Röm 5,6
D.Rappard
Christus ist für uns Gottlose gestorben.
Röm. 5,6.
Ein junges Mädchen trat in den Dienst eines christlichen
Hauses. Die Mutter merkte bald, wie unwissend die junge Frau in
göttlichen Dingen war und gab ihr etwas Unterricht.
So sollte sie eines Sonntags einige Sprüche aus dem Römerbrief
auswendig lernen. Nach einer Weile kam sie ganz bleich
vor innerer Erregung zu ihrer Frau ins Zimmer und sagte: ,,In
dieser Bibel ist ein Fehler. Es steht da, Christus sei für die
G o t t l o s e n gestorben. Das kann doch nicht richtig sein. Ist
er nicht für die Gläubigen gestorben?" - Das gab eine kostbare
Gelegenheit, der jungen Seele das Evangelium vom Sünderheiland
zu sagen. Sie nahm es kindlich gläubig auf und durfte
etliche Jahre später Diakonisse werden, hat auch zu ihrem
Einsegnungsspruch kein anderes Wort gewählt als dieses:
C h r i s t u s i s t f ü r u n s G o t t l o s e
g e s t o r b e n. In Kraft dieses Glaubens ist sie aus treuem
Dienst selig heimgegangen. Ja, Gott sei gepriesen! Es ist kein
Druckfehler, sondern eine wunderbare Wahrheit, daß Christus für
uns, v o n G o t t l o s e n Menschen gestorben ist, damit wir,
durch den Glauben, m i t G o t t v e r e i n t und ewig selig
würden. So tief stieg er zu uns herab; so hoch führt er uns auch
hinauf.
Nicht mein Wollen und mein Tun
Hat den Himmel mir erworben;
Nur auf Einem kann ich ruhn:
Christus ist für mich gestorben!
W.MacDonald
»Denn Christus ist, als wir noch kraftlos waren, zur
bestimmten Zeit für Gottlose gestorben.« Römer 5,6
Jesus Christus ist nicht gekommen, um Gerechte zu berufen,
und Er ist auch nicht für die guten Menschen gestorben. Für
die anständigen, ehrbaren, feinen Leute ist Er nicht ans
Kreuz gegangen. Er ist vielmehr für die Gottlosen gestorben.
Natürlich ist die gesamte Menschheit von Gottes Standpunkt
aus gesehen gottlos. Wir sind alle in Sünden geboren und
voller Ungerechtigkeit. Wie verlorene Schafe sind wir in die
Irre gegangen, und jeder hat nur auf seinen eigenen Weg
geachtet. In Gottes Augen stehen wir verdorben, unrein und
widerspenstig da. Und unsere höchsten Anstrengungen, das
Gute zu tun, sind vor Ihm nichts weiter als stümperhafte
Versuche. Das Traurige daran ist nur, daß die meisten
Menschen nicht bereit sind zuzugeben, daß sie gottlos sind.
Sie vergleichen sich mit den kriminellen Elementen in ihrer
Gesellschaft, und dann meinen sie, sie wären doch ganz gut
für den Himmel geeignet. Sie sind so wie eine vornehme
ältere Dame aus besten Kreisen, die stolz auf ihre sozialen
Tätigkeiten und ihre großzügigen und mildtätigen Spenden war.
Als ein christlicher Nachbar ihr von seinem Glauben erzählte,
meinte sie, sie hätte es nicht nötig, errettet zu werden;
ihre guten Werke würden doch ausreichen. Sie erzählte, daß
sie Mitglied einer Kirchengemeinde sei und von einer langen
Ahnenreihe von »Christen« abstammte. Der Nachbar nahm ein
Stück Papier, schrieb darauf in großen Buchstaben GOTTLOS,
gab der Dame das Papier zurück und fragte: »Hätten Sie etwas
dagegen, wenn ich das außen an Ihrem Haus befestigen würde?«
Als sie das Wort sah, standen ihr die Haare zu Berge: »Und
ob ich was dagegen hätte!« sagte sie. »Niemand soll von
mir sagen, daß ich gottlos bin!« Er erklärte ihr dann, daß
die Heilstat Christi für sie keine Gültigkeit haben könnte,
solange sie sich weigerte, ihre sündige, verlorene,
hoffnungslose Lage zuzugeben. Wenn sie nicht bekennen
wollte, daß sie in Wahrheit gottlos war, dann war Christus
auch nicht für sie gestorben. Und wenn sie nicht verloren
war, dann konnte sie auch nicht gerettet werden. Wenn sie
sich gesund fühlte, dann hatte sie ja den großen Arzt gar
nicht nötig. In einer großen Stadthalle fand einmal
eine besondere Feier statt. Sie wurde extra für Kinder
veranstaltet, die an irgendwelchen körperlichen Behinderungen
litten. Sie kamen in Rollstühlen und auf Krücken oder wurden
an der Hand hereingeführt. Während die Feier in vollem Gange
war, fand ein Wächter draußen auf der Treppe vor dem Gebäude
einen kleinen Jungen, der laut weinte. »Warum weinst du
denn?« fragte er mitleidig. »Weil sie mich nicht
reinlassen.« »Und warum lassen sie dich nicht rein?« Der
Kleine schluchzte: »Weil ich so gesund bin.« Genauso ist es
auch mit dem großen Fest des Evangeliums. Wenn mit uns alles
in Ordnung ist, dann können wir nicht hereinkommen. Wenn wir
überhaupt Zugang haben wollen, müssen wir erst beweisen, daß
wir Sünder sind. Wir müssen anerkennen, daß wir gottlos
sind. Denn für die Gottlosen ist Christus gestorben. Roger
Munger hat dazu gesagt: »Die Kirche ist der einzige Verein
in der Welt, in dem die Vorbedingung für die Mitgliedschaft
darin besteht, daß der Kandidat völlig unwürdig ist.«