1Kor 5,8
C.O.Rosenius
Laßt uns Ostern halten, nicht im alten Sauerteig, auch nicht
im Sauerteig der Bosheit und Schalkheit, sondern im Süßteig
der Lauterkeit und der Wahrheit. 1. Kor. 5, 8.
Wir sollen hier lernen, daß das heilige Passahlamm, Christus,
nicht mit dem Sauerteig der Bosheit und der Schalkheit
zusammen gegessen werden darf. Was ist das? Es erscheint
erschrecklich und mutet nicht recht evangelisch an. Hat es
überhaupt in der lieblichen Gnadenlehre des Neuen Testaments
Grund und Anwendung? Gewiß! Laßt uns aufwachen!
Manche lesen des Apostels Worte vom Ausfegen des Sauerteigs
mit einem Leichtsinn, als ginge es uns nichts an, sondern als
gelte es nur den Kindern Israels in Ägypten. Dem aber ist
nicht so, es ist ein Stück für einen jeden unter uns. Was
aber ist es denn? Das ist es: Wer Ostern halten, wer also
Christus zur Seligkeit annehmen will, soll es mit
Aufrichtigkeit tun. Er darf nicht mit Falschheit vor das
Angesicht des Herrn kommen. Denn gerade diese Falschheit
im Geistlichen bewirkt, daß man aus dem Volk des Herrn
ausgerottet wird, wie Ananias und Saphira im Neuen Testament
ausgerottet wurden, als sie vor dem Geist des Herrn heucheln
und lügen wollten.
Der Sauerteig der Bosheit und der Schalkheit ist demnach
eigentlich nicht das Sündenverderben und das Unreine, das in
unserem Fleisch und Blut liegt und das jedem aufrichtigen
Christen anklebt, ihn plagt und ängstigt, sondern er ist
jener falsche Sinn, mit dem man den Glauben mit dem
Sündendienst, Christus und Belial, Gott und die Welt, das
Licht und die Finsternis zusammenmengen will. Dies erkennt
man zunächst aus den Worten des Grundtextes. Der Sinn des
Wortes ,,Bosheit" bedeutet eigentlich, daß ich nicht nur
eine böse Natur habe, sondern auch ,,Sünde tue", in
Ungerechtigkeit und in Lastern lebe. ,,Schalkheit" aber
bezeichnet eine falsche Seele, die mit ,,allerlei böser
Tücke, blinden und giftigen Griffen die Lehre entstellt und
den Lebenswandel verkehrt macht." Dies wird noch deutlicher
aus den Worten ,,Süßteig der Lauterkeit und der Wahrheit",
die den Gegensatz zu jenen darstellen und die Martin Luther
folgendermaßen erklärt: ,,Lauterkeit ist, daß da recht und
christlich gelebt und getan wird, aus frommem Herzen, so es
mit jedermann gut meint, niemandem denkt Unrecht oder Schaden
zu tun, und handelt, wie er ihm wollt gehandelt haben.
Wahrheit aber ist, daß man nicht falsch noch tückisch, mit
Betrug und Falschheit umgeht, sondern daß rechtschaffen und
richtig nach dem reinen Gottes Wort gelehrt und gelebt wird."
Die Meinung des Apostels wird besonders aus dem Zusammenhang
und aus der Veranlassung deutlich, die zu diesen Worten
führte. Wir finden sie 1. Kor. 5, wo er das unheimliche
Verhältnis in der Gemeinde zu Korinth erwähnt und bestraft
hat, daß sie nicht nur offenbare Sklaven der Laster zu ihren
Mitgliedern zählten, daß Hurerei unter ihnen wäre - und
zwar so grobe, daß sogar einer unter ihnen seines Vaters
Frau habe -, sondern daß sie - beachte es wohl! - zudem noch
aufgeblasen waren, sich ihrer geistlichen Erleuchtung und
ihrer Apostel rühmten und dabei sicher und unbekümmert waren,
als ob alles in Ordnung sei. Darüber sagte der Apostel: ,,Es
geht ein gemeines Geschrei, daß Hurerei unter euch ist, eine
solche Hurerei, davon auch die Heiden nicht zu sagen wissen.
Und ihr seid aufgeblasen und habt nicht vielmehr Leid
getragen, auf daß, der das Werk getan hat, von euch getan
würde." Von diesem Verhältnis fügt er noch hinzu: ,,Euer Ruhm
ist nicht fein. Wißt ihr nicht, daß ein wenig Sauerteig den
ganzen Teig versäuert? Darum fegt den alten Sauerteig aus."
Dies ist der Zusammenhang.
,,Der Sauerteig der Bosheit und der Schalkheit" ist also
jener falsche Sinn, mit dem ein Mensch zwar selig, ein wahrer
Christ werden, Ostern halten, Christus annehmen und mit dem
Volke Gottes in das verheißene Land gehen möchte, seine
Lieblingssünden aber mit auf den Weg nehmen will, ihnen
huldigt, sie verbirgt, entschuldigt und verteidigt, und sie
nicht abzulegen gedenkt. Das heißt dann Ostern halten im
Sauerteige der Bosheit und der Schalkheit. - Der Apostel
sagt dazu: Wer unser Osterlamm annehmen will, der soll
den alten Sauerteig ausfegen. Gleichwie die Juden alles
gesäuerte Brot ausfegten und aussuchten, weil es ihnen bei
dem Verlust der Seele verboten war, dies mit dem Passahlamm
zusammen zu essen, so muß auch derjenige, der Christus
annehmen und an Seiner großen Erlösung teilhaben will, es
mit dieser Sache genau so ernst meinen, aufrichtig von allen
Sünden und Ungerechtigkeiten Erlösung suchen und nicht die
Erlaubnis zur Sünde, sondern Vergebung und Befreiung von ihr
suchen. Es ist dies dasjenige, was der Apostel auch von der
anderen Osterhandlung, nämlich von der Blutbesprengung, sagt!
Er sagt: ,,Lasset uns hinzugehen mit wahrhaftigem Herzen, in
völligem Glauben, besprengt in unserem Herzen und los von dem
bösen Gewissen und gewaschen am Leibe mit reinem Wasser."
Beachte! ,,Mit wahrhaftigem Herzen", d. h. mit einem
Herzen, das ernstlich sucht, ganz und gar des Herrn zu
werden, und das darum alles Ihm Mißfällige lassen will.
Laß dir nichts am Herzen kleben,
Fleuch vor dem verborgnen Bann;
Such in Jesu nur zu leben,
Daß dich nichts beflecken kann.