Galaterbrief

Gal 3,25 C.O.Rosenius Nun der Glaube gekommen ist, sind wir nicht mehr unter dem Zuchtmeister. Gal. 3, 25.

Luther sagt: ,,Ein Christ ist nicht ein solcher Mensch, der keine Sünde hat, sondern ein solcher, dem keine Sünde zugerechnet wird" - nicht ein solcher, der das Privileg hat, keine Sünde zu tun, sondern ein Mensch, der, wenn es so übel geht, daß er sich versieht, dennoch nie nach dem Gesetz gerichtet wird. Denn sollten wir noch vor dem Gesetz bestehen und nach demselben gerichtet werden, so würde kein Fleisch errettet; dann wäre es am besten, sogleich jeglichen Gedanken an die Seligkeit fahren zu lassen. Dann wäre das ganze Evangelium Gottes aber falsch, dann wäre Christus vergeblich gestorben und alle Gläubigen wären in der Sünde verloren. Aber die Schrift sagt: Gerade das, ,,was dem Gesetz unmöglich war (sintemal es durch das Fleisch geschwächt ward), das tat Gott und sandte Seinen Sohn in der Gestalt des sündlichen Fleisches". Die Schrift sagt, daß ,,Christus uns erlöst hat vom Fluch des Gesetzes, da Er ward ein Fluch für uns". ,,Nun aber der Glaube gekommen ist, sind wir nicht mehr unter dem Zuchtmeister." Dies ist die Ursache, weshalb die Sünde den Gläubigen nicht zugerechnet wird, weshalb David und Paulus ausdrücklich bezeugen, ,,daß die Seligkeit allein des Menschen sei, welchem Gott keine Sünde zurechnet". Beachtet! Sie sagen nicht ,,bei welchem keine Sünde gefunden wird", sondern ,,dem keine Sünde zugerechnet wird".

Es ist aber nicht genug damit, daß wir vom Gesetz frei sind und keine Sünde uns zugerechnet wird, sondern dazu kommt noch, daß uns eine Gerechtigkeit zugerechnet wird, die man nicht in uns findet, eine hohe, vollkommene und ewige Gerechtigkeit, nämlich die uns durch Christus zugerechnete Gerechtigkeit. Die Schrift bezeugt wiederum: ,,Christus ist des Gesetzes Ende; wer an den glaubt, der ist gerecht"; und abermals: ,,Die Seligkeit ist des Menschen, welchem Gott zurechnet die Gerechtigkeit ohne Zutun der Werke." Daher kommt es, daß wir vor den Augen Gottes nicht nur frei von aller Sünde, sondern auch vollkommen gerecht, ja, die Gerechtigkeit selbst und alle Stunden angenehm sind in dem Geliebten, so daß Gott uns jetzt ganz ungehindert mit der ganzen Liebe Seines Herzens lieben kann. Dies alles kommt daher, daß wir Christus angezogen haben mit allem, was Er für uns war und tat, so daß Gott uns nur in Seinem geliebten Sohn ansieht.

,,Siehe nun", sagt Luther, ,,was der christliche Glaube für einen überschwenglichen Reichtum hat, dem alle Werke und das ganze Leiden Christi zum Eigentum gegeben werden, daß er sich ebensosehr darauf verlassen kann, als hätte er sie selbst getan. Denn Christus hat sie wahrlich nicht für sich, sondern für uns getan. Er bedurfte ihrer nicht, sondern Er hat uns diesen Schatz gesammelt, daß wir glauben und ihn auch besitzen sollen." Und abermals: ,,Weil Christus nun mein ist durch den Glauben und ich wiederum Sein bin, so kann mich kein Gesetz beschuldigen, so wenig wie den Herrn Christus. Und ob es gleich herfährt und mich angreifen will, so werfe ich ihm solches vor und spreche: Hab ich doch alles und mehr getan, denn du haben willst (durch meinen Bürgen, Christus); und ob ich schon im Fleisch noch böse Lust habe, wende ich die Augen hinauf zu Christus, der ist mein, gibt mir alles, was Er hat; so ist Seine Reinigkeit auch mein; also kann es (das Gesetz) nichts an mir schaffen. Wenn ich aber hinuntersehe, so finde ich noch viel Unreines, dazu das Gesetz Recht an mir hat. Das Gesetz sagt: Du hast Sünde (vor Gott). Spreche ich: Ja, so bin ich verloren. Spreche ich: Nein, so muß ich einen starken Grund haben, darauf ich stehe. Wo will ich denn das Nein nehmen? In meinem Busen werde ich's freilich nicht finden, sondern in Christus; da muß ich's holen und dem Gesetz vorwerfen. Christus kann Nein sagen wider alles Gesetz, hat auch Seinen Grund, denn Er ist ja rein und ohne Sünde. Das Nein gibt Er mir auch, da Seine Gerechtigkeit mein ist."

Sieh, das meint die Schrift, wenn sie sagt: ,,Ihr seid dem Gesetz getötet durch den Leib Christi", oder ,,Christus ist des Gesetzes Ende; wer an den glaubt, der ist gerecht." ,,So ist nun nichts Verdammliches an denen, die in Christus sind", weil keine Sünde ihnen zugerechnet wird. O, wir sollten hier doch stillhalten und uns besinnen - unsere königlichen Freiheiten und Rechte bedenken - bedenken, ob das alles Wahrheit ist oder nicht. Es muß entweder Wahrheit oder Lüge sein. Ist es wahr, daß nichts Verdammliches an denen ist, die sich im Glauben an Christus halten, daß die Sünde, obwohl sie noch in ihnen wohnt, ja, sie übereilt und zu Fall bringt, ihnen doch niemals zugerechnet wird, weil sie nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade sind, daß sie sich also nie vor dem Gesetz verantworten sollen, solange sie sich im Glauben an Christus halten? Ist dies Wahrheit, dann ist es eine wunderbar herrliche Wahrheit! Ja, eine erstaunliche Wahrheit! Und es ist Wahrheit, so wahr das Wort Gottes nicht lügen kann. Es ist Wahrheit, trotz allem, was der Teufel, die Werkheiligen und unsere eigene Vernunft davon sagen mögen. Es ist Wahrheit, wenn ich jetzt auch nicht das geringste Gefühl davon habe. Hier wollen wir stillhalten, hier uns erquicken und erfreuen mitten im Jammertal, weil der Herr, unser Immanuel, ein so seliges Reich auf Erden gegründet hat: Sünder sollen vor Gott keine Sünder, sondern heilig, angenehm und geliebt sein.

O, so gib dem Sohn die Ehre, Daß Ihm aller Ruhm gehöre! Suche nicht erst zu verdienen, Was am Kreuz vollbracht erschienen; Suche nicht, was schon gefunden! Preise fröhlich Seine Wunden, Und bekenn es bis zum Grabe, Daß Er dich erlöset habe.