Röm 5,11
C.O.Rosenius
Wir rühmen uns Gottes durch unseren Herrn Jesus Christus,
durch welchen wir nun die Versöhnung empfangen haben.
Röm. 5, 11.
Alles, was selig genannt werden kann, faßt der Apostel hier
in der ewigen Quelle und dem ewigen Ursprung aller Dinge,
nämlich in Gott selbst, zusammen und sagt: ,,Wir haben Gott
selbst, Er ist unser Freund und Vater, und darauf muß alle
Sicherheit und Seligkeit folgen. Erstens ist Gott viel mehr
als alle Seine Gaben. Seine Freundschaft ist mehr als die
Seligkeit des Himmels. Er ist die Sonne und die Seligkeit
im Himmel, wie auch schon hier Seine Freundschaft die
eigentliche Freudenquelle der Gläubigen ist. Zweitens sind
auch alle Gaben in Ihm enthalten. In Ihm ist unsere ganze
Gerechtigkeit und Stärke, in Ihm unser Friede und Trost. Er
ist unser Vater. Der ganze Reichtum und alle Sicherheit des
Kindes liegen im Vater. ,,Sind wir Kinder, so sind wir auch
Erben." ,,Da Gott Seines eigenen Sohnes nicht verschont hat,
sondern hat Ihn für uns alle dahingegeben, wie sollte Er uns
mit Ihm nicht alles schenken?"
Wenn du nun selbst die Freundschaft des großen, allmächtigen
Gottes besitzt, dann mußt du gewiß zu allen Stunden glücklich
sein. Wenn du sonst der Ärmste wärest, dann bist du jetzt
der Reichste. Wenn du der Geringste und Verachtetste wärest,
dann bist du nun der Ehrenvollste. Und wenn du der
Verlassenste und Einsamste wärest, dann hast du in Ihm und
durch Ihn jederzeit die herrlichste Gemeinschaft. - So sehen
wir David und andere Heilige sich über Gott freuen als ihren
eigentlichen und alleinigen Trost und Ruhm. ,,Meine Seele
soll sich rühmen des Herrn." Wie sie sollten auch wir uns
täglich Gottes rühmen, daß Er uns alles ist, dessen wir
bedürfen, so daß es im Herzen heißt: ,,Herr, mein Fels, meine
Burg, mein Erretter, mein Gott, mein Hort, auf den ich traue,
mein Schild und Horn meines Heils und mein Schutz!" In dieser
Weise müssen alle Gerechten ihren Gott kennen und sich Seiner
rühmen, wie der Prophet sagt: ,,Im Herrn wird aller Same
Israels gerecht und wird sich Seiner rühmen."
Durch unseren Herrn Jesus Christus, durch welchen wir nun die
Versöhnung empfangen haben. Der Apostel wiederholt immer
wieder, daß wir alle Gnade, alle Sicherheit und allen Ruhm
nur durch unseren Herrn Jesus Christus und Seine Versöhnung
haben. Und es ist auch höchst notwendig, dies beständig zu
bedenken. Unser ganzer Trost und unser Rühmen Gottes und der
ewigen Seligkeit sind sogleich entschwunden, sobald wir
unsere Augen von diesem einzig gültigen Grund und dieser
alleinigen Quelle abwenden und uns selbst zu sehen anfangen.
Dann zeigen sich bald Sünden und mannigfache Unwürdigkeit,
dann sind wir sogleich verzagt, und unsere Freude und unser
Rühmen Gottes sind vorbei. Bedenke darum: Alle Gnade, durch
die wir uns Gottes rühmen (daß Er unser ist mit allem, was
Er ist und hat), gründet sich nur auf die Versöhnung durch
Christus, nicht auf unsere Güte und Würdigkeit, sondern
allein auf die ewige Liebe, durch die Gott uns Seinen Sohn
gab, als wir noch ,,Sünder", ,,Gottlose" und ,,Feinde" waren.
Bedenke doch: Gott, der uns zu Seinen Kindern und Erben
erschuf, gab uns Seinen Sohn zu einem Heiland und Erlöser,
und wir wurden damals ,,durch den Tod Seines Sohnes mit Ihm
versöhnt." Es ist dies ein ewiger Trostgrund für arme Sünder,
der bei all unserem Wanken und Fallen selbst niemals wankt
noch fällt, sondern immer fest und unerschütterlich dasteht.
Denn du kannst leicht berechnen, daß Er, der das Größere tat
- nämlich uns, die wir Feinde waren, zu Freunden zu machen -,
viel mehr das Geringere tun wird, nämlich uns jetzt als teuer
Versöhnte zu behandeln, d.h. nicht auf unsere Sünden zu
blicken, und uns nun nicht nach dem Gesetz zu richten,
sondern uns immer gütig und gnädig zu sein und uns auch noch
zu der Seligkeit zu führen, zu der Er uns zuerst erschuf und
uns sodann so teuer erkaufte.
So notwendig es ist, sich immer Gottes zu rühmen, d. h.
jederzeit eine wirkliche Glaubenszuversicht, ein frohes,
herzliches Vertrauen zu Ihm zu behalten - worauf das ganze
geistliche Leben eines Christen beruht -, ebenso notwendig
ist es auch, allezeit das festzuhalten, was dieses enthält:
,,Durch unseren Herrn Jesus Christus, durch welchen wir nun
die Versöhnung empfangen haben." Vor allem, wenn unser Herz,
wie es zuweilen geschieht, ganz eiskalt gegen Gott ist, oder
wenn wir zerstreut und Ihm entfremdet sind, jetzt aber eine
Not entsteht, so daß wir beten müssen, - dann scheint es uns,
daß auch Gott eiskalt gegen uns sei und sich um uns nicht
kümmere, uns nicht sähe, beachte, noch unser Gebet höre.
Gerade dann ist es notwendig, dessen eingedenk zu sein,
daß dieses Bild von Gott ein ganz falsches, eine klägliche
Entstellung ist, die nur aus unserem kalten, ungläubigen
Herzen und von den Einflüsterungen des Teufels kommt.
Denn Gott der Herr hat sich in einer ganz anderen Weise
geschildert, nämlich als eine ewige und unermeßliche Liebe,
die den eigenen, geliebten Sohn für uns dahingab und zu allen
Zeiten diejenigen herzlich liebt, die an Ihn glauben. Er ist
ein zärtlicher Vater, der uns alle Stunden nahe ist, alle
unsere Bedürfnisse und Besorgnisse sieht und, ob Er sich auch
verbirgt und mit der Hilfe verzieht, doch immer ,,Seine Lust
daran hat, uns Gutes zu tun". Er kann nie kalt und
gleichgültig gegen diejenigen sein, die durch Seinen
geliebten Sohn so teuer versöhnt und darum in Ihm gerecht
sind.
Gott, Du bist mein Gott!
Ja, ich will es wagen,
Dieses große Wort Dir zum Ruhm zu sagen.
Das soll hinfort in allen meinen Nöten
Die Sorge töten.