Röm 8,1
C.H.Spurgeon
,,So ist nun nichts Verdammliches an denen, die in Christo Jesu
sind."
Röm. 8, 1.
Komm, liebe Seele, und denke hierüber nach. Glaubst du an den
Herrn Jesum, so bist du wirklich und gründlich von aller Schuld
erlöst, du bist aus deinem Gefängnis herausgeführt. Du bist
nicht mehr mit Ketten gebunden wie ein Leibeigner; du bist schon
jetzt frei geworden aus der Sklaverei des Gesetzes; du bist
befreit von der Herrschaft der Sünde und darfst frei umhergehen
als ein Freier; deines Heilandes Blut hat dir eine vollkommene
Freiheit erworben. Jetzt hast du ein Recht, zum Throne deines
Vaters zu kommen; keine flammenden Schwerter der Zornesrache
schrecken dich von hier zurück; keine drohende Cherubswache
wehrt dir den Zugang; die Gerechtigkeit darf den Schuldlosen
nicht schlagen. Alle deine Schwächen und Mängel sind nun
beseitigt: sonst warst du nicht imstande, deines Vaters Antlitz
zu sehen: jetzt darfst du es mit Lust betrachten. Du konntest
nicht mit Ihm reden; jetzt aber hast du freien Zugang zu Ihm.
Einst lag Furcht der Hölle auf dir; jetzt aber weißt du nichts
mehr von solcher Furcht, denn wie kann den Unschuldigen Strafe
treffen? Wer da glaubt, der wird nicht verdammt und kann nicht
gestraft werden. Und mehr als dies alles, alle die seligen
Vorrechte, derer du dich hättest erfreuen dürfen, wenn du nie
gesündigt hättest, sind jetzt dennoch dein, weil du gerecht
gemacht bist. Alle die Segnungen, die dir zuteil geworden
wären, wenn du das Gesetz gehalten hättest, und noch weit mehr,
sind nun dein, weil Christus das Gesetz für dich erfüllt hat.
All die Liebe und Wonne, welche dir ein vollkommner Gehorsam bei
Gott erworben hätte, gehören nun dir zu, weil Christus um
deinetwillen vollkommen gehorsam war und all sein Verdienst dir
zugerechnet hat, damit du überschwenglich reich würdest durch
Den, der um deinetwillen unsäglich arm und elend geworden ist.
O, wie groß ist doch die Liebesschuld und Dankespflicht, die du
deinem Heiland schuldig bist!
,,Ich bin gerecht durch meinen Glauben,
Der mich dem Heiland einverleibt;
Wer kann mir dieses Kleinod rauben,
Das mir sein Blut und Tod verschreibt?
Sein teures Wort bekräftigt dies; - ich bin's gewiß!"
C.Eichhorn
Völliger Sieg in Jesu
So ist nun nichts Verdammliches an denen, die in Christo
Jesu sind. Röm. 8, 1
Der Bann ist aufgehoben für die, die in Christo Jesu sind.
Der Sünde und darum auch dem Satan, der hinter der Sünde
steht, ist das Recht abgesprochen. Die Sünde darf uns nicht
mehr verdammen, sie ist getilgt. Auch können uns Sünde und
Satan nicht mehr unterjochen und gefangenhalten. Satan muß
seine Beute loslassen, er hat kein Recht mehr an die, die in
Christus Jesus sind. Der Glaubensblick auf den Herrn Jesus
und die Glaubensstellung in ihm bringen die Lösung des
quälenden Rätsels: Wer wird mir elendem Menschen helfen? Der
Kampf ist gewonnen durch Jesus. - Und doch ist damit noch
nicht für alle Zeit der innere Zwiespalt überwunden. Man
steht nicht mit einem Schlag für immer in Römer 8. Es kommen
Rückschläge und Rückfälle. Der Glaubensblick verdunkelt
sich, die Glaubensstellung wird erschüttert. Das finstere
Alte macht sich wieder mit Macht geltend. Man gibt nach,
unterliegt. Neue Buße, neues Ergreifen des Heils muß
erfolgen. - Das Gesetz Gottes hat noch nicht mit einem
Schlag so ganz hineingeleuchtet. Man würde es nicht
ertragen. Es sind noch unerhellte Partien im Seelenleben.
Man meint, über alles schon hinübergehoben zu sein, und singt
Jubellieder, kennt aber noch nicht im Licht des Gesetzes sein
Grundverderben. Mit der Zeit wird so manches erst ans Licht
gezogen. Man empfindet: es stimmt da und dort noch nicht,
ich bin von dem und jenem nicht los, ich hänge noch am Geld,
an der Ehre, an mir selbst, an der Gesundheit, am Leben, am
Genuß. Da gibt es neuen Kampf, vielleicht erst nach langem
Schwanken neuen Sieg in Christo. - Gewisse Lieblingssünden
spielen uns immer wieder einen bösen Streich, übervorteilen
uns: Zorn, Ungeduld, unüberlegtes Reden. Das wirft uns in
Römer 7 zurück. Wir klagen und jammern, bis wir wieder den
Glaubens- und Siegesboden errungen haben. - Es kommen
besondere Proben, z. B. Leidensproben. Wir geben dem
Willen Gottes recht nach dem inwendigen Menschen. Aber wir
können uns doch nicht gleich in ihn fügen, uns ihm willig
unterwerfen. In Jesu ist der Sieg. Aber wir haben ihn nicht
gleich im Glauben. - Es gibt Plagegeister, die uns Gott an
die Seite setzt. Wir sollen nach seinem Willen überwinden.
Aber statt dessen werden wir überwunden von Unwillen,
Gehässigkeit oder Abneigung. Wir verurteilen uns selbst,
aber können und wollen oft auch im Grund nicht überwinden,
werfen die Last ab oder laufen aus der Schule. - Unser Ziel
ist und muß sein, in Römer 8 stetig und ganz zu stehen, so
daß keine Anklage mit Recht uns mehr treffen kann, so daß
nicht nur alles vergeben, sondern auch alles überwunden ist.
Denn aus den Gebundenheiten und Niederlagen, dem immer neuen
Nachgeben und Straucheln erheben sich immer neue Anklagen.
Das Ziel ist, daß wir in Jesu wandeln und von seinem Geist
uns in allem regieren lassen, kurz: ein Überwinderleben
führen. Und das ist, gottlob, möglich.
S.Keller
Röm. 8, 1: «So ist nun nichts Verdammliches an denen, die
in Christo Jesu sind.» (Der Nachsatz fehlt in den besten
Handschriften.)
Nichts Verdammliches? Widerspricht dem nicht mein Gewissen
und die tägliche Erfahrung? Waren nicht heute am Tage noch
gewisse Gedankengänge und Empfindungen in meiner Seele
verdammlich? Da ist es schon eine Erleichterung, daß der
Grundtext eigentlich sagt: "So ist nun keine Verdammnis
an denen..." Verdammnis als Endurteil Gottes über einen
Menschen, der in Christo Jesu ist, kann es wohl nicht geben.
Denn in Christo Jesu sein, das wird doch wohl heißen, auf
seiner Seite stehen, ihm kindlich trauen, auf seine Hilfe
hoffen. Sind wir so sein Eigentum, dann ist die Verdammnis
abgewendet, von ihm für uns getragen und trifft uns nicht
mehr. Dessen muß ich mich heute abend trösten: an mir und
in mir ist mancherlei Unruhe und mancherlei Schwäche, aber
seine Gnade hat keine Lücke. Die deckt all meine eigene
Erbärmlichkeit ganz zu, so daß ich mich nicht auf meine
Bravheit verlasse, sondern auf sein Erbarmen. Es ist dabei
nebensächlich, ob ich schöne Gefühle, große Freudigkeit und
süße Andacht empfinde, es kommt bloß auf meines Glaubens
Richtung an: sucht meine Seele ihn, dann deckt er Schuld und
Übertretung, und das nicht nur heute, sondern er wird den
ganzen Prozeß meines Lebens zum seligen Ende hinausführen.
O Herr Jesu, lies eben in meiner armen, bedrückten
Seelenverfassung die Sehnsucht nach dir und deiner Gnade.
Deck mich mit deiner Versöhnung und tröste mich mit deiner
Liebe! Amen.