1Kor 11,23
C.O.Rosenius
In der Nacht, da Er verraten ward, nahm Er das Brot, dankte
und brach es und sprach: Nehmet, esset; das ist Mein Leib,
der für euch gebrochen wird. Solches tut zu meinem
Gedächtnis. 1. Kor. 11, 23 und 24.
Eines der mächtigsten Hindernisse, das viele gläubige
Menschen beim Genuß des heiligen Abendmahls plagt und drückt
und ihnen ganz und gar den Trost, die Erquickung und die
Freude raubt, die das Abendmahl mit sich führen sollte, ist
der Umstand, daß man es als eine Art feierliches Opferfest
ansieht, bei dem wir Gott etwas Gutes geben und mit einigen
Ihm wohlgefälligen Opfern unserer Frömmigkeit, unserer Buße,
unseres Glaubens, unseres Gebets, unserer Vorsätze auf
Besserung usw. dem Altar uns nahen sollten. Man bedenkt
nicht, daß das Abendmahl ein Gnadenmittel ist, in dem
der Herr im Gegenteil uns, Seinen armen, elenden,
niedergeschlagenen Kindern, den Trost, die Stärke und
Erquickung geben will, deren wir bedürfen. Beachte! Das
Abendmahl ist, wie das Wort Gottes, ein Gnadenmittel.
Gleichwie man nicht zum Wort Gottes geht, um Gott etwas Gutes
zu geben oder vorzuweisen, sondern nur, um daraus etwas Gutes
zu empfangen, Kraft und Hilfe gegen seinen Kleinglauben,
seine mangelhafte Buße, sein mangelhaftes Gebet usw. zu
erbitten und zu erhalten, ebenso soll man auch zum heiligen
Abendmahl des Herrn als zu einem Gnadenmittel kommen, in
welchem man Hilfe sucht gegen alles, was einem fehlt.
Scheust du dich davor, zum Tisch des Herrn zu gehen, weil dir
bewußt ist, daß du in deinem Alltagsleben so mangelhaft bist,
so bist du nicht, wie ein wahrer Christ sein sollte. Es ist
entweder in deinem Glauben oder in deinem Leben etwas
Gebrechliches, in deinem Christentum ein bedenklicher Fehler.
Darum kannst du auch nicht getrost zum Tisch des Herrn gehen.
Was ist das anders, als ganz zu vergessen, was der
eigentliche Zweck und die Absicht des Abendmahls ist, nämlich
gerade ein Hilfsmittel gegen alle Gebrechen und Mängel in
unserem Glauben und unserem Leben zu sein! Wäre schon alles
wohl mit deinem Christentum, mit deinem Glauben und Wandel,
dann brauchtest du nicht zu diesem Gnadenmittel zu kommen,
wie ja auch Christus mit Seinem Verdienst nicht für Gerechte,
sondern für Sünder gekommen war, wie Er selbst spricht: ,,Die
Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken."
Du, der du dieses liest, bedenke einmal folgendes: Wenn ein
körperlich Kranker auf eine Aufforderung hin, zum Arzt zu
gehen antwortet: ,,Das wage ich nicht, denn ich bin so krank,
mein Blut ist so vergiftet, mein Ausschlag so arg, daß ich in
so jämmerlichem Zustand nicht den Arzt besuchen kann, ich muß
erst etwas besser werden." Würde man sich nicht über solche
Torheit wundern und antworten: ,,Muß man nicht gerade in der
Krankheit den Arzt suchen?" Genauso aber verhält man sich,
wenn man wegen geistlichen Mangels und Siechtums sich
fürchtet, zum heiligen Abendmahl des Herrn zu gehen. Es ist
uns ja gerade zur Hilfe und zum Heilmittel gegen allerhand
Mängel und Krankheiten gegeben. Laßt uns nie die große Liebe
des treuen Heilandes vergessen, als Er dieses Gnadenmittel
einsetzte! Was sagte Er von Seinem Blut, als Er den
gesegneten Kelch darreichte? Von all dem unendlich Großen,
das von diesem Blut gesagt werden könnte, nennt Er nur
dieses: ,,Es wird vergossen zur Vergebung der Sünden."
Da sehen wir, was Er wollte. Zum Trost gegen die Sünde,
gegen die Seine Kinder am meisten drückende Not, die Sünde,
stiftete Er dieses Gnadenmittel. ,,Zur Vergebung der
Sünden." Es ist Sünde, es ist das Bewußtsein der Sünde und
der Untreue gegen meinen Gott, was mir den Trost und die
Freimütigkeit, die ich zu Ihm haben sollte, raubt. Als
Heilmittel gegen diese Not und diesen Jammer stiftete der
Herr dieses selige Gedächtnisfest Seines Versöhnungstodes.
Er hat das Abendmahl als Ruhehütte an unserem Wege
aufgepflanzt. Wenn wir von der Wanderung müde, an der
Seele matt und hungrig, durch unsere Fehltritte oder unser
Straucheln und Fallen betrübt und entmutigt sind, sollen
wir da hineingehen und uns mit dem Brot des Lebens, mit dem
Gedanken an Ihn und mit dem Genuß des Leibes und des Blutes,
welches gegeben war zur Vergebung der Sünden, erquicken, um
dadurch aufs neue gewiß zu werden, daß Er uns nicht zürnt.
Daraus folgt: Wenn wir uns in einer besonderen Schwachheit,
in einem geistlichen Verfall befinden, ist es dringend an der
Zeit, zum Gnadentische des Herrn zu eilen, wie man ja auch
wegen derselben Gebrechen zum Worte eilt. Das erklärt auch,
daß alte Lehrer, die dies erkannten, so davon reden. Luther
sagt: ,,Du mußt oft zu diesem Tische gehen, aber insonderheit
dann, wenn du wohl dazu geschickt bist, d. h., wenn du mit
vielen und schweren Sünden beschwert bist., Doktor Schwedberg
sagt als Antwort auf die Frage, wann man zum Abendmahl des
Herrn gehen solle: ,,Wenn der ,knechtische Geist' den Platz
des ,kindlichen Geistes' in eurem Herzen einzunehmen
anfängt." Sie hatten verstanden, daß das Abendmahl ein
Gnadenmittel ist.
So geh ich auf Dein Gnadenwort
Zu Deinem Tisch, mein Herr und Hort.
So sündig, wie ich immer bin
In Fleisch und Blut, in Herz und Sinn.
Du bist mein Schmuck, mein Ehrenkleid,
Mein Leben, meine Heiligkeit.
Du meine Stärk' und Heilung bist
Vom Tode und von Satans List.
Ich nehme, esse, trinke Dich,
Und Du mit mir vereinigst Dich,
Mein Schöpfer und mein Heiland wert:
Gibt's größ're Gnade hier auf Erd'?
O, welche Seligkeit für mich,
Mein Denken hier verlieret sich,
Lob, Ehre, Preis, Halleluja,
Mein Bruder, Gott und Jehova!