1Kor 1,30
C.H.Spurgeon
,,Welcher uns gemacht ist von Gott zur Weisheit."
1 Kor. 1, 30.
Des Menschen Geist sucht Ruhe und sucht sie von Natur außerhalb
des Herrn Jesu Christi. Menschen von Bildung sind, auch wenn sie
bekehrt sind, stets geneigt, auf die Einfalt des Kreuzes Christi
mit einem zu wenig achtungs- und liebevollen Blick
hinabzuschauen. Sie lassen sich in das alte Netz locken, in
welchem die Griechen gefangen wurden, und haben eine Neigung,
ihre Philosophie mit der Offenbarung zu verflechten. An einen
Menschen von scharfem Verstande und guter Erziehung tritt die
Versuchung heran, von der einfachen Wahrheit des gekreuzigten
Christus abzugehen, und eine geistiger gefaßte Lehre
aufzustellen, wie man sich auszudrücken pflegt. Dies führte die
ersten christlichen Gemeinden zum Gnostizismus und bezauberte
sie mit allerlei ketzerischen Lehren. Dies ist die Wurzel der
Gottesverleugnung und andrer Aster-Weisheit, die in vergangenen
Tagen in Deutschland wucherten, und noch jetzt auf gewisse
Richtungen unter den Gottesgelehrten großen Zauber ausüben. Wer
du auch bist, lieber Freund, und welche Erziehung du genossen
hast; wenn du des Herrn bist, so sei versichert, daß du in einer
philosophierenden Religion keine Ruhe findest. Du kannst dir
hier die Lehre irgend eines großen Denkers, dort den Traum eines
tiefen Forschers aneignen; aber was die Spreu am Weizen ist, ist
dies alles an der reinen Wahrheit des göttlichen Wortes. Alles,
was auch die bestgeleitete Vernunft zu erforschen vermag, ist
nur das ABC der Wahrheit, und auch da noch fehlt es an
Gewißheit, weil in Christo Jesu alle Fülle der Weisheit und der
Erkenntnis vereinigt ist. Alle Versuche, sich mit einer
Vereinigung aller christlichen Bekenntnisse zu befreunden, sind
gescheitert; die wahrhaften Erben des Himmelreichs kommen stets
auf die großartig einfache Tatsache zurück, die des Ärmsten
Auge mit freudigem Glänzen erfüllt und des Elendesten Herz mit
Wonne erquickt: ,,Christus Jesus ist in die Welt gekommen, die
Sünder selig zu machen." Jesus gewährt dem höchstgebildetsten
Weisen volle Befriedigung, wenn Er gläubig ins Herz aufgenommen
wird, aber außer Ihm findet das Gemüt des Wiedergebornen keine
Ruhe. ,,Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang; das ist
eine feine Klugheit; wer danach tut, des Lob bleibet ewiglich."
W.Nee
Christus Jesus, der uns zur Weisheit gemacht worden ist von
Gott, zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung.
1. Korinther 1,30
Gott hat uns Christus gegeben. Es gibt jetzt nichts mehr,
was wir außerhalb seiner empfangen könnten. Der Heilige
Geist ist gesandt worden, damit er alles, was von Christus
ist, in uns hervorbringt; er soll nicht etwas erzeugen, was
von Christus getrennt oder außerhalb von ihm existiert. Er
»ist uns gemacht zu .. .«. Das ist eine der gewaltigsten
Aussagen der Schrift. Wenn wir das glauben, können wir
alles, was uns abgeht, unter diese Aussage stellen, können
wir wissen, daß Gott unseren Mangel ausgeglichen hat; denn
durch den Heiligen Geist in uns ist uns Jesus selbst zu all
dem gemacht worden, was uns fehlt. Wir waren gewohnt,
Heiligung als eine Tugend anzusehen, Demut als eine Gnade,
Liebe als ein von Gott zu erbittendes Geschenk. Aber der
Christus Gottes ist selbst alles das, wessen wir je bedürfen.
Laßt uns ihn ohne Zögern in Anspruch nehmen.
C.O.Rosenius
Christus ist uns von Gott zur Weisheit, zur Gerechtigkeit,
zur Heiligung und zur Erlösung gemacht. 1. Kor. 1, 30.
Unter den vielen Vorschriften über das Essen des Passahlammes
in der Zeit des Alten Bundes war auch diese, daß es ganz
aufgegessen werden sollte und nichts davon bis zum nächsten
Morgen übriggelassen werden durfte. Wenn etwas übrigblieb,
sollte dies verbrannt werden. Bedenke eine solche
Verordnung! Das Lamm sollte ganz gegessen werden. Verstehst
du, was dir der Herr damit sagen will? Du darfst nicht nur
das von Christus nehmen, was dir gefällt, du sollst Ihn ganz
und gar annehmen, so wie Er uns von Gott gemacht ist zur
Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur
Erlösung. Hier gilt es nicht, in bezug auf den Weg der
Seligkeit selbst auszuwählen, zu denken und zu beschließen,
sondern es ist von Gott schon vorgeschrieben. Du hast nur zu
hören und zu gehorchen. Wer nicht Ostern halten will, darf
frei sein; wer es aber will, der soll es so tun, wie es
vorgeschrieben ist. Das Lamm darf nicht zerstückt werden,
es soll ganz gegessen werden.
Einige zerstücken das Lamm so, daß sie Christus nur zur
Weisheit, zum Propheten nehmen. Sie genießen nur Seine
gewaltigen Lehren. Sie selbst brauchen Ihn nicht zu einem
eigentlichen Nutzen; sie sind weder in Sündennot, so daß sie
nötig hätten, Seine Versöhnung zur Gerechtigkeit anzunehmen,
noch haben sie Ihn etwa nötig zum Hohenpriester; auch darf Er
nicht ihr König werden und über sie herrschen oder ihnen zur
Heiligung und zur Erlösung werden. Das sind diejenigen, die
über das Christentum philosophieren und alles in klaren,
wohlgeordneten Begriffen und Einsichten im Kopf haben, nie
aber anfangen, dieselben auf sich selbst, auf ihr eigenes
Herz und Leben anzuwenden. Ach, wehe! Wie erschrecklich
spotten sie dem Heiligen. Gerade zu solchen nur studierenden
Verstandeschristen wird der Herr einst sagen: ,,Wäret ihr
blind, so hättet ihr keine Sünde; nun ihr aber sprecht: Wir
sind sehend, bleibt eure Sünde."
Andere nehmen Christus nur zum Vorbild der Heiligung und
meinen, daß Er dadurch unsere Gerechtigkeit werden solle.
Sie wollen Christus nur zum König haben und machen von Seiner
Nachfolge, von dem, was sie selbst tun und sein sollen, -
von der Demut, dem Gebet, der Entsagung u. dergl., - viel
Aufhebens. Sie erwecken dadurch den Anschein, als wären sie
die ernstesten Christen. Unter allem aber verbirgt sich eine
tiefe, unendliche Einbildung von dem Wert ihrer ernsten
Gottesfurcht, so daß sie darum auch nie recht elende und
verlorene Sünder werden, die allein in dem Versöhnungsblut
Christi ihr Leben und ihren Trost erhalten. Wenn sie auch
dem Verstand nach die Lehre des Glaubens bekennen, so ist
ihr Herz doch vertieft in dem, was sie selbst tun sollen,
weshalb dies auch ,,ihr Lied im Mund", ihr erstes und
letztes ist, - nicht das Lied, das von den Seligen auf dem
Berg Zion gesungen wird: ,,Das Lamm, das erwürgt ist und das
uns Gott erkauft hat mit Seinem Blut", sondern das Lamm, das
unser Beispiel ist und das uns geheiligt hat mit Seinem Geist
usw. Hier zeigt sich, daß des Herzens eigentlicher Schatz
und Trost in dem besteht, was bei ihnen gewirkt worden ist,
und nicht in dem, was das Lamm mit Seinem Blutuns erworben
hat. Und was soll man davon sagen? Das muß man sagen:
Dieser euer Ernst und diese eure Gottesfurcht sind zwar gute
und rühmenswerte Dinge, schade nur, daß sie nicht ein wenig
tiefer gehen, nämlich dahin, daß ihr mit allem zuschanden
werdet und als ganz entblößte, verlorene Sünder lernt, wie
jämmerlich alles dieses vor den Augen Gottes ist, vor denen
nur eines gilt, - ,,das Lamm, das erwürgt ist und das uns
Gott erkauft hat mit seinem Blut".
Drittens gibt es einige, die Christus wohl zur Versöhnung,
aber nicht zur Heiligung haben wollen, nämlich jene
fleischlichen Mitwanderer in der kleinen Schar der Christen,
denen es gut gefällt, die Botschaft zu hören, daß keine
Sünden uns verdammen und keine guten Werke uns selig machen,
die aber nichts von der Tötung des Fleisches und der
Nachfolge Christi hören wollen, sondern murren und klagen,
daß man durch diese Lehre ihr Gewissen mit Gesetzen beschwert
usw. ,,Sie nehmen", wie Luther sagt, ,,allein den Schaum vom
Evangelium" und können viel von der Gnade und dem Glauben
reden. Wenn sie aber im Alltagsleben sind, wohnt nicht der
Geist der Furcht des Herrn in ihnen, sondern dann leben sie
ganz frei in ihren Sünden und Ungerechtigkeiten. Sie sind
Reben an Christus, die keine Frucht bringen und nicht
gereinigt, gebeugt und beschnitten werden, sondern frei
wachsen dürfen in der Form, die sie am liebsten annehmen
wollen. Christus ist ihnen keine Richtschnur. Was soll man
zu ihnen sagen? Ja: ,,Euer Eifer um das Evangelium und um
die Freiheit des Gewissens ist vortrefflich; aber - warum
liebt ihr die Züchtigung nicht? Kommt nicht auch das Wort
der Ermahnung von Christus und den Aposteln? ,,Alle Schrift,
von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Strafe, zur
Besserung, zur Züchtigung in der Gerechtigkeit; daß ein
Mensch Gottes sei vollkommen, zu allem guten Werk geschickt."
Hört! Das Lamm darf nicht zerstückt werden, es soll ganz
gegessen werden. Alle jene fehlen darin, die mehr denken als
hören, und die nicht aufs Wort achtgeben wollen. Beachte
darum: Das Lamm soll ganz gegessen werden!
O, daß der Herr uns lehre die zwei Sachen,
Die nötig sind zu wahrer Reinigung:
Nur Christus für uns, uns gerecht zu machen,
Nur Christus in uns, uns're Heiligung.