Apg 21,31
A.Christlieb
Das Eingreifen des Kommandanten der römischen Besatzung in
Jerusalem.
Apostelgeschichte 21, 31 - 33.
Unser Text schildert uns das Eingreifen der Obrigkeit in die
gegen Paulus gerichtete Volksunruhe. Der Kommandant der
Besatzung, ein höherer, römischer Offizier, kam herbei, um
Ruhe und Ordnung zu schaffen. Laßt uns sehen, wann, wie und
mit welchem Erfolg er eingriff.
1. Wann der Kommandant der Besatzung eingriff.
Sobald er von dem Volkstumult Kunde bekam, zögerte er keinen
Augenblick (,,von Stund an nahm er Kriegsknechte"). Nicht
langsam und gemächlich, sondern eilenden Laufes begab er
sich zum Schauplatz der Unruhe (,,Er lief unter sie").
Dieses sofortige Hinzueilen läßt uns den Hauptmann als einen
tatkräftigen und diensteifrigen Beamten erkennen, der seine
Pflicht bei öffentlichen Unruhen genau kannte und zu erfüllen
suchte. Laßt uns zusehen, daß wir in der Erfüllung unserer
äußeren Berufspflichten nicht hinter diesem Hauptmann
zurückstehen! (Daniel 6, 5 [4]; 4. Mose 12, 7).
2. Wie der Kommandant eingriff.
Am Schauplatz des Tumults angekommen, nahm der Kommandant
Paulus in seine Gewalt, ließ ihn fesseln und erkundigte
sich nach seiner Persönlichkeit und nach seinem Vergehen.
Daß er Paulus als einen Verbrecher ansah und entsprechend
behandelte, dürfen wir ihm bei seiner völligen Unkenntnis
nicht verargen. Er mußte aus der Wut des Volkes schließen,
daß Paulus ein für das Gemeinwohl gefährlicher Mensch sei.
Deshalb sorgte er, daß er sofort unschädlich gemacht wurde.
Mit dieser Schnelligkeit des Handelns, die in solchen Fällen
durchaus am Platze ist, verband der Hauptmann Gerechtigkeit,
indem er sich in ganz unparteiischer Weise bemühte, ein
richtiges Urteil über Paulus zu bekommen. Er ,,fragte,
wer er wäre, und was er getan hätte". Er war also zugänglich
für sachliche Belehrung. Mehr darf ein Volk von einem
heidnischen Staatsbeamten zunächst nicht verlangen. Von
seinem Standpunkt aus handelte er so, wie es seine Pflicht
war.
Wohl dem Volk, das eine solche Obrigkeit hat, die tatkräftig,
mutig und gerecht eingreift, wo die öffentliche Sicherheit
gefährdet ist! Laßt uns bitten, daß die Obrigkeit unseres
Landes nicht hinter diesem Kommandanten der römischen
Besatzung in Jerusalem zurückbleibe.
3. Mit welchem Erfolg der Kommandant eingriff.
Das Eingreifen des Beamten war nicht umsonst. Zunächst wurde
Paulus der Gewalt der wütenden Volksmasse entrissen, die ihn
töten wollte (Vers 31). Durch das Dazwischentreten des
Kommandanten wurde - menschlich gesprochen - das Leben des
Apostels gerettet. Der Mann, der von religiösen Fragen
keinerlei Kenntnis besaß, handelte hier gerechter und edler
gegen Paulus als die Beamten des Tempels. Wir sollten dem
Herrn dankbar sein für alles, was wir noch an der Obrigkeit
haben. Es gibt keinen schlimmeren Rechtszustand in einem
Lande als den, bei welchem in Erregung versetzte Volksmassen
eigenmächtig die Rechtsgewalt in die Hand nehmen. Es ist
leicht, die Obrigkeit zu tadeln und auf ihre Schwächen
hinzuweisen. Aber es ist christlich, für sie zu beten und
für ihren Schutz dankbar zu sein. (Römer 13, 1 - 7; Titus
3, 1. 2; 1. Petrus 2, 13).