2Kor 6,8
S.Keller
2. Kor. 6, 8: «Durch Ehre und Schande, durch böse Gerüchte
und gute Gerüchte, als die Verführer und doch wahrhaftig.»
Damit wir auf dem schmalen Felsengrat nicht rechts oder links
abgleiten, werden uns Gewichte angehängt, die nur bei ganz
geradem Gang in der Mitte sich die Balance halten; sobald wir
uns nur ein wenig nach einer Seite neigen, bekommt das eine
Gewicht zu viel Schwerkraft, und wir merken die Gefahr.
Solche Gewichtspaare zählt hier der Apostel auf. Bald ist
es Ehre, die uns schaden könnte; ihr wird nur durch ein
entsprechendes Maß von Schande und Demütigung die Waage
gehalten. Böse Gerüchte könnten die uns notwendige Achtung
bei den Mitmenschen endgültig untergraben, wenn nicht gute
Gerüchte diese Wirkung aufhöben. Während uns die einen für
Verführer halten, treten andere Zeugen für unsere
Wahrhaftigkeit auf. Miß diesen Gewichten nicht eine
übermäßige Bedeutung zu; es sind nur begleitende Umstände,
während die Fortbewegung zum Ziel die Hauptsache bleibt.
Der Reiter muß vorwärts, ob Hunde ihn knurrend anbellen oder
freundlich mit dem Schwanz wedeln. Das Schiff schwankt oder
schaukelt im stillen Hafen nicht, oder wenn es an der Brücke
festgemacht ist, sondern während es auf bewegter See
vorwärtsfährt. Laß dich nicht bange machen, aber auch nicht
in Sicherheit wiegen: wir müssen hindurch!
Darum bitte ich dich, mein Heiland, fördere die Schnelligkeit
in der Richtung auf das andere Ufer. Mag es rechts und links
aussehen, wie es will, ich bleibe ja nicht hier, sondern
strebe dem ewigen Ziele zu. Hilf mir voran! Amen.