Röm 5,1
C.O.Rosenius
Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben,
so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus
Christus. Röm. 5, 1.
Hier liegt das große Geheimnis! Hier ist die ewige Grundlage
des wundersamen Friedens der Christen. Und hier ist das
offenbart, was den armen Herzen fehlt, die keinen Frieden
haben. Der Apostel sagt nicht: Nun wir so geworden sind, wie
wir sein sollen, so fromm und so gut; nein, er sagt: ,,Nun
wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben."
Es ist gewiß sehr schön, ja, wichtiger und notwendiger als
alles, was in der Welt ist, daß du so ernstlich deine
Gottesfurcht übst, fleißig und andächtig betest, fleißig
das Wort Gottes liest und hörst, ernstlich gegen das Böse
streitest und dem Guten nachjagst. Dennoch aber hast du
keinen Frieden mit Gott und bist Seiner Gnade nicht gewiß,
sondern bist unruhig und ängstlich. Und das nicht ohne
Grund, denn du kannst bei all dieser Frömmigkeit verdammt
werden. Etwas viel Höheres ist erforderlich, um vor dem
heiligen Gott und im Feuer des Gerichtes zu bestehen.
Dein Gewissen sagt es dir auch: Etwas viel Größeres
ist erforderlich als die Frömmigkeit aller Frommen, als
die Heiligkeit aller Heiligen. - Hier verschlägt nichts
Geringeres als der Tod Christi, des Sohnes Gottes, als durch
den Glauben in Ihn gekleidet zu sein - durch den Glauben
gerecht zu sein und Frieden zu haben mit Gott durch unseren
Herrn Jesus Christus. Hier ist erforderlich, daß dein Herz
den Trost erhalten hat und du von Herzen überzeugt sagen
kannst: ,,Christus ist gestorben für mich, für mich, darauf
poche ich; nicht darauf, daß ich fromm, gläubig, ernst bin,
sondern darauf, daß Christus fromm ist, daß Christus heilig
und vollkommen ist, daß Christus sowohl das Gesetz erfüllt
als auch den Tod, der der Sünde Sold war, erlitten hat. Das
geschah für mich und reicht auch hin für alle meine Sünden;
es ist genug, ewig genug, dessen getröste ich mich."
Daß du nie Frieden bekommen hast, rührt also daher, daß du
in deinem eigenen Namen, in dir selbst hast gerecht und
selig werden wollen. Wäre das aber möglich gewesen, so wäre
Christus vergeblich gestorben. Du hast nicht erfahren, was
der rechte Glaube besagen will. Zwischen Glaube und Glaube
ist ein großer Unterschied. Du hast vielleicht ganz gut die
Lehre von Christus und der Versöhnung gekannt, derselben
zugestimmt und gemeint, daß, wenn du nicht an ihr zweifelst,
du dann auch den Glauben hättest. Dein Sinn aber ist so
gewesen, daß du glaubtest: Zwar ist alles gut mit dem
Verdienst Christi, darin ist kein Fehler; aber in mir ist der
Fehler, in mir muß ihm abgeholfen werden. Und so bist du mit
beiden Augen von Christus weg und in dich hinein gewendet
gewesen. Wie sollte es da möglich sein, daß du Frieden
finden möchtest? Wie konntest du da den rechten Glauben
haben?
Alles ist wohl mit der Versöhnung Christi, aber der Fehler
liegt an dir, du verstehst nur nicht, daß dieser Fehler in
dir so groß ist. Ihm kann mit aller Arbeit an dir selbst nie
abgeholfen, und er kann nie anders gutgemacht werden, als
dadurch, daß du an dir und all deiner Besserung verzweifelst
und in Christus allein deine Errettung suchst. Du hast
keinen Frieden bekommen, weil du geglaubt hast, alles müsse
bei dir gutgemacht sein, bevor du Frieden haben könntest; du
hast nicht geglaubt und verstanden, wie verloren es mit dir
ist und wie alles in Christus vollkommen und gutgemacht ist,
Du hast wohl gefühlt, daß du ein großer Sünder, nicht aber,
daß du ein ganz verlorener Sünder bist. Und von Christus
hast du wohl geglaubt, daß Er große Sünder errettet, nicht
aber einen solchen, wie du bisher gewesen bist. Oder wenn du
auch geglaubt hast, daß Er auch solche wie dich errettet, so
hast du doch für deine eigene Person nicht geglaubt, daß auch
,,du in Jesu Blut warst g'nug selig, heilig, rein und gut",
daß auch du Vergebung für alles bekommen hattest und ein Kind
Gottes würdest. Du hast dich ohne den Trost zufriedengegeben
in Erwartung einer Besserung oder eines Gefühls, die kommen
und dir sagen würden, wann du Gnade hättest. Dies sind die
einfachsten Ursachen, weshalb suchende Menschen keinen
Frieden erlangen. Andere liegen in noch größerer
fleischlicher Sicherheit versenkt, ihnen ist noch etwas
anderes wichtiger als die Gnade Gottes, sie haben Götzen
und Schoßsünden von denen sie sich nicht trennen wollen -
und dann ist es gut, daß sie nicht Frieden bekommen. -
Um den Frieden Gottes zu bekommen, ist nichts so wichtig wie
die Gnade Gottes. Du darfst dich nicht eher zufriedengeben,
bis du die selige Gewißheit derselben erhalten hast; zweitens
mußt du lernen, an allem Unternehmen, an allem Tun und Werden
zu verzweifeln und so wie du bist, als ein noch unwürdiger,
ja, verlorener Sünder deine ganze Errettung allein in
Christus zu suchen. Drittens darfst du Gewißheit nicht im
Gefühl erwarten durch eine innere Antwort in deinem Herzen,
sondern du mußt die Antwort da nehmen, wo Gott Sie gegeben
hat - im Worte, nur im Worte. Dann ist der Glaube aber schon
angezündet, wenn es mit dir dahin gekommen ist, daß du vor
allem anderen dies suchst, bei dir seufzend: ,,Wenn ich nur
Gottes Gnade hätte, dann würde ich mir nichts Höheres auf
Erden wünschen, dann achtete ich nicht darauf, was ich auch
immer leiden müßte! Wenn ich nur an Christus glauben und in
Ihm erfunden werden könnte! Wäre ich nur dessen gewiß, daß
sein Verdienst mir angehörte! Und ich will ans Wort glauben,
ich will nicht auf Gefühle warten,- wenn ich nur glauben
könnte!... Dann wird es nicht fehlen, daß die Seele die
Gewißheit der Gnade erhält und vollen Frieden bekommt. Für
diese Sache wird Gott sorgen.