2Kor 4,12
S.Keller
2. Kor. 4, 12: «Darum, so ist nun der Tod mächtig in uns,
aber das Leben in euch.»
Dunkel ist dieser Spruch so lang, als man sein Christentum
als ein Salzfäßchen ansieht, darin das Salz aufbewahrt werden
soll; klar wird er sofort, sobald das Salz an die Erfüllung
seiner Aufgabe geht, sich aufzulösen, damit anderes dadurch
wohlschmeckend wird. Bleibt das Salz auf einem Haufen, so
ist es unangenehm, knirscht zwischen den Zähnen und verleidet
einem alles. Ist das nicht bei einer ganzen Gesellschaft
engherziger Christen wirklich so? Sobald man aber sich
selbst in den Tod gibt, geht eine Lebenswirkung auf andere
aus. Das Salz des Christentums ist nicht von dieser Welt; es
ist kein Produkt des Fleisches. Aber es ist für diese Welt
bestimmt, daß es sich auflöse und in alle Verhältnisse
hineindringe. Dann hat es seine Bedeutung und seinen Zweck
erfüllt. Solang an einer Universität zehn gläubige Studenten
sich zum Bibellesen zusammenschließen, bleibt das Salz körnig
und hart. Zehn Jahre später ist dieser Bund zersprengt, aber
jeder der Männer opfert sich irgendwo für andere auf, und die
Salzkraft feiert ihre Triumphe. Das Salz hat keinen
Selbstzweck, sondern eine Weltaufgabe.
Lieber Herr! Schenk uns solchen Todesweg. Bequemer wäre es
für uns, reinlicher ist die Abscheidung im kleinen Kreise -
aber heilsam für dein Reich ist es, wenn wir uns in solcher
Weise auflösen lassen. Mach uns bereit, uns hineinstreuen zu
lassen in anderer Herzen! Amen.