Apg 22,22
A.Christlieb
Drei Lehren aus dem Wutgeschrei der Feinde.
Apostelgeschichte 22, 22. 23.
Aus dem Wutausbruch und dem Toben der Volksmassen gegen
Paulus wollen wir drei stärkende und tröstende Lehren für
die Jünger Jesu entnehmen:
I.
Niemals braucht sich ein Christ durch Behauptungen großer
Volksmassen schwankend und unsicher machen zu lassen. Wir
leben in einer Zeit großer Massenkundgebungen. Wir wollen
über dieselben keinerlei Urteil fällen. Aber soweit
dieselben sich mit Fragen der Religion oder des Glaubens
befassen, sagen wir: Niemals lassen wir uns in diesem
Gebiet durch irgendwelche Behauptungen großer Volksmassen
beeinflussen und fortreißen. Wir prüfen die Richtigkeit
aller Aussagen nicht nach der Menge und dem Eifer ihrer
Verfechter, sondern allein nach der Übereinstimmung mit dem
Wort Gottes.
II.
Kein Zeuge Jesu braucht den Mut zu verlieren, wenn einmal
jeder sichtbare Erfolg seines Zeugnisses ausbleibt. Paulus
hatte eine Rede voll göttlicher Kraft und Weisheit gehalten.
Man hätte tiefe innere Segnungen, Erweckungen und Bekehrungen
bei den Zuhörern erwarten können. Stattdessen war Unwille,
Wut und Zorn das Resultat seines Zeugnisses. Das mag manchem
Knecht Gottes zum Trost dienen, der die gewünschte Frucht des
Wortes nicht zu sehen bekommt. Es mag auch andere davor
bewahren, allzu schnell über einen Zeugen Jesu ein Urteil zu
fällen, dessen Wort nicht gleich von Erfolg begleitet ist.
Niemand sage von einem solchen, es müsse irgendetwas bei ihm
nicht stimmen, weil seine Verkündigung nicht sichtbare Frucht
bringt. Paulus wandelte und redete sicherlich vor Gott,
dennoch richtete hier sein Wort, soweit Menschenaugen sehen,
nichts aus.
III.
Ein dritter Trost, den wir dieser Szene entnehmen, sei der,
daß niemand den Mut zu verlieren braucht, wenn es einmal um
die Sache des Wortes Gottes schlimm zu stehen scheint.
Wenn man sich die Volksmenge vergegenwärtigt, die den Tod des
Paulus wünscht, so war hier - menschlich gesprochen - viel
Anlaß zu Sorge und Angst für die Sache des Herrn Jesu. Das
ganze Volk verwarf ja das Evangelium in Grund und Boden.
Dennoch hat dies alles den Lauf des Wortes nicht aufgehalten.
Was erreichte der ganze Wutausbruch? Er bekräftigte die
Wahrheit des W o r t e s J e s u (,,Sie werden nicht
aufnehmen dein Zeugnis von mir"). Er half, den P l a n
J e s u verwirklichen, nach welchem Paulus vor Könige den
Namen Jesu tragen und auch in Rom von ihm zeugen solle. Er
brachte dem Knecht Jesu mannigfache neue Glaubenserfahrungen.
Laßt die Feinde ruhig toben. Sie müssen zuletzt die Sache
Jesu nur fördern und seine Befehle ausrichten helfen.
A.Christlieb
Drei Irrtümer der gegen Paulus tobenden Volksmenge.
Apostelgeschichte 22, 22. 23.
,,Warum toben die Heiden, und die Völker reden so
vergeblich?" Dieser zweite Psalm, den Israel oft im Blick
auf die Heidenvölker sang, darf hier auf ihr eigenes Volk
angewendet werden. Der Juden Geschrei gegen Paulus ist im
Grunde ein Toben ,,wider den Herrn und seinen Gesalbten".
Seine Bande wollen sie zerreißen (Psalm 2, 1 - 3). Aber es
gelingt ihnen nicht. Ein dreifacher Irrtum beherrscht sie.
Drei Wahrheiten sind ihnen verborgen:
I.
Sie halten sich für berechtigt, über Paulus ein
entscheidendes Urteil zu fällen. Sie erklären ihn für
einen todeswürdigen Verbrecher, der nicht wert sei, von
der Erde getragen zu werden. (,,Hinweg mit diesem von der
Erde ...").
Das war eine Selbstüberschätzung. Nicht bei ihnen, sondern
beim Herrn allein steht das Recht, das endgültige Urteil über
Wert und Unwert eines Menschen zu fällen. Daß Gottes Urteil
ganz anders war, wissen wir (Apostelgeschichte 9, 15).
II.
Sie meinen bestimmen zu können, wie lange Paulus leben und
wirken dürfe.
Auch das ist ein Irrtum. Darüber bestimmt nicht diese
Volksmenge, sondern der Herr allein. Er weiß, wann das
Tagewerk vollendet ist, und wann die Hütte abgebrochen werden
soll.
Laßt es uns ihm überlassen, wie lange und wie weit er diesen
und jenen Menschen leben und wirken läßt, ob er auch nach
unserer Meinung besser bald hinweg wäre.
III.
Sie meinen auch darüber befinden zu können, wohin die
Heilsbotschaft des Wortes Gottes getragen werden dürfe und
wohin nicht. (Ihr ganzes Geschrei ist ja ein Protest gegen
die Wortverkündigung in der Völkerwelt).
Auch darin liegt ein Irrtum. Nicht sie, sondern der Herr
bestimmt, wohin sein Wort gesandt werden soll.