Epheserbrief

Eph 4,1 W.Nee Ich ermahne euch nun, ich, der Gefangene im Herrn, würdig der Berufung zu wandeln, durch die ihr berufen worden seid. Epheser 4,1

Ist mir schon aufgegangen, daß der mir innewohnende Geist Gottes eine Person ist? Ich bin nur ein irdenes Gefäß, aber in diesem Gefäß berge ich einen Schatz von unsäglichem Wert, nämlich die Herrlichkeit Gottes. Alle Sorge und Selbstquälerei der Gotteskinder würde zu Ende sein, wenn ihnen die Augen aufgingen und sie erkennten, welch reiche Hilfsquellen sie in sich haben, Hilfsquellen, die für jegliche Anforderungen, die jemals an sie herantreten werden, genügen. Auch ihr leichtfertiges Reden würde ein Ende haben, wenn sie die Größe des in ihren Herzen verborgenen Schatzes erkennten. Wenn du in deiner Tasche nur eine Mark hast, kannst du vergnügt über die Straße gehen, denn du weißt, auch wenn dir das Geld abhanden kommt, hast du nicht viel verloren. Trägst du jedoch fünftausend Mark bei dir, dann ist die Lage anders, und auch dein ganzes Verhalten wird anders sein. Du wirst eine große Freude im Herzen verspüren, aber nicht achtlos umherstreifen, sondern von Zeit zu Zeit deinen Schritt verlangsamen, um in der Tasche still nach deinem Schatz zu fühlen. Ja, ich sage es mit äußerster Ehrfurcht: Du, der du von Gottes Geist wiedergeboren bist - du trägst Gott in deinem Herzen!





C.O.Rosenius Wandelt, wie sich's gebührt eurer Berufung, mit der ihr berufen seid, mit aller Demut und Sanftmut, mit Geduld, und vertragt einer den anderen in der Liebe. Eph. 4, 1 u. 2.

Du, der du ein Kind Gottes bist, wandle deiner hohen Berufung gemäß! Wenn du siehst, daß andere, ja, auch solche, die Christen sein wollen, ihre Herzen aller Eitelkeit offenstehen lassen, viele unnütze Dinge reden, darauf horchen und blicken, dann mußt du, der du zum seligen Umgang mit dem Heiland berufen bist und den Heiligen Geist in deinem Herzen hast, dagegen auf das achten, was dieser hohen Gemeinschaft entspricht. ,,Betrübet nicht den Heiligen Geist Gottes", sagt der Apostel; und abermals: ,,Der Tempel Gottes ist heilig!" - Du sollst darum vor dem Tempel deines Herrn Wache halten, daß nicht alles Weltliche hineinkommen darf. Wenn du andere sich in große Pläne für irdischen Gewinn versenken siehst, um sich hier ein Paradies zu bereiten, dann mußt du, der du zum Reich und zur Herrlichkeit Gottes berufen bist, dagegen deinen Schatz und dein Paradies im Himmel haben, ,,nach dem trachten, was droben ist", und nur wegen des Willens und Gebotes Gottes mit deinen Gliedern das Irdische verrichten, während das Herz die unsichtbaren Dinge sucht. - Andere, die auch Christen sein wollen, leben ,,sich selbst", sie können ihre Umgebung in der Finsternis des Unglaubens und der Sünde, auf dem Wege des Verderbens sehen, ohne sie mit einem Worte zu warnen, zurückgehalten durch das Trachten nach Menschengunst, durch Trägheit und Gemächlichkeit. Du dagegen, der du jetzt dein Leben und deine Seligkeit durch Christi Tod hast, mußt bedenken: Jesus ist darum für alle gestorben, auf daß die, so da leben, nicht sich selbst leben." Er hat uns deshalb ,,unserem Gott zu Königen und Priestern gemacht", auf daß wir mit ernstlichem Gebet und Bekennen des Wortes beständig mit Ihm sammeln sollen.

Nimm hier ferner die Beispiele, die der Apostel anführt. Er sagt: ,,Mit aller Demut und Sanftmut, und vertragt einer den anderen in der Liebe." Auch hierin sollen wir Gottes Nachfolger sein, als die lieben Kinder, auf daß wir nicht mehr wie diejenigen wandeln, die in der Eitelkeit ihres Sinnes leben. Sie wollen auch Christen sein, aber es herrscht ein hochmütiges und stolzes Wesen bei ihnen, so daß sie immer die Vornehmsten, die Weisesten und Stärksten sein wollen. Du aber mußt dich dessen erinnern, daß du zu dem Reiche berufen bist, von dem der Herr erklärte, daß, wer darin der Größte sein will, wie der Kleinste sein muß, und wer der Höchste sein will, aller Knecht sein muß; daß aber diejenigen, die sich für die Ersten halten und dafür gehalten sein wollen, die Letzten sein werden.

Möchten wir nie vergessen, daß unter allen Unarten, die Christus an Seinen Jüngern strafte, keine war, vor der Er mit so ernsten und deutlichen Worten warnte, wie vor dem Hochmut. Als sie fragten, wer der Größte im Himmelreich sei, schnitt Er ihnen ihre Vorstellungen mit so starken Worten ab, daß Er sagte, sie würden gar nicht hineinkommen, wenn sie sich nicht von dieser Gesinnung bekehrten und sich so erniedrigten wie ein Kind. Als die Jünger sich ein anderes Mal über ihre Macht freuten, die Teufel auszutreiben, sagte der Herr sofort: ,,Darin freut euch nicht, daß euch die Geister untertan sind. Freut euch aber, daß eure Namen im Himmel geschrieben sind." So peinlich genau ist dieser Punkt, so höchst gefährlich dieses Gefallenhaben an eigenen Vorzügen und Auszeichnungen.

Daß unsere Namen aber aus Gnaden im Himmel geschrieben sind, das ist ein auch mit den schwächsten Gnadenkindern gemeinsames Gut; darin dürfen wir uns freuen. Als Petrus sprach: ,,Wenn sie auch alle sich an Dir ärgerten, so will ich mich doch nimmermehr ärgern", da wurde dem Satan sogleich gestattet, ihn zu sichten wie den Weizen. Später schrieb derselbe Petrus: ,,Haltet fest an der Demut; denn Gott widersteht den Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt Er Gnade."

Wenn du ferner siehst, daß andere, die auch Christen sein wollen und sich unter Fremden mild und freundlich betragen können, in ihrem eigenen Hause jedoch Tyrannen und hart gegen ihre Mitmenschen sein können, dann mußt du als berufener Nachfolger dessen, der ,,nicht mürrisch und greulich", sondern ,,sanftmütig und von Herzen demütig" war, dich ernstlich in herzlicher Barmherzigkeit, Freundlichkeit und Sanftmut üben, so daß das Fleisch keine Freiheit erhält. Und wenn du auch nicht jeden Ausbruch einer gereizten Laune hemmen kannst, mußt du dich doch darin von den Gottlosen unterscheiden, daß du deinen Fehler erkennst, schnell zur Versöhnung bereit bist und die Sonne nicht über deinem Zorn untergehen läßt. Auch wenn du wirklich schwere Mitmenschen um dich hast, so ist es deine Berufung als Christ, Böses mit Gutem zu überwinden und ,,ihre Füße zu waschen". Der Apostel sagt hierzu: ,,Vertragt einer den anderen in der Liebe." Und Luther schreibt: ,,Wenn deine Frau, dein Gesinde, deine Nachbarn auch wirklich einen ärgerlichen Fehler haben, halte ihnen solches zugut und wende du deine größere Gnade zu ihrem Dienst und zu ihrer Besserung an; denn wisse, daß du berufen bist, die Bürde des anderen zu tragen, zumal auch du gewiß einen Fehler hast, mit dem andere auch bei dir Geduld haben müssen." - Gebe Gott uns allen immer mehr Gnade dazu, uns als Kinder des Lichts erweisen zu können!

Herr, laß meines Herzens Schrein Deine ew'ge Wohnung sein!