Röm 13,1
C.O.Rosenius
Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn
hat. Denn jede Obrigkeit ist von Gott. Röm. 13, 1.
Wer Gottes Wort beachten will, muß wissen, daß er seiner
Obrigkeit alles zur Untertänigkeit gehörende - Achtung,
Gehorsam und Treue - schuldig ist. Das schrieb der Apostel
an die Christen in Rom, die unter einer heidnischen Obrigkeit
standen. Hätten sie diese apostolische Lehre weder empfangen
noch beachtet, sondern wären sie ihrem eigenen Gutdünken
gefolgt, dann hätten sie wohl schwerlich erkennen können, daß
sie ,,um des Herrn willen" auch dem Tyrannen Nero Gehorsam
und untertänige Ehrfurcht erzeigen müßten; sie würden
vielmehr bei einer sich darbietenden Gelegenheit es eher
für ganz christlich angesehen haben, an seinem Thronsturz
mitzuhelfen. Wir wissen, wie die Juden sich oft empörten,
seitdem sie unter Roms Herrschaft gekommen waren. Darum
hielt der Apostel es auch für notwendig, so viele deutliche
Worte darauf zu verwenden.
Wenn die Christen in Rom aber ihrer heidnischen Obrigkeit
untertan sein sollten, wie stark wird dann erst jener
Freiheitsgeist verurteilt, der in unseren Tagen auch in der
Christenheit seine Stimme gegen die Obrigkeit und alle
Untertänigkeit erhebt. Dies sollten die Christen viel
stärker bedenken und sich nicht durch den Rat der Gottlosen
irreleiten lassen. Die Apostel haben mehr als einmal hierzu
ermahnt. ,,Seid untertan aller menschlichen Ordnung um des
Herrn willen, es sei dem Könige als dem Obersten oder den
Hauptleuten, als die von ihm gesandt sind zur Rache über die
Übeltäter und zu Lob den Frommen. Denn das ist der Wille
Gottes, daß ihr mit Wohltun die Unwissenheit der törichten
Menschen verstopft." ,,Erinnere sie, daß sie den Fürsten
und der Obrigkeit untertan und gehorsam seien usw. Unsere
Pflicht gegen die Obrigkeit ist also bestimmt und klar genug
ausgesprochen.
Verwunderlicher erscheint es uns, wenn der Apostel hier nun
hinzufügt: ,,Denn jede Obrigkeit ist von Gott." Es ist dies
der Hauptgrund, weshalb wir der Obrigkeit untertan sein
sollen. Aber wie sollen wir es verstehen, daß jede Obrigkeit
von Gott ist, da sie ja oft arg und unchristlich ist? Die
rechte Auffassung und Deutung wäre sicher nicht die, wenn
wir sagen würden, daß Gott alles das gestatten muß, was
geschieht, daß also auch eine gottlose Obrigkeit nur durch
Gottes Zulassung ihre hohe Stellung einnehmen darf. Nein,
was Gott nur zuläßt, kann nie ,,von Gott sein" heißen. Zudem
fügt der Apostel sogleich hinzu: ,,Wo aber Obrigkeit ist,
die ist von Gott verordnet." - Es wäre also nicht richtig
erklärt, wenn man sagt, daß das eigentliche Amt von Gott
eingerichtet ist, auch wenn die Personen, die das Amt
innehaben, gegen den Willen Gottes darin sind. Der Apostel
sagt ausdrücklich: ,,Wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott
verordnet", also auch die machthabenden Personen, nicht nur
das eigentliche Amt.
Daß Gott der Her; das eigentliche Amt gestiftet hat, ist
eine bedenkenswerte Wahrheit. Es wurde schon durch die
Vaterbotmäßigkeit und durch das vierte Gebot des göttlichen
Gesetzes begründet und ist außerdem in vielen Worten des
Herrn bestätigt worden. Gewiß ist also das Amt von Gott, und
es ist eine gute Gabe. Aber es wird auch noch dieses gesagt:
,,Wo Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet." Wie sollen
wir nun dieses verstehen, da wir doch wissen, daß die
Obrigkeit oft böse und gottlos ist, der Herr aber immer das
Böse haßt? Es kann nur so, wie alle Gerichte Gottes in der
Welt verstanden werden, nämlich: Was Er uns auch zusendet,
sei es etwas Gutes oder Böses, so ist Seine Fügung doch
weise, gerecht und gut. Wir müssen hier wieder lernen,
an einen einzigen, allmächtigen Gott und unumschränkt
herrschenden Befehlshaber der Welt zu glauben. Der Herr
Jesus sagte ausdrücklich zum Bevollmächtigten des römischen
Kaisers im jüdischen Lande: ,,Du hättest keine Macht über
Mich, wenn sie dir nicht von oben herab gegeben wäre." Und
von dem Leiden, zu dem Pilatus Ihn verurteilte, sagte Er:
,,Soll Ich den Kelch nicht trinken, den Mir Mein Vater
gegeben hat?" ,,Von oben herab", von dem Vater des Herrn
Christus hatte Pilatus seine Macht, den Unschuldigen zum Tode
zu verurteilen.
Wenn wir nun eine gute, christliche Obrigkeit haben, dann
ist sie eine besondere Gabe Gottes für das Land; haben wir
aber eine böse, gottlose, dann ist sie uns zur Strafe und
Züchtigung gegeben. Wir sollen in dieser Fügung nur auf Gott
blicken und Seine Gerichte über uns ehren. Und da Seine
Strafgerichte ebenso heilig wie Seine Gnadenbeweise sind,
so müssen wir um Seinetwillen auch die uns von Ihm gegebene
Obrigkeit achten und ihr gehorchen, gleichwie wir einer guten
Obrigkeit nur um Seinetwillen gehorchen müssen. Mag sie nun
gut oder böse sein, so ist sie doch Gottes Dienerin. Auch
die ärgste Obrigkeit, die ein Land haben kann, ist also von
Gott verordnet, um Seine heiligen Absichten auszuführen.
Gibt Er einem Volke böse, gottlose tyrannische Regenten,
oder läßt Er es geschehen, daß, wie Jesaja sagt, ,,Jünglinge
zu Fürsten werden und Kindische herrschen sollen", dann
geschieht dies zu einer Strafe und als eine Plagerute über
ein böses, hartnäckiges Volk und zur Prüfung der Gläubigen.
Ob der Weg oder die Mittel, durch die der Regent zu seiner
Herrschaft gelangte, auch nicht die richtigsten gewesen sind,
so hat er seine Macht doch nicht ohne Gott erhalten können,
und Gott wird sich seiner entweder zur Strafe oder zum Segen
für das Volk bedienen.
Diejenigen, die erst die Eigenschaften und Handlungen
der Obrigkeit begutachten und dann erst ihre
Untertänigkeitspflicht erkennen wollen, erschüttern die
Grundlage, auf der die Pflicht der Untertanen ruht, nämlich
die Fügung oder die Verordnung des allmächtigen Gottes.