Röm 5,9
C.O.Rosenius
So werden wir Ja vielmehr durch Ihn bewahrt werden vor dem
Zorn, nachdem wir durch Sein Blut gerecht geworden sind.
Röm. 5, 9.
Hier haben wir die gewaltigen Worte, die gleichsam mit der
Macht des Hebels auch die größten Steine von den Herzen der
Gläubigen wälzen können. Der Apostel sagt: Wenn die Liebe
Gottes zu uns, als wir noch Sünder waren, ohne Versöhnung,
ohne Rechtfertigung so groß war, daß Er freiwillig Seinen
eigenen Sohn für uns in den Tod gab, so werden wir ja
vielmehr durch Ihn bewahrt werden vor dem Zorn, nachdem
wir durch Sein Blut gerecht geworden sind. Das ist ja eine
überaus gewaltige, klare und tröstliche Schlußfolgerung, und
zudem ist es gerade der Trost, den alle Gläubigen nötig
haben. Denn das ist es doch, was alle wachen Christen,
die ihre Sünde erkennen, am meisten bekümmert, daß sie
befürchten, daß Gott ihnen wieder zürnen und hier alles
Unglück über sie ergehen lassen und sie schließlich verdammen
müsse. Darum ist es um so tröstlicher, daß der Apostel
gerade solchen Besorgnissen zuvorkommt und mit großer
Freimütigkeit gleichsam sagt: Gott hat aus Liebe zum Menschen
so viel getan! Als wir ohne Versöhner und ohne irgendwelche
Gerechtigkeit waren, gab Er Seinen einigen, geliebten Sohn in
einen blutigen Tod für uns dahin. Könnte Er jetzt, nachdem
wir in dem BlutSeines Sohnes gerecht geworden sind, diese
Gnade erschüttern und anfangen, uns unserem Verdienste und
dem Gesetz nach zu richten und zu behandeln? Wozu hätte Er
dann Seinen Sohn für uns in den Tod gegeben? Christus
spricht: ,,Gott hat Seinen Sohn nicht in die Welt gesandt,
daß Er die Welt richte, sondern daß die Welt durch Ihn selig
werde." Es war doch die Absicht und der Ratschluß Gottes, daß
wir mit der Dahingabe des Sohnes durch Ihn errettet und also
nicht mehr nach dem Gesetz gerichtet werden sollen, wenn
wir an Ihn glauben. Es ist darum unmöglich, daß Gott jetzt
in einer Weise handeln könnte, die gänzlich gegen die
Liebe Seines eigenen Wesens und gegen Seinen ewigen
Seligkeitsratschluß in Christus streitet. Solche Gedanken
von dem Zorn Gottes, die uns von dem alten Lügner eingeflößt
werden, entstehen nur in unseren Herzen. Im Herzen Gottes
aber waltet eine ewige Gnade über die, welche an Seinen Sohn
glauben.
Damit aber ist es nicht genug, daß Gott uns, als wir keine
Versöhnung hatten, so geliebt hat, daß Er Sein Leben für uns
dahingab, und darum auch jetzt, nachdem wir versöhnt sind,
noch weniger ohne Liebe sein kann. Der Apostel bemerkt hier,
daß auch wir, die wir glauben, jetzt vor den Augen Gottes
in einem ganz anderen Lichte stehen, nämlich als gerecht
gemacht. Wenn Gott uns, als wir noch Sünder waren, so
liebte, daß Er Seinen Sohn für uns dahingab, dann werden
wir jetzt ,,vielmehr durch Ihn bewahrt werden vor dem Zorn,
nachdem wir durch Sein Blut gerecht geworden sind." - Das
darfst du glauben!
Der Apostel sagt: ,,Wir sind gerecht geworden durch das Blut
Christi." Erstens ist es nicht durch unsere Frömmigkeit oder
unsere Werke geschehen, zweitens aber auch nicht durch
eine Milde Gottes, durch die Er etwas von Seinem Recht
erlassen hätte, sondern ,,durch Christi Blut". Hier war
,,Blutvergießen" erforderlich, und zwar kein geringeres als
das des Sohnes Gottes. Und wenn der Apostel zuvor (Vers 1)
die Worte ,,gerecht geworden durch den Glauben" und hier die
Worte ,,gerecht geworden durch Christi Blut" braucht, dann
merken wir aus seinen eigenen Worten, daß nicht der Glaube an
und für sich, sondern nur der von ihm umfaßte Gegenstand die
Versöhnung in Christi Blut, das Rechtfertigende ist. Etwas
Geringeres reichte nicht aus. Möchte darum niemand dem
Gedanken über das vollkommene Wesen Gottes Raum geben, daß Er
einen Menschen gerecht nennen würde, der es nicht wirklich
ist, d. h., daß Er ein Wort oder einen Buchstaben von Seinem
Gesetz erlassen und einen Menschen gerecht machen würde, ohne
daß alle Forderungen des Gesetzes für denselben richtig
erfüllt wären. Nein! Seine Urteile sind ebenso heilig und
unerschütterlich wie Seine Liebe. Die Worte ,,durch Sein
Blut" erinnern uns ernstlich daran, welch ein unendlich
schlimmes Übel die Sünde ist, sowie an die strenge
Gerechtigkeit Gottes und an Seine Entschiedenheit darin,
Sein erstes Urteil ,,welches Tages du davon issest, wirst du
des Todes sterben" auszuführen. Hätte Christus nicht Sein
Blut vergossen, und wäre Er nicht mit demselben in das
Allerheiligste eingegangen, dann hätte Er für die Sünder
nicht ,,eine ewige Erlösung erfunden". Weil ,,das Leben im
Blutist" und also das Blut Christi gleichbedeutend mit
Seinem Tod ist, mit welchem Sein Versöhnungswerk vollbracht
wurde, so wird überall in der Schrift ,,das Blut des Lammes
,,als unsere Versöhnung gepriesen.
Wohlan! Wenn also alles dem Gesetz gemäß für uns durch den
großen Mittler und Hohenpriester erfüllt ist, so laßt uns
fröhlich sein, Ihn preisen und Ihm die Ehre geben, indem wir
aufrichtig glauben und bekennen, daß wir wirklich und dem
Gesetz gemäß gerecht sind, nicht mit einer eingebildeten und
erdichteten Gerechtigkeit, sondern mit einer solchen, die
allen Forderungen des Gesetzes vollkommen entspricht und wie
sie das Wort ,,gerecht" meint. ,,Das Blut Jesu Christi, des
Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde."
Dein eigen Blut
Hab ich Dich gekostet, mein Bürge gut.
Was könntest Du mehr mir wohl geben?
O, lehre mich's sehn,
Den Wert zu verstehn,
Und werde Du selber mein Leben.