Apg 21,32
A.Christlieb
Die Grenzen der obrigkeitlichen Hilfe.
Apostelgeschichte 21, 31 - 40.
Bei aller Anerkennung dessen, was die Obrigkeit in diesem
Volkstumult getan hat, sehen wir doch gerade hier die Grenzen
ihrer Macht und Hilfe.
1. Der Kommandant konnte trotz seines guten Willens kein
richtiges Urteil über Paulus gewinnen. Seine Vermutung, daß
Paulus ein gefährlicher Staatsverbrecher sei (Vers 38), war
völlig verkehrt. Die beste Obrigkeit kann sich täuschen.
Sie vermag die Herzen nicht zu ergründen und die Menschen
nicht zu durchschauen.
2. Der Hauptmann konnte wohl dem Ausbruch des Hasses gegen
Paulus einen Damm setzen und gegen die Volksbewegung eine
Schranke aufrichten. Aber er konnte die Ursache der
Volkserregung nicht beseitigen. Er stand mit seinen
militärischen Streitkräften dem Feuer des Hasses machtlos
gegenüber. Deshalb konnte er auch der ganzen Bewegung nicht
Herr werden. Immer wieder brach sie durch (Vers 36; Kap.
22, 22. 23). Er konnte auf die Herzen der Menge keinen
Einfluß ausüben und die Gesinnung nicht ändern. Dies ist
Sache einer höheren Macht, nicht einer menschlichen.
3. Obwohl der Hauptmann ohne jede Voreingenommenheit ganz
unparteiisch einzugreifen suchte, so gelang es ihm doch
nicht, jedermann sein Recht zu verschaffen (2. Samuel 8,
15). Die wahre Gerechtigkeit hätte erfordert, daß die,
welche Paulus widerrechtlich geschlagen hatten, mit
entsprechenden Strafen belegt worden wären, der Apostel aber
sofort auf freien Fuß gesetzt und mit einem Schmerzensgeld
für die unschuldig erlittene Mißhandlung entschädigt wäre.
Das geschah aber nicht.
Laßt uns von der Obrigkeit nie mehr Hilfe erwarten, als
sie nach ihrer Erkenntnis und Macht zu bringen vermag!
Völlige Hilfe und ganzes Recht suchen wir bei dem, von dem
geschrieben steht: ,,Der Herr schafft Gerechtigkeit und
Gericht allen, die Unrecht leiden" (Psalm 103, 6; vergleiche
Psalm 146, 7 a) und ,,Bei dem Herrn findet man Hilfe" (Psalm
3, 9 a). Es wäre verkehrt, wegen dieser Mängel und
Unvollkommenheiten der obrigkeitlichen Hilfe diese zu
verachten oder sie gar bei anderen verächtlich zu machen.