort ,,wandelt" bezeichnet nicht nur unser Reden und
Verkehren untereinander, sondern den ganzen Gang unsers Lebens
in Wort und Tat vor der Welt. Das griechische Wort bezeichnet
die Rechte und Pflichten unsrer Bürgerschaft; und in diesem
Sinne werden wir ermahnt, daß wir als Bürger des neuen
Jerusalems in unserm Tun uns so verhalten, wie es des
Evangeliums Christi würdig sei. Worin besteht nun dies
Bürgerrecht? Erstlich: das Evangelium ist einfältig; und darum
sollen die Christen in ihrem Tun und Lassen einfältig und
aufrichtig sein. In unserm Benehmen, in unsrer Sprache, in
unsrer Kleidung, in unserm ganzen Wandel sollten wir uns jener
Einfalt befleißigen, welche die Seele der Schönheit ist. Das
Evangelium ist rein und wahr, es ist Gold ohne Schlacken; und so
ist auch das Leben der Christen ohne das Juwel der Wahrheit
wertlos und trübe. Das Evangelium ist ein Evangelium ohne alle
Furcht, es verkündet die Wahrheit kühn und offen, gleichviel, ob
man sie gern höre oder nicht: darum müssen auch wir treu und
tapfer sein. Aber das Evangelium ist auch sehr mild und zart.
Denke an den Ausspruch seines Urhebers: ,,Das zerstoßene Rohr
wird Er nicht zerbrechen." Wir wollen suchen, andre durch
Sanftmut zu gewinnen. Das Evangelium ist äußerst liebevoll. Es
ist die Botschaft des Gottes der Liebe an ein verlornes und
gefallenes Geschlecht. Christi letzter Befehl an seine Jünger
lautete: ,,Liebet euch untereinander." Ach, daß doch alle
Heiligen untereinander durch innigere, herzlichere Liebe und
aufrichtigere Gemeinschaft verbunden wären! daß doch ein
tieferes Mitleid gegen die Elendesten und Verworfensten unsres
Geschlechts sich in uns regte! Wir dürfen nicht vergessen, daß
das Evangelium Christi heilig ist. Es nimmt die Sünde nie in
Schutz: es vergibt sie, aber nur durch ein Sühnopfer. Soll unser
Leben dem Evangelium gleichen, so müssen wir uns nicht nur vor
den gröberen Lastern scheuen, sondern vor allem, was unsre
vollkommene Verklärung in das Bild Jesu Christi hindert. Um
seinetwillen, um unsertwillen und um der andern willen müssen
wir Tag für Tag danach ringen, daß unser Wandel würdig sei des
Evangeliums Christi.
C.Eichhorn
Laßt uns in der Welt so wandeln wie einst Jesus!
Wandelt würdig des Evangeliums Christi! Phil. 1, 27
Der Wandel des Christen soll der Welt das Evangelium vor die
Augen halten. Das Evangelium ist eine frohe Botschaft. Wie
stimmt das, wenn Christen in ihrem Wesen so düster, finster
und unfreundlich sind? Wenn die Kleinigkeiten des Lebens
sie verstimmen, wenn man soviel Ärger und Verdruß bei ihnen
wahrnimmt, ist das dem Evangelium gemäß, das zu einer Freude
verhilft, die durch Widerwärtigkeiten nicht getrübt werden
kann? Die Botschaft von Jesus führt zum Erlebnis der großen,
unverdienten Barmherzigkeit Gottes. Wer nun an anderen übt,
was Gott an ihm getan, der wandelt dem Evangelium gemäß. Wer
hingegen das Böse dem anderen anrechnet, unversöhnlich und
hart ist, schlägt dem Evangelium ins Gesicht. Das Evangelium
bietet uns Befreiung dar von allen Gebundenheiten. Wer aber
bei genauerer Beobachtung sich als vom Geld gebunden zeigt,
wer in seinem Wandel Habsucht und Gewinnsucht sehen läßt,
macht dem Evangelium keine Ehre. Ein erlöstes Gotteskind
ist frei von allen Dingen dieser Erde, frei auch von
Menschenfurcht, und nur gebunden an Gott. Es ist fröhlich
und doch nicht leichtsinnig, ernst und doch auch heiter. Es
zeigt sich liebreich und doch fest, nachgiebig, aber wo es
sich um die Wahrheit handelt, auch wieder unbeugsam. Das
Evangelium macht hochgemut und beugt zugleich in den Staub.
Es macht großzügig, aber auch treu im Kleinen. Es wirkt ein
still-gelassenes Wesen, gibt aber zugleich Kraft und Feuer,
für die Ehre Gottes einzutreten. Es macht schweigsam von
eigenen Vorzügen und Leistungen, beredt von Gottes Werk
und Taten. Wandelt würdig des Evangeliums Christi! Unser
verborgener Wandel vor Gott und der häusliche und eheliche
Wandel müssen vor allem dem Evangelium Ehre machen, aber hier
drückt das Wort "wandeln" den Wandel im öffentlichen Leben
aus. Der Christ soll dadurch für das Evangelium werben.
"Lasset euer Licht leuchten vor den Leuten!" sagt Jesus.
Der Herr will damit nicht den eigenwilligen Bekehrungseifer
begünstigen. Im Gegenteil, er warnt davor, daß man andern
zum Licht verhelfen will und selbst noch stockblind ist.
Auch die Apostel legen besonderen Nachdruck auf die Predigt
des Wandels. Frauen sollen ihre Männer ohne Worte zu
gewinnen suchen durch ihren stillen Wandel in Reinheit und
Gottesfurcht. Nicht durch Verteidigungsreden, sondern durch
Wohlverhalten sollen Christen die Unwissenheit und das
Verleumden törichter Menschen verstopfen. Es ist ein
schwerer Schaden für die Sache Christi, wenn sich seine
Bekenner durch ihren Wandel traurige Blößen geben; mancher
wird dadurch abgestoßen und abgeschreckt, dem Herrn Jesu
näherzutreten. Die Welt hat scharfe Augen und weiß genau,
was sich für einen Jünger Jesu geziemt. Sie verliert den
Glauben an die Botschaft, wenn der Wandel ihrer Bekenner
nicht mit ihr übereinstimmt. Wenn wir das Evangelium
ausleben, dann wird unser Zeugnis für Jesus einschlagen.
Mancher wird bewogen, sich zu Gott zu bekehren und mit uns
unseren Vater im Himmel zu preisen.
C.O.Rosenius
Wandelt würdig dem Evangelium Christi! Phil. 1, 27.
Vereinige einmal in einem Bild all die herrlichen Dinge, die
uns im Evangelium gegeben sind, und sieh dann, wie hoch und
herrlich unsere Berufung ist! Wir sind Gottes Kinder und
Erben der ewigen Herrlichkeit, Christi Brüder und Miterben,
Bürger mit den Heiligen und Gottes Hausgenossen, ein
königliches Priestertum, der lebendige Tempel des Heiligen
Geistes, ja, Heilige auf Erden. Und alles das ist jeder
gebrechliche Mensch, wenn er in der Glaubensvereinigung mit
seinem Heiland lebt. Wie unmöglich es uns auch erscheinen
mag, so ist es doch wahr, weil Gott es gesagt und getan hat.
Es ruht auf so festem Grunde, daß alle Stürme von Sünden und
Anfechtungen, die über unser Wesen gehen, es nicht zunichte.
machen können, solange wir bei Christus und durch den Glauben
unter Seinem Schutze bleiben; der Herr hat es gesagt und
getan.
Da wir nun einen Blick auf unsere hohe Berufung in Christus
geworfen haben, seht dann auch, welche Kraft in der Ermahnung
des Apostels liegt, daß wir dem Evangelium würdig wandeln
sollen. Wenn wir diese Verhältnisse recht bedenken, möchten
wir vor Zerknirschung über unseren Lebenswandel vergehen,
auch wenn er viel besser wäre, als es der der meisten ist.
Es bleibt sich nicht gleich, ob derselbe Lebenswandel von
einem Christen oder von einem Weltmenschen geführt wird.
Gleichwie es Königssöhnen nicht geziemen würde, sich wie
Straßenkinder zu betragen, so geziemt es den Christen, den
Kindern Gottes nicht, so zu leben wie die Kinder der Welt.
Gott helfe uns, dies etwas besser zu bedenken!
Bedenke, wenn du so glücklich bist, aus der Welt zu einem
Freund und Nachfolger Jesu erwählt zu sein, so daß du siehst,
wie die ganze Welt im Argen, im geistlichen Tod und in der
Verblendung liegt unter dem Geist, der sein Werk in den
Kindern des Unglaubens hat, unter denen wir alle vorher
unseren Wandel gehabt haben in den Lüsten unseres Fleisches.
Aber du bist aus dieser Gewalt der Finsternis errettet und in
das Reich des geliebten Sohnes versetzt worden und hast jetzt
teil an dem Erbe der Heiligen im Licht, du genießt Gottes
Freundschaft und Umgang, du hast eine beständige Gnade, ja,
eine ewige Gerechtigkeit gegen all deine Mängel, du hast den
Heiligen Geist in deinem Herzen und eine feste Versicherung
der himmlischen Herrlichkeit. Wie sollte dann doch dein
ganzes Leben dem Herrn geheiligt sein, so daß du dich nie
mehr als dein eigen betrachtest, sondern als berufen
ansiehst, stets deinem Herrn zu leben und ganz anders als
andere Menschen zu wandeln! Dein ganzes Leben sollte ein
steter Wandel im Geist sein, auf daß du damit die Lehre
Gottes, unseres Herrn und Heilandes, in allen Stücken
ziertest!
Es ist wahr, daß der in unserer Natur vorhandene Fall Adams
eine große Macht ist, die bewirkt, daß du immer viel Trübsal
über Mängel und Gebrechen haben und genötigt werden wirst,
mit Paulus bitter zu klagen: ,,Das Gute, das ich will, das
tue ich nicht, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue
ich"; aber du mußt doch immer in dieser heiligen Übung stehen
und es zu deinem beständigen Ziele haben, deine Berufung zu
beachten, als ein Freund und Nachfolger Jesu des Evangeliums
würdig zu wandeln.
Unser Lehrvater Luther schreibt: ,,Der Apostel will hiermit
sagen: Ihr habt nun Gottes Wort und Gnade empfangen und seid
so selige Leute geworden, die ihr in Christus alles habt, was
ihr bedürft. Solches erinnert euch selbst und bedenkt, daß
ihr berufen seid zu einem höheren denn andere Menschen, und
lebt auch also, daß man sehe, daß ihr nach einem größeren Gut
trachtet, ja, es schon erlangt habt - und mit eurem Leben dem
Herrn, der euch solchen Schatz gegeben, eine Ehre und ein
Ruhm seid, und niemand Ursache gebt, euren Schatz zu lästern
und Sein Wort zu verachten, sondern vielmehr damit jedermann
lockt und reizt, daß sie durch euren Wandel und eure guten
Werke bewegt werden, Christus zu glauben und Ihn zu preisen."
Außerdem muß hier beachtet werden, daß mit jeder Sünde, die
von Christen oder Gottes Volk begangen wird, nicht nur Gott
durch Ungehorsam erbittert, sondern - was die Sünde viel
schwerer macht - auch Sein Wort und Name dadurch gelästert
und anderen Mitmenschen Anstoß gegeben wird. Paulus sagt:
,,Eurethalben wird Gottes Name unter den Heiden gelästert."
Deshalb muß ein Christ so leben, daß er vor allen Dingen
Gottes und Christi Ehre nicht kränkt, auf daß Gottes Name
nicht gelästert wird und keine Schuld für die begangene
Bosheit erhält. Deshalb sollten Christen sich auch hüten,
mit ihrem Wandel ein Ärgernis zu geben, vielmehr sollten sie
die Ehre Gottes, ihres Herrn, und Sein Name ihnen lieber sein
lassen, als daß sie Schmach auf denselben bringen wollten,
ja, sie müssen lieber ihre eigene Ehre, ihr Gut, ihren Leib
und ihr Leben im Stich lassen, als ihren Herrn zu
enttäuschen.
Möge nun ein jeder seinen Wandel prüfen und bedenken, wie
sehr ihm daran gelegen ist, dem Ärgernis über das Evangelium
vorzubeugen, sowie seine Werke und seinen Wandel nach den
Geboten Gottes, zur Ehre Seines herrlichen Namens und
Evangeliums zu richten. Ja, möge hier ein jeder, der dies
liest, sich vor dem Herrn prüfen. Christen und Prediger
sollten nie vergessen, daß aller Menschen Augen über jede
Bewegung wachen. Was die Kinder der Welt tun, bedeutet
wenig; es berührt nicht die Ehre des Herrn, denn sie stehen
in keiner Vereinigung mit Ihm, sondern handeln für sich
selbst. Was aber die Christen tun, das wird stets auf die
Rechnung des Evangeliums geschrieben. Möchten wir deshalb
zusehen, daß wir vor allen Dingen die Ehre des Herrn nicht
kränken und der hohen Berufung eines Christen würdig wandeln!
Herr, lehr' uns wandeln, wie Du wandeltest!
Herr, lehr' uns handeln, wie Du handeltest.