Apg 21,14
A.Christlieb
Die Brüder in Cäsarea fügen sich in den Entschluß von Paulus.
Apostelgeschichte 21, 14.
Das Wort: ,,Wir schwiegen und sprachen" klingt wie ein
Widerspruch. Wer schweigt, spricht nicht, und wer spricht,
schweigt nicht. Aber dieser Widerspruch ist nur scheinbar.
,,Wir schwiegen" heißt: Wir hörten auf, noch weiter in Paulus
zu dringen. Unser Bemühen, ihn von der Reise nach Jerusalem
zurückzuhalten, nahm ein Ende. Unser Bitten verstummte.
Wie ungeistlich wäre es gewesen, wenn jene Christen nicht
aufgehört hätten, Paulus von der Unrichtigkeit seines
Entschlusses überzeugen zu wollen, wenn sie immer aufs neue
versucht hätten, ihn zum Bleiben zu bewegen. Ihr Schweigen
läßt ihre gebeugte Herzensstellung erkennen. Sie wollen
nicht um jeden Preis ihren Willen durchsetzen und das letzte
Wort behalten.
Sehen wir zu, daß jene Brüder in Cäsarea uns nicht beschämen,
wenn wir einmal auf eigene Wünsche und Meinungen verzichten
müssen. (2. Samuel 15, 25 - 26; 1. Mose 21, 11 - 14).
A.Christlieb
Ein dreifaches Einigungsband aller gläubigen Christen.
In unserem Kapitel kommen wiederholt Meinungsverschiedenheiten
vor. In Tyrus und Cäsarea wünschen die Gläubigen einen anderen
Reiseplan für Paulus als er (Kap. 11, 4 bis Kap. 12).
Am stärksten tritt die Meinungsverschiedenheit in Jerusalem
bei der Frage der Beibehaltung oder Abschaffung des Gesetzes
hervor. Dennoch sehen wir die Christen an allen diesen Orten
in herzlicher innerer Verbundenheit. Woran liegt das? Was
verbindet sie trotz ihrer Verschiedenheit? Ein dreifaches
Einigungsband läßt sich hier erkennen.
1. Ein Ort, an dem alle zusammenkommen.
Apostelgeschichte 21, 5.
Welches ist dieser Ort? Ist es ein Platz innerhalb oder
außerhalb des Tempels? Nein, darüber könnten die Meinungen
schon auseinandergehen. Aber sowohl in Tyrus wie an anderen
Orten gehen die Christen vereinigt zum Gnadenthron. Sie
beten zusammen.
Dies ist der einzige Ort, wo auch heute noch alle wahren
Christen zusammenkommen. Nicht ein irdischer Platz wird sie
alle vereinigen, wohl aber der Umgang mit Gott. Trotz aller
Unterschiede sind alle Christen darin eins, daß sie ohne
Gebet nicht leben können. Sie gehören zu einer großen
unsichtbaren Vereinigung, die täglich am Thron Gottes
zusammenkommt. Weder Jerusalem noch Garizim vereint sie,
sondern die Anbetung im Geist und in der Wahrheit (Johannes
4, 20 - 24).
So laßt uns denn bei aller Anerkennung, die diesem und jenem
von Gott gesegneten Ort zukommt, doch den Platz vor allem
rühmen, an dem alle Christen zusammenkommen und über jeden
uns freuen, der an diesem Ort seine Heimat hat (Psalm 100).
2. Ein Wille, dem alle sich unterwerfen.
Apostelgeschichte 21, 14.
Als die Brüder in Cäsarea das Ziel ihrer Bitten nicht
erreicht hatten, als sie trotz ihrer Tränen die feste
Entschlossenheit des Paulus sahen, der doch nach Jerusalem
reisen wollte, wandten sie sich nicht etwa unwillig von ihm
ab. Ihre Liebe gegen ihn kühlte nicht ab. Sie tadelten ihn
nicht, als sei er ein starrköpfiger, eigensinniger Mensch.
Sie sagten auch nicht, er solle seinen Willen haben, sondern
sprachen still: ,,Des Herrn Wille geschehe." Sie sahen also
in der Festigkeit des Paulus eine von Gott gewirkte Tatsache,
gegen die sie sich nicht weiterhin auflehnen durften. Sie
zogen ihre eigenen Bitten und Wünsche zurück vor dem hier
offenbar werdenden Willen des Herrn. Ob sie alle ohne
Ausnahme jetzt schon die Richtigkeit dieses Reiseentschlusses
erkannten, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls merkten
sie, daß nichts zu ändern war und nahmen dies aus Gottes Hand
an. Gegen Pauli Willen und Ansicht wagten sie wohl eine
Zeitlang zu widerstreben. Gegen Gottes Willen wollte sich
nicht ein einziger von ihnen erheben.
So ist es auch heute. Die Wünsche und Meinungen in allerlei
Fragen laufen auch bei Gotteskindern oft sehr auseinander.
Aber jeder, der ein wahrer Jünger Jesu ist, nimmt die
Stellung ein, daß er sich unbedingt Gottes Willen unterwerfen
will. Er möchte nicht (soweit er es erkennt), daß sein
eigener, sondern des Herrn Wille geschehe. So bleiben sie
verbunden (Matthäus 6, 10; 1. Petrus 5, 6; 1. Johannes 2,
17 b).
3. Eine Ehre, die alle suchen.
Apostelgeschichte 21, 19. 20 a.
In der Besprechung über die Beibehaltung des Gesetzes war
die Gefahr eines Zwiespaltes am größten. Hier drohte ein
Riß unter den Gläubigen zu entstehen. Bevor aber die
Verhandlungen über diese Frage im Haus von Jakobus begannen,
sehen wir, wie alle sich in einem höheren Einheitspunkt
zusammenfanden, sowohl die, welche die Beibehaltung des
Gesetzes wünschten, wie auch die andern. Paulus erzählte
seine Missionsreisen in der Welt, daß er Gott allein die Ehre
gab (Vers 19). Die andern stimmten mit ihm ein in das Lob
Gottes (,,Sie lobten den Herrn").
Hier sehen wir ein herrliches Einheitsband aller, die unter
der Zucht des Geistes stehen. Sie haben das Eine Verlangen,
daß Gottes Ehre, und nicht ihre eigene, erhöht werde. Das
Suchen der eigenen Ehre reißt auseinander und richtet Zank
an. Es bleibt bei Salomos Wort: ,,Unter den Stolzen ist
immer Hader" (Sprüche 13, 10). Aber das Suchen der Ehre
Gottes verbindet. Laßt uns bei uns und bei den andern dies
dreifache Einigungsband pflegen und zu stärken suchen
(Epheser 4, 3; Römer 15, 5. 6; Philipper 2, 1. 2)!
D.Rappard
Wir schwiegen und sprachen: Des Herrn Wille geschehe!
Apost. 21,14.
Schweigen können in Zeiten der Trübsal, ist ein Zeichen der
Kraft. Es gibt allerdings ein äußerliches Schweigen, bei
dem es im Innern des Menschen tobt in lauter Empörung. Das
ist hier nicht gemeint. Die Jünger, von denen unser Text spricht,
hatten lange gesucht, ihren geliebten Lehrer Paulus von der
gefahrdrohenden Reise nach Jerusalem abzuhalten. Da sie aber
merkten, daß sein Entschluß auf höheren Befehl gefaßt war,
schwiegen sie. Wahrlich, solches Schweigen ist Gold. Lernen
wir von diesen Christen in Cäsarea! Lernen wir, im Schmerz
stille sein. Vermeiden wir unnötiges Erzählen und Klagen.
Aber das Schweigen der Jünger ging über in das heilige,
gesegnete Wort: d e s H e r r n W i l l e g e s c h e h e!
Gottes Willen annehmen, ist der Weg zur Ruhe. Scheint uns
eine Stellung und Aufgabe unangenehm und demütigend, ist sie
uns aber von Gott verordnet, so können wir nichts Besseres
und Weiseres tun, als sie voll und ganz als von ihm kommend
annehmen. D a n n i s t u n s m i t e i n e m M a l g e h o l f e n.
Was schwer und unmöglich schien, wird leicht und lieblich. Und
dem brennendsten Schmerz ist alle Bitterkeit genommen, wenn
wir, ob auch mit Tränen, von Herzensgrund sprechen: D e s H e r r n
W i l l e g e s c h e h e!
Auch auf rauhen, dunklen Wegen
Find ich Freude, Fried' und Segen;
Deiner Führung folg ich still,
Wie Du willst, nicht wie ich will.