1Kor 13,5
C.Eichhorn
Jesu Bild in der Liebe (II)
Die Liebe stellt sich nicht ungebärdig, sie sucht nicht
das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern. 1. Kor. 13, 5
Die Liebe benimmt sich fein. Wenn sie auch nicht bewandert
ist in den äußeren Höflichkeitsformen, so benimmt sie sich um
so taktvoller von innen heraus und handelt mit Zartheit. Wie
kalt und erkältend ist die Höflichkeit ohne Liebe, so daß uns
ein grobes und ungezogenes Benehmen oft lieber wäre! - Sie
sucht nicht das ihre, sie ist selbstlos, geht nicht auf ihren
Profit aus. Sie handelt nicht nach dem Wort: Ich gebe, damit
du mir wiedergibst. Die Selbstsucht kann sich liebenswürdig
zeigen gegen alte, alleinstehende Anverwandte, aber sie
spekuliert dabei auf das zu erhoffende Erbe. "Gebt, wo ihr
auf keine Gegenleistung rechnen könnt; leiht, da ihr nichts
dafür hofft!" - Sie läßt sich nicht erbittern. Es gibt
Fälle, wo die Empörung mächtig im Herzen aufsteigt, besonders
wenn solche, die uns nahestehen, uns verletzen. Wie macht
man's, daß der Aufruhr gestillt wird? Blicke auf Jesus, der
das Bitterste erfuhr, und der sich doch nicht erbittern ließ!
Nähre das unheilvolle Feuer nicht! Je öfter man sich die
erfahrene Unbill wiederholt, desto stärker wird die Erregung.
Besonders aber steigert sich der Unwille, wenn man die innere
Erregung in Worten ausläßt. Unter dem Reden wächst der Zorn,
man redet sich immer mehr hinein in Unwillen. Die Zunge,
sagt Jakobus, wenn sie von der Hölle entzündet ist, zündet
"allen unsern Wandel" an. Ein wichtiges Wort! Wörtlich
heißt es: "Sie entzündet das Lebensrad", den Quellort und
Ausgangspunkt unseres Lebens. Denn das Leben bildet einen
Kreislauf und bewegt sich dabei unablässig vorwärts wie
ein Rad. In diese Brunnenstube unseres Daseins kommt eine
aufflammende Wallung, wenn die Zunge vom höllischen Feuer
entzündet wird. Halte die Worte zurück! Durch Schweigen
wird das Feuer eingedämmt. Drängt sich dir die erfahrene
Kränkung in den Sinn, widerstehe durch die Liebe, mit der
der Heiland dich geliebt hat! Will die Empörung laut werden,
halt ein, drücke ein Siegel auf den Mund in der Kraft des
Heilandes, der still war wie ein Lamm, als man ihm die
furchtbarsten Kränkungen zufügte! Du machst dich selbst
unglücklich, wenn du der Bitterkeit Raum gibst. Ein Freund
des seligen Gotthilf von Schubert hinterließ ihm als
Vermächtnis das Wort: "Laß dich nicht erbittern!" Als
Schubert selbst sein Ende nahen fühlte, drängte es ihn, dies
Vermächtnis weiterzugeben. Er schrieb in diesem Sinn an
Ludwig Harms, den er dem Angesicht nach nicht kannte. Es
war ihm von oben ins Herz gegeben. Er fing den Brief an,
verschied aber, bevor er ihn abgeschlossen hatte. Seine
Angehörigen schickten ihn an Harms. Er kam gerade zu rechter
Zeit. Denn dieser Gottesmann war in großer Gefahr, durch
eine ausgesucht boshafte Verleumdung bitter zu werden. Nun
aber siegte die Liebe, die sich nicht erbittern läßt.
J.MacArthur
"Sie [die Liebe] benimmt sich nicht unanständig" (1. Kor.
13,5).
Rücksichtsvolles Verhalten zeigt göttliche Liebe und verleiht
deinem Zeugnis Glaubwürdigkeit.
Als ich noch ein kleiner Junge war, mochte ich gern meine
Suppe schlürfen. Ich fand nichts Anstößiges dabei, obwohl
meine Eltern es jedesmal monierten. Dann aßen wir eines
Abends mit einem zusammen, der seine Suppe schlürfte. Er
genoss sein Essen; aber mir gefiel die Mahlzeit gar nicht.
Ich begriff auf einmal, dass gute Tischmanieren ein Weg sind,
anderen gegenüber Rücksichtnahme zu zeigen. Man drückt damit
aus: "Es geht mir um dich und ich will nichts tun, was dich
hindert, diese Mahlzeit zu genießen."
Ein ernsterer Fall: Ich kenne ein Ehepaar, das geschieden
wurde, weil der Mann so grob zu seiner Frau war. Sie
behauptete, ihr Mann zeige durch sein unablässiges Rülpsen,
dass er sie nicht liebhabe. Der Richter entschied in ihrem
Sinne, indem er konstatierte, wenn der Ehemann seine Frau
liebhätte, so würde er sich rücksichtsvoller betragen. Das
ist eine seltsame, aber wahre Geschichte, die aber deutlich
macht, dass die Liebe sich nicht unanständig benimmt.
"Unanständig sein" im Sinne von 1. Korinther 13,5 schließt
alles Verhalten ein, das biblische oder mitmenschliche Normen
verletzt. Wir könnten es so umschreiben: "Liebe nimmt
Rücksicht auf andere." Das stünde dann im starken Kontrast
zu dem rücksichtslosen Verhalten der Korinther - viele
ließen sich bei ihren Liebesmahlen gehen und betranken
sich am Abendmahlswein (1. Kor. 11,20-22). Einige Frauen
überschritten ihre Grenzen, indem sie den Schleier entfernten
und Männerrollen in der Gemeinde übernahmen (1. Kor.
11,3-16; 14,34-35). Und sowohl Männer als Frauen verdarben
die Zusammenkünfte, indem sie sich gegenseitig mit ihren
geistlichen Gaben übertrumpfen wollten (1. Kor. 14,26).
Zweifellos verteidigten die Korinther ihr schlechtes
Betragen, wie wir es auch oft tun. Aber unanständiges
Verhalten offenbart einen Mangel an Liebe und steht einem
effektiven Dienst diametral im Wege. So habe ich Christen
gesehen, die sich so grob gegenüber rauchenden Nichtchristen
aufführten, dass ihnen jede Möglichkeit genommen war, ihnen
von Christus zu erzählen.
Achte darauf, wie du mit anderen umgehst - seien es Gläubige
oder Ungläubige. Selbst die kleinste Höflichkeit kann einen
tiefen Eindruck auf sie machen.
J.MacArthur
"Sie [die Liebe] sucht nicht das Ihre" (1. Kor. 13,5).
Die Liebe verändert selbstsüchtige Menschen in Menschen,
die sich aufopfern.
Schon Adam und Eva haben Gott gegen das eigene Ich
vertauscht. Das ist die Wurzel aller Sünde. Unsere
Voreltern hatten nur ein Gebot zu befolgen: "Aber von dem
Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, davon darfst du
nicht essen; denn an dem Tage, da du davon isst, musst
du sterben" (1.Mo. 2,17). Aber Eva glaubte der Lüge der
Schlange, Gott versuche nur, sie von der Verwirklichung aller
ihrer Möglichkeiten abzuhalten (1. Mo. 3,5). Sie aß von
der verbotenen Frucht und gab auch Adam davon, und beide
zusammen stürzten das Menschengeschlecht in Sünde und Tod.
Christus veränderte all das, als Er kam, "nicht ... um
bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu
geben als Lösegeld für viele" (Matth. 20,28). Anders als
Adam und Eva suchte Er nicht Seinen eigenen Vorteil zu
gewinnen, sondern brachte jedes Opfer, das zur Errettung
verlorener Sünder nötig war.
Es wird von einer Grabinschrift auf einem kleinen englischen
Friedhof berichtet, die so lautet: "Hier liegt er, der
Geizhals, der stets nur gerafft, / an and're nie dachte, für
sich nur geschafft. / Doch was er jetzt treibe und wo er
auch sei, / ist allen egal jetzt und ganz einerlei."
Wie tragisch ist es, sein ganzes Leben der Selbstsucht
versklavt zu sein! Im Gegensatz dazu lesen wir auf einem
Grabstein auf dem Friedhof der St. Paul's Kathedrale: "Der
Erinnerung an General Charles George Gordon gewidmet, der
zu aller Zeit und an jedem Ort seine Kraft für die Schwachen
und sein Vermögen für die Armen einsetzte. Sein Mitgefühl
gehörte den Leidenden und sein Herz Gott." Der erste
Grabstein dokumentiert die Sinnlosigkeit der Gier und des
Eigennutzes, der zweite die Ehre, die der Großzügigkeit und
der Selbsthingabe gebührt.
Christus ist das vollkommene Vorbild für Selbsthingabe. Wenn
du Ihn liebst, solltest du Ihm ähnlich sein. Die anderen
werden deine Aufrichtigkeit und deinen Einsatz für sie sehen
und durch Gottes Gnade zu deinem Herrn gezogen werden.
Welche Grabinschrift werden deine Freunde und Verwandten dir
widmen? Ich bete dafür, dass es eine sein wird, in der Gott
verherrlicht wird wegen der selbstlosen Liebe, die Er durch
dich sichtbar werden ließ.
J.MacArthur
"Sie [die Liebe] lässt sich nicht erbittern"
(1. Kor. 13,5).
Vom Ich ausgehender Zorn und die Liebe können nicht
nebeneinander bestehen.
Der große Prediger und Theologe aus dem achtzehnten
Jahrhundert, Jo- nathan Edwards, hatte eine äußerst
unbeherrschte Tochter. Als ein junger Mann Dr. Edwards um
die Hand seiner Tochter bat, sagte er: "Nein!" Der junge Mann
war tief traurig. "Aber ich liebe sie und sie liebt mich",
wandte er ein. "Das ändert nichts", antwortete Edwards, "sie
ist Ihrer nicht würdig." "Aber sie ist doch eine Christin,
oder nicht?", argumentierte der junge Mann. "Ja", sagte
Edwards, "aber die Gnade Gottes hält es auch bei Menschen
aus, mit denen niemand sonst zurechtkommt."
Das mag hart klingen; aber Jonathan Edwards wusste, was
sein Möchtegern-Schwiegersohn noch nicht gelernt hatte: Wo
selbstischer Zorn lebt, fehlt die echte Liebe. "Die Liebe",
so sagt Paulus, "lässt sich nicht erbittern." Plötzliche
Wutausbrüche oder Taten aus der Erregung heraus kommen nicht
von ihr. Sie reagiert nie im Zorn auf angetanes Unrecht.
Paulus redet nicht von dem Zorn über die Sünde und deren
schlimme Folgen. Da handelt es sich um gerechte Empörung,
die man von Christen erwarten sollte. Als Jesus die Händler
und Wechsler aus dem Tempel trieb (Joh. 2,14-15), war Er
wirklich zornig, weil das Haus Seines Vaters entweiht wurde.
Aber niemals reagierte Er so, wenn Er selbst angegriffen oder
verleumdet wurde. Genauso ist es richtig, wenn du zornig
wirst, wenn andere misshandelt werden und wenn Gott
angegriffen oder Sein Wort missachtet wird. Aber persönliche
Anfeindungen erträgt die Liebe immer.
Solche Großmut ist unserer Gesellschaft fremd. Sie lehrt
uns, für unsere persönlichen Rechte zu kämpfen und
zurückzuschlagen, wenn wir nicht bekommen, worauf wir
Anspruch zu haben meinen. So sind gierige und lieblose
Menschen herangewachsen, die fast nur noch den persönlichen
Erfolg und ihre Bequemlichkeit suchen. Jeder, der ihnen
dabei im Wege steht, läuft Gefahr, ihren Zorn zu erregen.
Als Christ musst du solchen Einflüssen widerstehen, indem du
dein Augenmerk mehr auf deine geistlichen Pflichten als auf
deine Rechte lenkst. Wenn du nichts von der Welt erwartest,
wirst du auch nicht ärgerlich, wenn nichts von ihr kommt.
Denke daran: Gott ist der Geber aller guten und vollkommenen
Gaben (Jak. 1,17). So "demütigt euch vor dem Herrn! Und er
wird euch erhöhen" (Jak. 4,10).