Apostelgeschichte

Apg 23,11 A.Christlieb Eine dreifache Stärkung. Apostelgeschichte 23, 11.

Es gibt an allen Enden und Ecken ,,Restaurationen", die diesen Namen eigentlich nicht verdienen. Wörtlich bedeutet das nämlich ,,Erquickungen". Wahre Erquickung ist nur anderswo zu finden. Sie ist bereitet für die Himmelspilger, denen ihr Herr auf dem Wege allerlei Stärkungen bereitet, wie sie es gerade nötig haben. Eine solche Erquickung schenkt Gott auch hier dem tief niedergebeugten Paulus am Anfang seiner Gefangenschaftszeit, indem er in der Nacht bei ihm steht und spricht: ,,Sei getrost, Paulus! Denn wie du von mir zu Jerusalem gezeugt hast, also mußt du auch zu Rom zeugen" (V. 11).

In diesen Worten lag für Paulus eine dreifache göttliche Zusicherung, die ihn unaussprechlich erquicken mußte.

I.

Zuerst versicherte ihn Gott seiner Gnade und Freundlichkeit. O, wie viel Unfreundlichkeit hatte Paulus soeben erfahren. Wiederholt wollte ihn der Volkshaufen zerreißen und umbringen. Sie schrien: ,,Es ist nicht billig, daß er leben soll". Der Hohepriester läßt ihn ,,aufs Maul schlagen", der Hauptmann befiehlt, ihn zu binden und zu geißeln. Wenn auch die Pharisäer sich im Augenblick etwas freundlicher stellen, so ist es doch keine wahrhafte Freundschaft. Am liebsten hätten ihn alle tot gesehen.

Und diesen Mann, den die blinde Welt so unfreundlich behandelt, zeichnet Gott mit einem besonderen Freundlichkeitserweis aus. ,,Sei getrost, Paulus!" Wie hebt solch eine Erquickung uns über allen Menschenhaß hinweg! Was schaden einem Abel die finsteren Kainsblicke, wenn Gott ihn gnädig ansieht? Was schaden einem David die bösen Eliabsworte, wenn Gott ihn seine Friedensnähe spüren läßt? Ja, was kann die schnaubende Volkswut dem Stephanus tun, wenn er den geöffneten Himmel über sich sieht!

Ach, laßt uns weniger um Menschengunst, als um Gottes Gnade uns bekümmern. Denn nur diese erquickt und hält stand in jeder Lage. Wenn der Allmächtige uns freundlich anblickt - und das tut er bei allen Sündern, die bußfertig zum Kreuz fliehen -, dann darf uns viel, viel Menschenunfreundlichkeit nicht mehr schaden.

II.

Aber nicht nur seiner Freundlichkeit, sondern auch seines ganz bestimmten S c h u t z e s versichert Gott den Paulus. Denn wenn er ihm verheißt, ihn nach Rom zu bringen, so sagt er ihm damit ganz gewiß zu, daß alle Anschläge auf sein Leben, von denen er umgeben war, scheitern würden.

Welche Gefahren umgeben hier den Paulus! Gewalt wollte ihn umbringen, List wollte ihn umzingeln, Ankläger wollten ihn zum Verbrecher stempeln. Das ganze Volk schien gegen ihn zu sein, entschlossen, seinen Untergang durchzusetzen.

Aber wer will dem schaden, den Gott schützt? Wenn Gott einen Luther decken will, so kann kein Kaiser mit seiner Acht und kein Papst mit seinem Bann ihm schaden. Wenn der Herr einen Elias deckt, so mögen vierhundert im Sold des Königs stehende Propheten des Baal gegen ihn auftreten - keiner kann ihm ein Haar krümmen! Wenn Gott einen David schützt, so kann Saul so viel Späher und Truppen aufbieten, wie er will, er fängt ihn nie.

O, laßt uns doch alle unter Gottes allmächtigen Schutz flüchten. Sein Name ist das festeste Schloß, seine Verheißung die sicherste Mauer.

III.

Zuletzt bekam Paulus die Zusicherung, er habe noch wichtige Arbeit zu tun. ,,Wie du von mir zu Jerusalem gezeugt hast, also mußt du auch zu Rom zeugen!"

Was hätte dem gefangenen Paulus das Herz wohl am schwersten bedrückt? Der Gedanke daran, daß er in Zukunft nicht mehr dem Reich Gottes dienen dürfe. Das ist für einen Arbeiter, den Gott gesegnet hat, besonders drückend. Aber Gott versichert ihn, er soll noch weiter als Zeuge Jesu gebraucht werden. Wie muß dadurch das Herz des Paulus mit Lob und Dank erfüllt worden sein! Was gab es für ihn Schöneres, als für seinen Heiland zeugen zu dürfen!

Wenn Gott einem zusammenbrechenden Elias unter dem Wacholder neue Arbeit gibt, und wenn Jesus einen gefallenen Petrus wieder die Schafe weiden heißt, so sind das selige Worte für Gottes Knechte.

Die Welt und die Teufel lassen ihre Anhänger im Elend stecken. Sie sind wie die Tröster Zedekias, die ihn überredeten, in den Schlamm führten und dann drin stecken ließen (Jeremia 38, 22). Aber Gott läßt seinen Knecht Paulus im einsamen Gefängnis nicht allein, sondern labt ihn mit Himmelskost. Wohl allen, die sich diesem Gott anvertrauen.





S.Keller Apostelgesch. 23, 11: «Sei getrost Paulus! Denn wie du von mir zu Jerusalem gezeugt hast, also mußt du von mir auch in Rom zeugen.»

Getrost soll er sein, weil sein Gott noch eine Arbeit für ihn hat. Darum kann ihm nichts geschehen! Das Muß jener Aufgabe ist sein Schutz. Was wohl der Herr mit uns vorhat? Solche Gesichte und Stimmen sind doch heute nicht an der Tagesordnung in Gottes Reich. Nun, nicht jeder von uns hat in ähnlicher Weise das Wort zu verkündigen. Aber ein Zeugnis von Christo muß doch sowieso unser ganzes Leben sein; einerlei, ob in Leiden oder Ehrung, Zeugnis ist unser ganzes Leben, das wir mit Christo leben. Wie war darin der heutige Tag? War eins von deinen Zeugnissen zu schwach oder zu überstiegen oder unklar oder unecht? Das Zeugnis von Christo soll Leben wecken, andere mit anstecken und anreizen, es auch mit ihm zu versuchen. Haben wir den Herrn ins rechte Licht gestellt? Oder fiel dabei unnötig viel Licht auf uns? Der Zeuge soll ja nur sein wichtiges Zeugnis für Christum anbringen, aber nicht damit sich selbst herausstreichen. Können wir alle, wenn wir an die Art solches unseres Zeugnisses denken, uns des getrösten, daß der Herr damit zufrieden war?

Herr, du siehst bis ins innerste Mark unseres Glaubens und Liebens. Du weißt, wie schwach und schlecht oft unser Zeugnis für dich war. Vergib und hilf, daß wir noch Gelegenheit haben, es besser und treuer zu tun. Amen.





Ch.Spurgeon "Aber in der folgenden Nacht trat der Herr zu ihm und sprach: Sei getrost, Paulus! Denn wie du in Jerusalem von mir gezeugt hast, so sollst du auch in Rom zeugen." Apostelgeschichte 23,11

Der Hauptmann hatte Paulus dem wütenden Pöbel entrissen und ins Gefängnis geworfen. In der Stille der Nacht trat der Herr zu ihm und sprach: "Sei getrost!" Paulus konnte diesen Zuspruch gebrauchen, denn auch dem Mutigsten konnte unter solchen Umständen bange werden, wenn er an die Gefahren dachte, die ihm noch drohten. Aber jetzt stand der Herr bei ihm. Wenn ihn alle anderen verließen - er hatte ja den Herrn Jesus zum Freund. Wenn ihn alle verachteten, so wußte er, daß Jesus ihm zulächelte. Besser im Gefängnis mit dem Herrn als im Himmel ohne ihn. Wenn der Herr mit im Gefängnis ist, so mögen die Ketten klirren, wir sind doch nicht traurig. Der Herr stand ihm bei. Das gilt all denen, die Gott mit Eifer und Treue dienen. Wenn du, mein Bruder, für den Herrn arbeitest, wird er dich ganz gewiß nicht verlassen. Er steht dir gewiß bei, auch wenn dein Dienst Traurigkeit und Niedergeschlagenheit mit sich bringt. Hast du einmal einen Freund verlassen, der seine Kraft für dich geopfert hat? Dann kannst du doch deinem Herrn nicht zutrauen, daß er unedel gegen dich handeln könnte. Er ist treu und wahr. Wenn er zu deiner Rechten steht, kannst du nicht wanken, mögen dich auch alle deine bisherigen Gehilfen verlassen oder auf die Seite deiner Gegner treten.

Ein großer Trost für Paulus war, daß der Herr wußte, wo und in welcher Lage er sich befand. Vielleicht liegst du im Kerker der Schmerzen, oder du bist in der engen Zelle der Armut oder in der dunklen Kammer der Verlassenheit oder im Kerker der Bedrückung des Gemüts. Der Herr weiß, wo du bist!

Und nun noch ein weiterer Trost: "Denn wie du in Jerusalem von mir gezeugt hast, so sollst du auch in Rom zeugen." Der Herr tröstet uns mit der Aussicht, daß wir ihm auch künftig dienen dürfen. Frisch auf, mein müder Bruder, dein Tagewerk ist noch nicht getan. Das Sprichwort ist wahr: "Du bist unsterblich, bis dein Werk getan ist. Streife die Mutlosigkeit und Niedergeschlagenheit ab, denn du hast noch eine segensreiche Wirksamkeit vor dir!"