Apg 21,13
A.Christlieb
Die Antwort von Paulus auf die Bitte der Brüder in Cäsarea.
Apostelgeschichte 21, 13.
Die Antwort von Paulus vermied zwei Abwege. Auf der einen
Seite vermied er es, sich auf die Versuchung einzulassen, den
Weg nach Jerusalem zu unterlassen und so den ihm befohlenen
Kreuzesweg zu umgehen. Auf der anderen Seite gab er den
bittenden Brüdern keine scharfe und schroffe Antwort. Er
wies vielmehr ihre Bitte auf eine solche Weise zurück, die
ihnen wohltun und es ihnen leicht machen mußte, sich in die
Ablehnung ihres Wunsches zu fügen. Er ließ sie fühlen, wie
tief er innerlich mit ihnen empfinde und wie schwer es ihm
werde, die Bitte nicht erfüllen zu können. In seinen
Worten verband er eine weiche Zartheit des Gemütes mit
einer stahlharten Festigkeit des Willens. So vereinigen
seine Worte Strafe und Trost miteinander. Die in der
Frage liegende Versuchung wies er mit unerbittlicher
Entschlossenheit zurück. Die in der Frage sich kundtuende
Liebe erwiderte er zart und freundlich. So blieb er mit
ihnen in rechter Liebesverbindung, daß sie sich nicht nur in
seine Abreise fügten, sondern daß auch ein Teil der dortigen
Brüder ihm das Geleit gab (21, 16).
Wie selten findet man eine solche Verbindung von Zartheit
und Festigkeit. Hier findet man Jesu Bild in seinem Jünger
wieder (Lukas 22, 15; Matthäus 16, 23).
A.Christlieb
Zweierlei Bekenntnisse der Treue zu Jesus.
Apostelgeschichte 21, 13 b; (Lukas 22, 33).
Als Petrus vor seinem Fall stand, sprach er: ,,Herr, ich bin
bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen" (Lukas
22, 33). Hier spricht Paulus: ,,Ich bin bereit, nicht allein
mich binden zu lassen, sondern auch zu sterben um des Namens
willen des Herrn Jesu". Beide Worte lauten ganz ähnlich.
Sowohl Petrus wie Paulus erklären sich zum Sterben für Jesus
bereit. Und doch besteht zwischen beiden ein großer
Unterschied.
So ähnlich die Worte lauten, so verschieden ist die
Herzensstellung, aus der sie fließen. In dem Ausspruch
von Petrus lag ein gewisser Widerspruch gegen das klare
Heilandswort: ,,In dieser Nacht werdet ihr euch alle an mir
ärgern" (Matthäus 26, 31 - 33). Petrus glaubte bei seiner
aufrichtigen Heilandsliebe derartige Voraussagen weit von
sich weisen zu dürfen. Er erklärte, unter allen Umständen
Jesus treu bleiben zu wollen, selbst wenn die anderen zum
Abfall kommen sollten. Bei seiner mangelnden gründlichen
Selbsterkenntnis, bei dem Gemisch von aufrichtiger
Heilandsliebe, falscher Kühnheit und gefährlichem
Selbstvertrauen setzte er dem Heilandswort sein eigenes
entgegen.
Ganz anders war es bei Paulus. Ihm hatte der Herr durch
den Geist gezeigt, daß schwere Trübsale seiner in Jerusalem
warteten. Nun sagte er gleichsam: Ich bin völlig
einverstanden mit Jesu Weg. Wenn er noch mehr auflegen
sollte, so will ich auch nicht widersprechen. Sein
Bekenntnis floß aus völliger Beugung unter Jesu Willen.
Während in den kühnen Petrusworten ein gewisses ,,Nein" gegen
Jesu Hinweis lag, enthielt die Antwort von Paulus ein volles
,,Ja" zu seiner Weisung.
Obgleich das Bekenntnis von beiden herrlich und schön
lautete, so fehlte doch bei dem einen das gründliche
Fundament der eigenen Schwachheit und der Beugung. Bei
dem anderen ist es vorhanden. Die prächtigen Worte allein
tun es nicht.