Apg 21,17
A.Christlieb
Die freundliche Aufnahme von Paulus in Jerusalem.
Apostelgeschichte 21, 17.
Unser Text erzählt uns den Empfang des Apostels und seiner
Gefährten bei den Christen in Jerusalem. Dieser Empfang war
ein herzlicher (die Brüder nahmen uns ,,g e r n" auf) und
soll uns beschäftigen.
1. Nicht immer war Paulus so aufgenommen worden. Als er
nach seiner Bekehrung zu den Christen Jerusalems kam, wurde
er äußerst vorsichtig und zurückhaltend behandelt. Man
traute ihm nicht recht (Kap. 9, 26). Als er später zum
sogenannten Apostelkonzil in Jerusalem eintraf, wurde er mit
seinen Gefährten ,,empfangen" (Kap. 15, 4). Das war ein
großer Fortschritt. Jetzt, wo er am Schluß seiner letzten
Missionsreise noch einmal dort ankam, wurde er ,,g e r n
aufgenommen". Es ist ein Fortschritt des Vertrauens
bemerkbar, das Paulus im Lauf der Jahre bei der Urgemeinde
genießen durfte. Erst wurde er abgelehnt, später
,,empfangen" und zuletzt ,,gern aufgenommen".
Dieses langsam wachsende Vertrauen kann solchen Brüdern Mut
machen, die in irgendeinem Arbeitsfeld, wo man sie noch nicht
näher kennt, zunächst etwas bedenklich aufgenommen werden.
Wenn solche Brüder nur treu in der Demut arbeiten, niemals
das Ihre, sondern die Sache des Herrn suchen, so wird der
Herr ihnen zur rechten Zeit, wenn auch nicht auf einmal,
das Zutrauen der gläubigen Christen zuwenden, ohne das
eine fruchtbare Arbeit im Reich Gottes kaum möglich ist.
In Jerusalem war eine gewisse Mißstimmung gegen Paulus
entstanden. Allerlei Verdächtigungen betreffend seine rechte
Stellung zum Gesetz waren in Umlauf gesetzt worden (,,Es
ist ihnen aber berichtet worden wider dich, daß du lehrst
von Mose abzufallen", Vers 21). Der herzliche Empfang des
Apostels beweist uns, daß die Brüder in Jerusalem sich nicht
durch all die gegen Paulus umlaufenden Gerüchte so einnehmen
ließen, daß sie ihn etwa kühl und zurückhaltend empfangen
hätten. Nein, sie haben ihn trotz der vorhandenen
Mißstimmung herzlich und freundlich aufgenommen. Sie haben
ihm nicht wegen seiner größeren Freiheit dem Gesetz gegenüber
die Liebe entzogen, sondern ihn brüderlich behandelt.
Laßt uns von diesen Brüdern auch für unsere Zeit lernen.
Wie leicht lassen wir uns durch diese und jene vielleicht
ganz unbegründeten Gerüchte hinreißen, einem treuen Bruder in
wehtuender Weise kalt zu begegnen. Wir haben kein Recht, uns
gegen einen Mitchristen unbrüderlich zu stellen, weil er in
irgendeiner Lehranschauung nicht ganz mit uns übereinstimmt.
Treten wir in die Fußstapfen der Brüder, die Paulus trotz
dieser Gerüchte und dieser Mißstimmung ,,freundlich
aufnahmen" (Übersetzung Menge).
Wie schön ist es zu sehen, daß Gott seinen Knecht vor
dem beginnenden Leidensweg noch einmal erquickte. Die
freundliche Aufnahme war für Paulus eine große Freude. Wir
wissen, wie wichtig ihm allezeit die brüderliche Verbindung
mit der Muttergemeinde in Jerusalem gewesen ist. Nun durfte
er es erleben, daß ihm volle brüderliche Liebe und herzliches
Zutrauen von seiten der leitenden Brüder entgegengebracht
wurde.
So sorgt Gott, daß es seinen Knechten schon hinieden bei
allem schweren Dienst auch an inneren Erquickungen nicht
fehlt, bis einst die Ankunft im neuen Jerusalem ihnen ewige
Freude bringen wird.