2Kor 5,4
C.Eichhorn
Das Todesgrauen und der göttliche Trost
Dieweil wir in der Hütte sind, sehnen wir uns und sind
beschwert; sintemal wir wollten lieber nicht entkleidet
werden, auf daß das Sterbliche würde verschlungen von dem
Leben. 2. Kor. 5, 4
Der Gedanke an das Sterben schloß für den Apostel Bitterkeit
in sich. Der Tod ist und bleibt etwas Unnatürliches. Obwohl
wir in der jetzigen Leibeshütte viel Leid und Beschwer haben,
wünschen wir uns doch nicht den Tod herbei. Wir haben auch
nicht einen Lebensüberdruß wie die Mitmenschen, wenn es ihnen
schlecht geht, sondern einen Lebenshunger. Wir suchen nicht
den Tod, im Gegenteil, der Gedanke an ihn erweckt Grauen.
Gott selbst hat ein Grauen vor ihm in unsere Natur gelegt.
Wir sehnen uns, wörtlich: "wir seufzen". Der Gedanke an den
Abbruch des Zeltes legte sich drückend auf des Apostels
Seele. Es wäre ihm lieber, wenn er nicht erst das Kleid der
Sterblichkeit ausziehen müßte, sondern gleich mit dem Rock
der Unsterblichkeit überkleidet würde. Die Gläubigen, die
das Kommen des Herrn Jesu erleben, sterben ja überhaupt
nicht. Sie werden sofort verwandelt. An die Stelle des
irdischen Leibes tritt sogleich der verklärte Leib. Wenn
wir mit diesem unvergänglichen Lichtleib überkleidet
werden wollen, müssen wir schon innerlich das Kleid der
Gerechtigkeit im Blute des Lammes angezogen haben. Wir
dürfen nicht mehr in unserer Sündenblöße erfunden werden
(Offb. 3, 18). Vor Menschenaugen und für diese Zeit
verhüllt unser Leib das sündige Innere. Stirbt der Leib,
dann sind wir bloß und entdeckt vor Gott. Das Heilskleid in
Christo deckt vor Gott und für ewig unsere Sündenblöße. Erst
so können wir auch in unserer leiblichen Erscheinung ihm
gleich werden in verklärter Schönheit. Das wünscht sich
Paulus. Neben dem "Seufzen" ist er und dürfen auch wir ganz
getrost sein. - Derselbe Gott, der uns dazu bereitet hat,
daß wir den Tod als Schrecken empfinden, hat uns auch seinen
Geist als Unterpfand der künftigen Herrlichkeit gegeben. Der
Besitz des Heiligen Geistes bildet ein Gegengewicht gegen die
Todesfurcht. Durch den Geist überwinden wir sie und sind
getrost allezeit, auch wenn der Tod unmittelbar uns naht.
Der Geist verbindet uns mit dem Heiland. Durch ihn wird ein
persönliches Verhältnis mit ihm geknüpft; jedoch ist es ein
Glaubensverhältnis. Wir sehen ihn noch nicht. Wir wandeln
im Glauben, nicht im Schauen. Wir sind noch ferne vom Herrn,
nicht räumlich, sondern in Anbetracht unseres materiellen
Leibes, der eine Scheidewand bildet. Unser Inneres ist schon
jetzt mit ihm vereint. Aber der Todesleib trennt uns noch
von ihm. Darum haben alle, die Jesu Geist empfangen, zwar
auf der einen Seite einen Widerwillen gegen den Tod, aber auf
der andern Seite öffnet ihnen der Tod die herrliche Aussicht,
ganz bei Jesu zu sein. Und so freuen sie sich, zwar nicht
auf den Tod, aber darauf, ewig ungeschieden bei ihm zu
weilen. Ist dies auch unser Sinn? Oder ist uns der Gedanke
an den Tod nur schrecklich?
S.Keller
2. Kor. 5, 4: «Denn dieweil wir in der Hütte sind, sehnen
wir uns und sind beschwert.»
Mit der Hütte ist unser Leben im Leibe auf Erden gemeint.
Oft genug eine elende, baufällige Hütte! Alle Reparatur
hilft nichts mehr. Da sehnen wir uns nach der herrlichen
neuen Behausung, die wir durch die Auferstehung bekommen.
Sehnen ist aber ein heimliches Seufzen, das nicht laut sein
will. Im Hintergrund unseres Herzens ist ein Druck - ,,sind
beschwert" - mag er von körperlichem Leiden beeinflußt und
erhöht worden sein oder nicht -, eine stete Erinnerung: ,,Du
bist hier nicht zu Hause! Klebe an keinem Erdenglück! Laß
dich durch Erfolg oder Ehre oder Menschengunst nicht
täuschen. Du gehst einem andern Heim entgegen!" Je älter wir
werden, desto mehr ,,beschwert" sind wir, desto natürlicher
wird das Heimweh nach dem Lande der Lebendigen auf der neuen
Erde, desto stärker jenes heimliche Sehnen. Gott hat Stimmen
geschaffen, die uns dazu mahnen müssen: in der äußeren Natur,
im Scheiden der Unseren, die vorangingen, in mancher
ergreifenden Melodie, im tiefen Ungenügen, das uns aus Lust
und Genuß anweht. Wir wollen Ewigkeit, tiefe, selige
Ewigkeit, und es ist noch eine Ruhe vorhanden dem Volke
Gottes.
Sonst müßten wir verzagen. Herr, unser Gott! Du hast uns
durch den Glauben erst recht heimatlos gemacht auf Erden und
ziehst uns durch Jesu Liebe der Heimat zu. So tröste uns mit
der nahen Heimkehr und stärke unser Sehnen, daß es heilig und
mächtig werde. Amen.