Gal 5,13
W.Nee
Durch die Liebe diene einer dem anderen. Galater 5,13
Gesetzlichkeit führt notwendigerweise zu Stolz. Wenn ich
aus dem Gesetz lebe, muß ich meine Willenskraft anstrengen,
oft gegen meine Neigungen. Solche Anstrengung bringt mich
zwangsläufig dahin, diejenigen zu verachten, die sich nicht
so bemühen wie ich, oder sich zwar bemühen, aber trotzdem
versagen. Im Bewußtsein meiner eigenen Bemühung fühle ich
mich über sie erhaben und werde in ihrer Gegenwart sauer,
und, obwohl ich mir das nicht anmerken lasse, habe ich mich
bald so sehr von ihnen distanziert, daß ich sogar nicht mehr
mit ihnen beten kann, weil ich finde, sie seien im Vergleich
zu mir zu ungeistlich. Dahin kommt man, wenn man aus dem
Gesetz lebt. Aber Gott ist zu groß, um aus seinen Heiligen
Schablonen zu machen. Die anderen sollen nicht mir, sondern
seinem Tod gleich werden. Und das ist richtig. Denn
Sauersein ist bei Äpfeln kein Zeichen von Reife! Reife Äpfel
sind süß. Wenn Gott tatsächlich in mir etwas wirkt, dann
fällt es mir auch nicht schwer, mit anderen Heiligen
zusammenzugehen, deren Lebensweg anders als meiner ist.
W.MacDonald
»Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Bruder; allein
gebrauchet nicht die Freiheit zu einem Anlaß für das Fleisch,
sondern durch die Liebe dienet einander.« Galater 5,13
Die Freiheit des Gotteskindes ist eines seiner unschätzbaren
Besitztümer. Freigemacht durch den Sohn, ist es wirklich
frei. Aber wir sind zu verantwortlicher Freiheit berufen,
nicht zu Zügellosigkeit.
Kinder wollen frei sein von den zu Hause auferlegten
Beschränkungen. Junge Menschen wollen frei sein von der
Disziplin des Lernens und Studierens. Erwachsene wollen frei
sein von ihrem ehelichen Treuegelöbnis. Wieder andere wehren
sich dagegen, durch regelmäßige Arbeit eingeschränkt zu
werden. Aber dies sind nicht die Freiheiten, zu denen wir
berufen sind.
Den Sternen steht es nicht frei, ihre Bahnen zu verlassen
und durchs Weltall zu vagabundieren. Einem Zug steht es nicht
frei, die Schienen zu verlassen und sich durch die Landschaft
zu schlängeln. Einem Flugzeug steht es nicht frei, seinen
festgesetzten Kurs zu verlassen; seine Sicherheit hängt davon
ab, daß der Pilot den Vorschriften gehorcht.
Jowett (John Henry, 1864-1923, englischer, eine Zeitlang
in New York wirkender, Prediger) sagt dazu: »Es gibt
keinen Bereich, wo der Gesetzlose der Freie wäre. In
welche Richtung wir auch gehen - wir müssen Gebundenheit
akzeptieren, wenn wir Freiheit entdecken wollen. Ein Musiker
muß sich den Gesetzen der Harmonie beugen, wenn er in seiner
lieblichen Welt wirklichen Jubel hervorbringen möchte. Ein
Architekt muß sich dem Gesetz der Schwerkraft unterwerfen,
sonst geht aus seinen Bemühungen kein Haus hervor, sondern
ein Schutthaufen. Und welche Freiheit genießt ein Mensch,
der beständig die Gesetze der Gesundheit herausfordert?
In allen diesen Bereichen bedeutet Gesetzesübertretung
Verkrüppelung, Unterwerfung aber Freiheit.«
Es ist wahr, daß der Gläubige frei ist vom Gesetz (Römer
7,3). Aber das heißt nicht, daß er gesetzlos ist. Er ist
jetzt gesetzmäßig mit Christus verankert, verbunden mit
den Seilen der Liebe, und verpflichtet, den zahlreichen
Geboten zu gehorchen, die wir im Neuen Testament finden.
Der Gläubige ist frei von der Sklavenherrschaft der Sünde
(Römer 6,7.18.22), um aber andererseits Sklave Gottes
und Sklave der Gerechtigkeit zu sein.
Der Gläubige ist frei von allen Menschen (1. Korinther
9,19), um andererseits Knecht aller Menschen zu sein, um
möglichst viele zu gewinnen. Aber er ist nicht frei, seine
Freiheit zum Deckmantel der Bosheit zu gebrauchen (1. Petrus
2,16). Er ist nicht frei, die Lüste des Fleisches zu
befriedigen (Galater 5,13). Er ist nicht frei, einem anderen
zum Anstoß oder zum Fallstrick zu werden (1. Korinther 8,9).
Er ist nicht frei, auf den Namen des Herrn Jesus Unehre zu
bringen (Römer 2,23.24). Er ist nicht frei, die Welt zu
lieben (1. Johannes 2,15-17). Er ist nicht frei, den in ihm
wohnenden Heiligen Geist zu betrüben (1. Korinther 6,19).
Der Mensch findet nicht Erfüllung und Frieden, indem er
seinen eigenen Glücksvorstellungen nachjagt. Er findet sie
nur, wenn er das Joch Christi auf sich nimmt und von Ihm zu
lernen beginnt. »Sein Dienst ist vollkommene Freiheit.«
W.MacDonald
»... durch die Liebe dienet einander.« Galater 5,13
Jemand hat gesagt: »Selbstsucht hält sich für groß und läßt
sich bedienen. Liebe dient und ist groß.«
Ein bekannter christlicher Sänger gab einem Tischnachbarn
im Restaurant Zeugnis und hatte die Freude, ihn zum Herrn
führen zu dürfen. In den folgenden Wochen unterwies er diesen
Neubekehrten in Wachstum und Jüngerschaft. Dann wurde Fred,
der junge Gläubige, von unheilbarem Krebs heimgesucht und in
ein Pflegehospital gebracht, wo die Betreuung leider völlig
unzureichend war. Der Sänger, - eine Berühmtheit im Radio -,
besuchte ihn treu, wechselte die Bettwäsche, badete und
fütterte seinen »Timotheus«, und tat viele andere Dinge,
die eigentlich Aufgabe des Personals gewesen wären. In der
Nacht, als Fred starb, hielt ihn der berühmte Sänger im Arm
und flüsterte ihm tröstende Bibelverse ins Ohr. »... durch
die Liebe dienet einander.«
Einer der ranghöchsten Dozenten in einer Bibelschule fand oft
den Waschraum der Männer nach der Morgentoilette ziemlich
überschwemmt vor. Er putzte dann geduldig die Armaturen
und kniete sich nieder, um den Fußboden trockenzuwischen.
Seine besten Lektionen gab er nicht ausschließlich im
Klassenzimmer. Die Studenten wurden durch das Beispiel ihres
respektierten Lehrers, der hinter ihnen aufwischte,
gedemütigt und angespornt. »... durch die Liebe dienet
einander.«
An der gleichen Bibelschule hatte ein Mitglied der
Basketball-Mannschaft das Herz eines wahren Dieners. Nach
dem Spiel, wenn alle davonrannten, um als erste unter die
Duschen zu kommen, blieb er in der Turnhalle und kümmerte
sich darum, daß sie für den nächsten Tag ordentlich
aufgeräumt war. Er fand in der Selbstsucht anderer eine
Gelegenheit, sich neu mit dem Herrn als dem Diener aller
zu identifizieren. »...durch die Liebe dienet einander.«
Eine gläubige Frau aus einem ländlichen Gebiet in der Türkei
wurde nach London gebracht, um eine Niere für ihren kranken
Sohn zu spenden. Sie glaubte, daß das Spenden der Niere ihr
Leben kosten würde. Als der englische Arzt sie fragte, ob
sie auch wirklich bereit sei, eine Niere für ihren Sohn zu
opfern, antwortete sie: »Ich bin auch bereit, zwei Nieren
zu opfern. »... durch die Liebe dienet einander.«
In einer hauptsächlich von Selbstsucht beherrschten Welt ist
der Pfad selbstlosen, aufopfernden Dienstes nicht gerade
überfüllt. Jeden Tag bieten sich neue Möglichkeiten für
unzählige kleine und große Taten wahren Dienstes.