Apg 20,20
A.Christlieb
Die vorbildliche Wortverkündigung des Paulus in Ephesus.
Apostelgeschichte 20, 20. 21.
Nach dem Rückblick des Paulus auf seinen Wandel folgt ein
Rückblick auf seine Wortverkündigung. Derselbe läßt uns
erkennen, wo, wie und was er damals öffentlich gepredigt hat.
1. Wo Paulus predigte.
W o er das Wort verkündigte, zeigt uns der Ausdruck:
,,öffentlich und in den Häusern" (wörtliche Übersetzung).
Unter der ,,öffentlichen" Verkündigung haben wir in erster
Linie seine Versammlungen in der Synagoge von Ephesus (Kap.
19, 8) und nachher seine Reden in dem Lehrsaal des Tyrannus
(19, 9) zu verstehen. Bei der ,,sonderlichen" Verkündigung
(Luthers Übersetzung) haben wir sowohl an die kleinen
Versammlungen in den Privathäusern (Römer 16, 5; 1.
Korinther 16, 19; Kolosser 4, 15; Philemon 2;
Apostelgeschichte 2, 46), wie auch an die Einzelseelsorge zu
denken.
Was sagt uns diese reichliche Verkündigung? Sie ruft uns zu:
Laßt uns den Samen des Wortes überall ausstreuen, wo Gott uns
Gelegenheit gibt und Türen öffnet (2. Timotheus 4. 2).
Laßt uns auch zweierlei Einseitigkeit meiden: Man trifft
öfters Menschen, welche nur die öffentliche Verkündigung etwa
in Kirche und Gottesdienst gelten lassen und alles andere als
unnüchtern und schwärmerisch verwerfen. Andererseits
begegnet man solchen, welche die öffentliche Verkündigung
verachten und nur diejenige hin und her in den Häusern als
richtig ansehen. Demgegenüber laßt uns mit Paulus sowohl das
eine wie auch das andere anerkennen und dankbar benutzen.
2. Wie Paulus predigte.
Nicht umsonst braucht der Text hier drei verschiedene
Ausdrücke für die Predigtart des Paulus: Er verkündigte, er
lehrte, er bezeugte.
1. In dem ersten Wort (verkündigen) steht Paulus, wie der
Grundtext dies andeutet, a l s e i n B o t e vor seinen
Zuhörern, der ihnen genaue Meldung überbringt und darauf
bedacht ist, ja nichts auszulassen von dem, was er in einem
höheren Auftrag zu sagen hat. ,,Wie lieblich sind die Füße
solcher Boten", Jesaja 52, 7. Gott mehre ihre Zahl!
2. In dem zweiten Ausdruck (lehren) sehen wir Paulus als L e
h r e r vor den Ephesern, der in klarer Ordnung der Gedanken
den Seelen zeigt, worum es sich handelt und sie in das
Verständnis des göttlichen Heilsrates hineinführt. Solche
Lehrer tun auch unserer Zeit not. Wie werden sie einst
,,leuchten wie des Himmels Glanz" (Daniel 12, 3).
3. In dem dritten Wort (bezeugen) schauen wir den Apostel
als Z e u g e n , der den Inhalt seines Wortes feierlich und
dringlich ins Herz legt als einer, der das, was er redet, am
eigenen Leben erfahren hat. Wie dringt dieses Bezeugen tief
in die Herzen der Hörer hinein und erschüttert ihre falsche
Sicherheit! Alle noch so schöne Verkündigung und lichtvolle
Belehrung hilft nicht, wenn dieses Bezeugen fehlt (2.
Timotheus 2, 14).
Wer als Botschafter, Lehrer und Zeuge das Wort verkündigt,
der wandelt in Paulus Fußstapfen.
3. Was Paulus predigte.
Paulus ließ sich weder durch Menschenfurcht noch durch
Menschengunst bewegen, irgendetwas zu verschweigen, was den
Seelen heilsam war. Vor allen Dingen hatte seine Predigt
zwei Brennpunkte: Buße und Glaube. Er predigte Buße. Den
Wünschen des natürlichen Menschen paßte er sich nicht an.
Dieser liebt eine Predigtweise, die das Gute in ihm anerkennt
und nur weiter vervollkommnet wissen möchte. Ermahnungen zur
Buße und Heiligung läßt er sich allenfalls gefallen. Wenn
aber jemand die Notwendigkeit einer vollständigen Änderung
der innersten Gesinnung predigt, so entsteht Widerspruch, oft
Zorn und Wut. Aber gerade diese Sinnesänderung oder Buße
bezeugte Paulus. Solcher Mut tut allen Knechten Gottes not
(Jesaja 58, 1; Jeremia 4, 3).
Zugleich zeigte er die Kraftquelle, durch welche die innere
Erneuerung des Herzens zustande kommt. Nicht auf ihre eigene
Kraft und Anstrengung wies er seine Hörer hin, sondern auf
,,den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus". Während die
eigene Bemühung in menschlicher Willenskraft uns in
Verzweiflung führen müßte, bringt der Glaubensblick auf den
Heiland und die Glaubensgemeinschaft mit ihm Frieden und
Hilfe (17, 31). Deshalb gilt es auch heute noch, Buße und
Glaube zu bezeugen, und zwar beides vereinigt.
Unsere Verkündigung sei wie die des Paulus.