Apg 22,30
A.Christlieb
Das unerschrockene Auftreten des Paulus vor dem Hohen Rat.
Apostelgeschichte 22, 30; 23, 1.
Als Paulus von dem Oberhauptmann vor den Hohen Rat gestellt
wurde, hatte er viel Grund, ängstlich zu werden.
Vor ihm stand die oberste Gerichtsbehörde seines Volkes. Da
waren die Männer beisammen, die einst Jesus und Stephanus
verurteilt hatten. Er wußte als früheres Mitglied
dieses Kollegiums genau, welchen Haß sie gegen seinen
Glaubensstandpunkt einnahmen. Seine Lage war nicht rosig.
Dennoch war er mutig und getrost. Das sehen wir in dem Blick
seiner Augen und den Worten seines Mundes. Nicht scheu und
furchtsam blickte er auf die Versammelten, sondern ,,er sah
sie fest an" (wörtliche Übersetzung).
D i e s e r B l i c k d e s P a u l u s i s t
b e a c h t e n s w e r t. Er zeigt uns, wie völlig
sicher er seiner Sache war. Keinen Augenblick wurde er
schwankend im Blick auf die Richtigkeit des ihm befohlenen
Weges. Auch die Macht und das Ansehen der hohen Behörde
machten ihn nicht irre. - Was sind sterbliche Menschen für
einen wahren Knecht Christi! (Jesaja 51, 12. 13; Psalm 56,
5. 12; Hebräer 11, 27; 1. Könige 17, 1; 2. Könige 3, 13.
14).
Wo lag das Geheimnis dieser Unerschrockenheit bei Paulus?
Das zeigen uns seine ersten Worte: ,,Ich habe mit allem
g u t e n G e w i s s e n gewandelt ..." Wer ein gutes
Gewissen hat, der darf auch vor die höchste Behörde ruhig
und getrost hintreten. Das zeigt uns ein Luther in Worms.
Wer aber von einem schlechten Gewissen verklagt wird, den
können die schwächsten Menschen in Angst bringen.
Laßt uns auf das gute Gewissen acht haben! (Kap. 24, 16;
2. Korinther 1, 12; 1. Timotheus 1, 19; 3, 9; 4, 2; Titus 1,
15; 1. Petrus 3, 16; Hebräer 13, 18).
Dann wird Gottes Gnade auch uns zur rechten Stunde die nötige
Unerschrockenheit verleihen, die sich von der Dreistigkeit
und Frechheit des natürlichen Menschen wie der Tag von der
Nacht unterscheidet.