Apg 26,22
A.Christlieb
Die Stärke der wahren Gottesknechte.
Apostelgeschichte 26, 22.
Unser Wort ist der Siegesgesang eines Mannes, der umringt
ist von größten Schwierigkeiten.
Paulus steht in Ketten gebunden vor Fürsten und Königen.
Er hat seine Bekehrung und die Verfolgung durch die Juden
berichtet und bricht nun in jenen Triumph aus. Diese Worte
zeigen uns, daß die Stärke des Paulus und aller wahren
Gottesknechte in drei Stücken beruht:
I.
,,Durch H i l f e G o t t e s ist es mir gelungen und stehe
ich bis auf diesen Tag".
Alle Macht und List der Feinde, die Paulus umbringen wollten,
muß scheitern, weil eine hohe Gewalt da ist: Gottes Hilfe.
Schon in Damaskus wollten ihn die Juden umbringen. Aber:
,,Durch Gottes Hilfe stehe ich bis auf diesen Tag". Auf
seinen Reisen ist er oft bedroht gewesen von Mördern.
In Lystra ist er sogar gesteinigt worden und wie tot
liegengeblieben. Aber: ,,Durch Gottes Hilfe stehe ich bis
auf diesen Tag". In Jerusalem wollte ihn der Volkshaufen
zerreißen und schrie: ,,Es ist nicht billig, daß er leben
soll". Vierzig Jünglinge verschworen sich, ihn umzubringen.
Aber: ,,Durch Gottes Hilfe stehe ich bis auf diesen Tag".
Diese Worte deuten hin auf das Geheimnis, dem Paulus alles
Wohlgelingen seiner Arbeit und alle Bewahrung vor feindlichen
Anschlägen zuschreibt.
Das ist auch die Stellung jedes wahren Arbeiters im Reiche
Gottes. Solange wir unserer eigenen Klugheit und Fähigkeit
irgend etwas zuschreiben, sind wir Toren. Wenn wir aber ganz
von der Hilfe des Allmächtigen leben, sind wir im rechten
Fahrwasser.
Weshalb ging David von Sieg zu Sieg? Die Antwort der Bibel
lautet: ,,Der Herr half David, wo er hinzog" (2. Samuel 8,
6). Weshalb kam Mose trotz aller Wut Pharaos mit dem Leben
davon? Er sagt: ,,Der Gott meines Vaters ist meine Hilfe
gewesen" (2. Mose 18, 4). Wie ist es möglich, daß Hiskia
gegen Sanherib stehen kann? Die Bibel antwortet: ,,Der Herr
half Hiskia aus der Hand Sanheribs" (2. Chronika 32, 22).
Er, der ,,dem hilft, der keine Stärke hat" (Hiob 26, 2); Er,
der ,,den Elenden herrlich hilft" (Psalm 149, 4); Er, der
,,ein Meister ist zu helfen" (Jesaja 63, 1), muß unsere
Stärke werden. Dann sind wir geborgen.
II. Das zweite Geheimnis der Kraft des Paulus liegt in
dem einfachen Wort: ,,Durch Gottes Hilfe stehe ich u n d
b e z e u g e ." Der Ausdruck ,,bezeugen" bedeutet: Kundtun
von solchem, was man persönlich erfahren hat. Zeugen vor
Gericht müssen aussagen, was sie selbst erlebt, gehört und
gesehen haben. Paulus konnte zeugen, denn Gott hatte ihm
etwas gegeben und gezeigt. Menschliche Begabung und
Gelehrsamkeit macht niemanden zum ,,Zeugen".
Laßt uns zu Gott flehen, daß er unserem Land und unserer Zeit
wahre Zeugen beschere. Mit ,,Referenten" und ,,Nachbetern"
ist nicht viel gedient!
III.
Endlich liegt Pauli Stärke in der vorsichtigen Zurückhaltung,
die er übt. Sie ist angedeutet in dem Wort: ,,Ich sage
nichts außer dem, das die Propheten gesagt haben und Mose".
Welche Arbeiter sind in Gefahr, irre zu gehen? - Die, welche
auf eigene Fündlein verfallen! Und welche bringen gute
Früchte? - Die nichts bringen, als was die Schrift sagt, und
diese Wahrheiten in Gottes Kraft bezeugen. Gott mehre die
Zahl solcher Zeugen bei uns!
C.Eichhorn
Ein aufrechter Mann
Ich stehe bis auf diesen Tag. Apg. 26, 22
Ein vielsagendes Wort! Wieviel stürmte doch auf den Apostel
ein! Es kamen Stöße aus der sichtbaren und unsichtbaren
Welt. Doch nichts konnte ihn umwerfen. Sein Leben war eine
Kette wunderbarer Durchhilfen seines Gottes.
Seit wann stand eigentlich der Apostel fest auf den Füßen?
Von dem Tag an, an dem er vor dem Herrn Jesu auf die Knie
niedergesunken und vor ihm zusammengebrochen war. "Stehe
auf, tritt auf deine Füße!" sprach der Heiland damals zu ihm.
Zu einem festen Standpunkt kommt niemand, wenn er nicht zuvor
zerbrochen am Boden lag. Als Paulus noch Saulus war, schien
er wohl auch fest zu stehen. Er stand fest in seiner eigenen
Gerechtigkeit und auf seinen eigenen Entschlüssen. Als er
die Reise nach Damaskus unternahm, stand er fest auf der
Vollmacht, die er vom Hohenpriester empfangen hatte, die
Christen festzunehmen und gefangenzusetzen. Er stand fest
auf seinen Irrtümern und seinem Eigenwillen. "Ich meinte bei
mir selbst, ich müßte viel zuwider tun dem Namen Jesu von
Nazareth."
Aber als der Herr Jesus über ihn kam, fiel er um. Alle die
Gedanken, im denen der Mensch gefangen ist, brechen zusammen
wie ein Schilfrohr, wenn der Geist Gottes über ihn Macht
gewinnt. Und nun kann er wirklich gegründet werden auf dem
Grund und Fels der Wahrheit, welcher ist Jesus Christus. Wir
stehen nur fest in der Gnade (Röm. 5, 2), im Glauben (1.
Kor. 16, 18), im Herrn (Eph. 6, 10). Außer dem Herrn
gleicht der Mensch einem Trunkenen, einem schwankenden Rohr,
einer Wetterfahne. Er läßt sich wohl dünken, daß er stehe.
Aber diese eingebildete innere Festigkeit, Tugend und
Gerechtigkeit endet mit Fall. Weltmenschen zeigen sich nach
außen fest und konsequent, und doch sind sie im innersten
Grund haltlos.
Wen der Herr hinstellt, der steht wie eine eiserne Mauer. In
sich selbst fühlt er sich schwach und oft ganz ohnmächtig.
Aber eher müßte Christus fallen als einer, der auf ihn
gegründet ist. Die dürren Zweige fallen im Sturm, und die
Spreu verweht. "Wer Jesus bei sich hat, kann sicher stehen
und wird im Leidensmeer nicht untergehen." Er wird auch am
Tag des Gerichts stehen dürfen vor des Menschen Sohn und
wird nicht weggeworfen werden wie die Schlacken.
Laßt uns unseren Standpunkt nicht in den Dingen der Welt,
auch nicht in der eigenen Kraft einnehmen! Denn die Welt
vergeht, und unsere Macht ist bald dahin. Laßt uns auch
nicht auf die eigene Gerechtigkeit uns gründen, denn sie ist
morsch, auch nicht auf die Gefühle unseres Herzens, denn sie
sind schwankend, endlich auch nicht auf menschliche Gedanken
und Meinungen, denn sie sind Irrlichter! Nehmen wir unsern
Standpunkt in Jesu Christo ein und in seinem Wort! Dann
dürfen wir wie Paulus ausrufen: "Ich stehe bis auf diesen
Tag!"