2. Korintherbrief

2Kor 5,9 S.Keller 2. Kor. 5, 9: «Darum befleißigen wir uns auch, sind wir daheim oder auswärts, daß wir ihm wohlgefallen.»

Ein Herr, der vor dreißig Jahren am russischen Hof viel verkehrt hatte, schilderte mir einst in anschaulicher Weise die Abhängigkeit der Hofgesellschaft von den Launen des Herrschers, und schloß mit den Worten: ,,Eine Miene, ein Blick, ein Ton der Stimme des Zaren schafft Sonnenschein oder Regen bei jenen Leuten." Was dort erbärmlich ist, weil es sich um einen sündigen Menschen handelt - in unserem Verhältnis zu Jesus ist es wirklich so, und hier hat es volle Berechtigung. Ruht sein Wohlgefallen auf uns, dann können wir jauchzen mitten im Leiden; ist er mit uns unzufrieden, so freut uns kein Erdenglück. Ein Sonnenstrahl seiner Gunst belebt uns, so daß wir keine Worte für die Schilderung dieses Glückes haben. Das Bewußtsein aber, daß wir durch Untreue oder Lauheit uns sein Mißfallen zugezogen haben, liegt wie eine Bleilast dumpf und drohend über unserem ganzen Wesen. Dauert das länger, wird die Spannung unerträglich. Wie recht hat da Paulus das ausgesprochen, daß die wirklichen Geistesmenschen sich überall befleißigen, der Gegenstand seines Wohlwollens zu sein. Das ist schon ein Stück der himmlischen Glückseligkeit, die man hier im Staub genießen kann.

Ohne dich, Herr Jesus, kann ich's nicht mehr aushalten. Wend' von mir nicht dein Angesicht! Ich müßte verschmachten und vergehen, wenn du dein Antlitz im Zorn vor mir verbirgst. Laß mir leuchten dein Antlitz, so genese ich. Amen.





D.Rappard Wir fleißigen uns, wir sind daheim oder wallen, daß wir ihm wohlgefallen. 2. Kor. 5,9.

Gefallen wollen liegt tief in der menschlichen Natur. Eitle Gefallsucht ist eine schädliche Pflanze, die mit allem Ernst ausgejätet werden muß. Den Menschen gefällig sein wollen, ist geradezu ein Hindernis im Dienst des Herrn (Gal. 1, 10). Aber hier ist von einem Gefallenwollen die Rede, das eine andere Wurzel und ein anderes Ziel hat. Glücklich sind die zu nennen, die in großen und kleinen Dingen aufrichtig danach streben, d e m H e r r n z u g e f a l l e n. Das offenbart sich unbewußt in ihrem ganzen Verhalten: in den Worten, die sie sprechen; in den Kleidern, die sie tragen; in dem Umgang, den sie pflegen; in den Erholungen, die sie suchen; in den Entscheidungen, die sie treffen.

Es wäre eine fruchtbare Beschäftigung, an der Hand der Schrift zu forschen nach den Dingen, die Gott wohlgefallen: Ein gedemütigtes Herz (Ps. 51, 19); ein Wandel im Glauben (Hebr. 11, 6); wohlzutun und mitzuteilen (Hebr. 12, 16). Solche Opfer g e f a l l e n Gott wohl.

Wollen wir es uns nicht zur Lebensregel machen, z u t u n, w a s d e m H e r r n g e f ä l l t? Es geht nicht von selbst. Es gilt, sich f l e i ß i g e n. Aber wer hier an der Hand des besten Führers ,,wallt", lernt es immer besser, bis er einst ,,daheim" ihn vollkommener Schönheit schauen darf.

Es kann Dir nichts gefallen, Herr, als was Du selbst bewirkst. Hilf mir, mit allem Fleiß danach zu streben!