1. Korintherbrief

1Kor 4,7 W.MacDonald »Was aber hast du, das du nicht empfangen hast?« 1. Korinther 4,7

Das ist eine gute Frage, denn sie reduziert uns auf unsere wirkliche Größe. Wir haben nämlich gar nichts, das wir nicht empfangen haben. Unsere körperlichen und geistigen Anlagen empfingen wir bei unserer Geburt. Wie wir aussehen und wie gescheit wir sind, liegt viel zu weit außerhalb unseres Einflußbereichs, um Stolz zu rechtfertigen. Es ist uns bei der Geburt zugefallen.

Alles, was wir wissen, ist ein Ergebnis unserer Ausbildung. Andere haben uns mit Informationen gefüllt. Oft denken wir, wir wären selbständig auf einen ganz neuen Gedanken gekommen und finden ihn dann in einem Buch, das wir bereits vor zwanzig Jahren gelesen haben. Emerson (1803-1882, amerikanischer pantheistischer Autor und Dichter) sagte ironisch: »Alle meine besten Gedanken haben die Klassiker gestohlen.«

Wie steht es mit unseren Talenten? Manche Talente liegen sicher in der Familie. Wir entwickeln sie durch Training und Praxis. Aber das Entscheidende ist, daß sie nicht aus uns selbst kommen. Sie wurden uns geschenkt.

Pilatus war förmlich aufgeblasen von der Macht, die er ausübte; doch der Herr erinnerte ihn: »Du hättest keinerlei Gewalt über mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre« (Johannes 19,11).

Letztendlich ist jeder unserer Atemzüge eine Gabe Gottes. Darum fragt Paulus in 1. Korinther 4,7 weiter: »Hat Er dir aber alles geschenkt, wie kannst du dann damit prahlen, als wäre es dein eigenes Verdienst?«

Aus diesem Grund beispielsweise wies Harriet Beecher Stowe (1811-1896) jede Anerkennung für das Schreiben von »Onkel Toms Hütte« zurück: »Ich die Autorin von 'Onkel Toms Hütte'? Nein, ich hatte keine Gewalt über die Geschichte; sie schrieb sich selbst. Der Herr schrieb sie, und ich war nur ein einfaches Werkzeug in Seiner Hand. Die ganze Geschichte erschien mir in Bildern, eines nach dem anderen, und ich schrieb sie mit Worten nieder. Ihm allein sei die Ehre! «

Wenn wir uns ständig vor Augen halten, daß wir nichts haben, was wir nicht empfangen hätten, bewahrt uns das vor Prahlerei und Selbstbeweihräucherung und bringt uns dazu, Gott die Ehre zu geben für alles Gute, das in uns ist oder das wir getan haben.

So gilt also: »Der Weise rühme sich nicht seiner Weisheit, und der Starke rühme sich nicht seiner Stärke, der Reiche rühme sich nicht seines Reichtums; sondern wer sich rühmt, rühme sich dessen: Einsicht zu haben und mich zu erkennen, daß ich der Herr bin, der Güte, Recht und Gerechtigkeit übt auf der Erde; denn daran habe ich Gefallen, spricht der Herr« (Jeremia 9, 23.24).