Apg 19,19
A.Christlieb
Die Verbrennung der Zauberbücher.
Apostelgeschichte 19, 19.
1. Welche Bedeutung hatten die Zauberbücher?
Ein großes Feuer wird uns in diesem Vers vor die Augen
geführt. Leute, die ,,vorwitzige Kunst", d. h. Zauberei
getrieben hatten, übergeben ihre Zauberbücher den Flammen.
Dieser Anblick darf in unseren Herzen einen Jubel auslösen.
Wir sehen hier die herrliche Wirkung des Evangeliums, welches
viele Einwohner aus den Banden einer gefährlichen Sünde
befreit hatte.
Manche Seelsorger wissen, welch eine unheimliche Macht
die Zauberei ist, die als Bann auf vielen Herzen, Häusern
und Ortschaften ruht. Wie köstlich ist es, in dem Schein
dieser Flammen zu sehen, daß solcher Bann durchbrochen und
Menschenseelen ihm entrissen werden können. Die brennenden
Zauberbücher waren Wegweiser zur Finsternis und Lehrmeister
in der Sünde gewesen. Sie konnten ihre Besitzer samt ihren
Angehörigen wieder unter gottfeindliche Einflüsse bringen
und ein Anknüpfungspunkt für alle Lieblingssünden werden.
Es konnten für die ehemaligen Knechte der Zauberei Zeiten
kommen, wo der Hang zur Beschäftigung mit dieser Geheimkunst
wieder mit lockender und blendender Macht an sie herantrat.
Für solche Versuchungsstunden war es gut, daß jene
verführerischen Bücher zu Asche verbrannt waren. Jenen
Christen in Ephesus waren diese Zauberbücher ,,das rechte
Auge, das ausgerissen", und ,,die rechte Hand", die
,,abgehauen" werden mußte (Matthäus 5, 29. 30). Das
Verbrennen dieser Schriften war das Abbrechen einer Brücke,
die den Rückweg zum alten Sündendienst jederzeit ermöglicht
hätte.
Auch wir wollen unserem eigenen tückischen Herzen nie trauen.
Wenn wir beten: ,,Führe uns nicht in Versuchung", so wollen
wir auch nichts festhalten, was uns in Versuchung bringen
kann.
Nicht umsonst befahl Gott dem Volk Israel, alle Götzen der
Kanaaniter mit Feuer zu verbrennen (5. Mose 7, 5). Mit
Recht hat David die Götter der Philister, welche sie in der
Schlacht zurückgelassen hatten, verbrennen und nicht etwa als
Siegestriumph mitnehmen lassen (1. Chronika 14, 12). Ebenso
richtig hat der fromme Josia alles Geräte des Baalsdienstes
ins Feuer geworfen (2. Könige 23, 4).
Auch für uns gilt es, alles von uns zu tun, was uns zum
Fallstrick werden kann auf dem Weg zur Seligkeit.
2. Weshalb verbrannte man sie öffentlich?
Das Feuer wurde nicht an einem geheimen, verborgenen Platz
angezündet, sondern an einer Stelle, die für alle Einwohner
der Stadt zugänglich und für jedermann sichtbar war. Weshalb
verbrannte man die Bücher ,,ö f f e n t l i c h" ? Gab das
nicht einen neuen Rumor in der Stadt? Reizte das nicht
unnötig den Zorn der Heiden? Man hätte sie ja in dem Kamin
eines stillen Christenzimmers anzünden können, wo es nicht
weiter beachtet worden wäre.
Sicherlich gibt es andere Fälle, wo letztere Art richtig ist.
Aber hier in Ephesus war ein klares Zeugnis und offenes
Bekenntnis gegen die so furchtbar herrschende Zaubereisünde
nötig. Die aus der Finsternis geretteten Christen waren
nicht nur ihrer eigenen Seele etwas schuldig, sondern auch
ihren heidnischen Mitbürgern, die noch in den Dingen
dahinlebten, von denen sie nun befreit waren. Durch dieses
öffentliche Feuer legten sie ohne jede Aufdringlichkeit gegen
irgendjemand ein mächtiges Zeugnis ab, das sicherlich seine
Wirkung nicht verfehlt haben wird (Jeremia 29, 7 a).
Auch wir sollen es bei aller Liebe zur Stille und
Verborgenheit doch niemals an dem offenen Bekennermut fehlen
lassen, den dieses öffentliche Feuer beweist, (Matthäus 10,
32; Psalm 22, 23 - 26).
3. Wann fand die Verbrennung statt?
Laßt uns die zeitliche Reihenfolge der beiden Handlungen
unseres Verses beachten. Die Epheser haben zuerst die
Zauberbücher verbrannt und nachher ihren Geldwert berechnet.
Der natürliche Mensch liebt es, die Reihenfolge umzukehren.
Wenn er ein inneres Hindernis ins Feuer werfen soll, so
berechnet er zuerst den herrlichen Wert dieses Götzen.
Derselbe kommt ihm dann leicht allzuhoch vor. Er möchte ihn
doch nicht gern auf einmal verlieren. So gerät er ins
Schwanken und kommt leider in vielen Fällen überhaupt nicht
zum Verbrennen.
Deshalb merken wir uns: Die beste Zeit zum Entfernen eines
Hindernisses für unser Seelenheil ist vor der Betrachtung
seines Wertes, nicht nachher (Galater 1, 15. 16; 1. Mose
19, 26).
A.Christlieb
Die Berechnung des Wertes der Zauberbücher.
Es gibt Menschen, die göttlichen Dingen teilnahmslos
gegenüberstehen, die aber sehr aufmerksam werden, wenn von
großen Geldsummen die Rede ist. Solchen Leuten könnte dieser
Text dienen. Er erzählt, wie die Christen zu Ephesus den
Wert der verbrannten Zauberbücher berechneten. Das Ergebnis
ist eine große Summe. 50 000 Denare (,,Groschen") waren etwa
40 000 Goldmark.
Was sagen uns diese 50 000 Groschen? Sie rufen uns zu: 1.
Welch große Summen gibt doch die Welt für ihre Zwecke und
ihren Sündendienst aus! Die Zauberbücher waren teuer. Aber
was fragt der Weltmensch nach dem Preis, wenn er seinen
Willen haben und sein Ziel erreichen will. Hier kann er
ausgeben, auch wenn er sonst noch so geizig ist.
Es gibt Städte, wo die Leute ihren nötigsten Besitz ins
Pfandhaus bringen, um die Teilnahme an einer gewohnten
Lustbarkeit zu ermöglichen. Ja, die Welt hat auch heute noch
,,50 000 Groschen" bereit, wenn sie ihre Wünsche befriedigen
will.
2. Das Resultat dieser Wertberechnung zeigt uns aber auch,
welch eine Umwertung aller Dinge durch eine wahre
Herzensbekehrung stattfindet. Was früher 40 000 Mark wert
war, ist jetzt eitles Brennmaterial! Ein Besitz, für den man
früher vielleicht ein halbes Vermögen oder noch mehr
dahingab, ist jetzt so wertlos und lästig, daß man ihn
fortwirft.
Ja, eine echte Herzensänderung bringt im Leben des Einzelnen
einen Preissturz zustande, wie es das größte politische
Ereignis nicht vermag. Alle Bücher, welche die Phantasie
vergifteten, sind trotz ihres Sinnenkitzels und aller
Spannung, die sie verursachen, keinen Pfennig mehr wert,
wogegen jedes Blatt der Bibel auf einmal unbezahlbar wird.
Wohl allen, die solche Umwertung erfahren durften.
3. Welche Kraft hat doch das Evangelium von Jesus, daß es
die Menschen von ,,50 000 Groschen" lösen kann! Wie schwer
trennt sich der natürliche Mensch oft von einer geringen
Geldsumme. Wie fängt er oft Streit und Prozeß an, um sich
nicht von einem kleinen Besitz trennen zu müssen. Jesus
macht frei vom Hängen an Geld.
Wir leben in einer Zeit, wo der Mammonsgeist viele Christen
gefangen nimmt. Gebe Gott, daß der Anblick dieser
dahingegebenen 50 000 Groschen eine lösende Wirkung auf
manches Herz ausübe (Philipper 3, 7).