Apg 19,6
A.Christlieb
Ein großer Mangel und seine Abhilfe
Apostelgeschichte 19, 1 - 7
Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, da ihr gläubig wurdet?
Sie sprachen zu ihm: Wir haben auch nie gehört, ob ein
Heiliger Geist sei. Und er sprach zu ihnen: Worauf seid ihr
denn getauft? Sie sprachen: Auf die Taufe des Johannes.
Paulus aber sprach: Johannes hat getauft mit der Taufe der
Buße und sagte dem Volk, daß sie sollten glauben an den, der
nach ihm kommen sollte, das ist an Jesus, daß der Christus
sei.
1. Der Mangel
Es gibt mancherlei Mangel. Wenn die Achsa in ihr Erbteil
einzieht und sieht, es fehlen Wasserquellen, so hat sie wohl
Ursache, vom Esel zu steigen und den Vater um das Fehlende zu
bitten (Jos. 15, 18 f.). Wenn jene Witwe bei Elisa im Hause
nur einen leeren Ölkrug hat, aber keinen Tropfen 0l, so ist
das ein empfindlicher Mangel (2. Kön. 4, 2). Aber wenn im
Herzen eines Christen das Wasser, das ins ewige Leben quillt,
und das Öl des Heiligen Geistes fehlt, so ist dies viel
schlimmer.
So war es bei den zwölf Johannesjüngern in Ephesus. Ihnen
fehlte der Heilige Geist. Paulus muß dies mit göttlichem
Scharfblick erkannt haben. Er wußte: »So trocken, saft- und
kraftlos sehen wahre Geistesmenschen nicht aus.« Was finden
göttlich geschärfte Augen bei uns? Welcher Mangel drückt uns
wohl am meisten: der an äußeren Reichtümern oder der an
himmlischen Zuflüssen?
2. Die Abhilfe
Nachdem Paulus den Mangel durchschaut hatte, legte er den
Johannesjüngern die Frage vor: »Habt ihr den Heiligen Geist
empfangen?« Damit fängt die Abhilfe oft an, daß ein Bruder
das, was uns gebricht, in Liebe uns zum Bewußtsein bringt.
Die Gefragten damals waren nicht beleidigt, sprachen auch
nicht: »Wir sind reich und haben gar satt«, sondern sie
bekannten ihre Armut und völlige Unkenntnis in dieser
wichtigen Sache ganz willig.
Laßt uns jeden inneren Mangel offen eingestehen! Nur dem
Hochmut wird dies schwer. Dies Eingestehen ist der erste
Schritt zur Heilung.
Mit der Klarstellung des Mangels damals war die Abhilfe noch
nicht geschaffen. Wie kam diese denn? Hat Paulus etwa die
Johannesjünger angeleitet, jetzt sofort um die Fülle des
Heiligen Geistes zu beten? Nein, das tat er hier nicht.
Vielmehr verwies er sie mit großer Weisheit, aber auch mit
aller Bestimmtheit auf Christus und brachte sie dahin, daß
sie allein auf ihn schauten und ihm vertrauten. Er brauchte
die Worte des von ihnen verehrten Lehrers Johannes und
zeigte, wie gerade dieser kein anderes Ziel im Auge gehabt
hatte, als die Menschen zum Glauben an Christus zu führen.
So bewies er ihnen, daß sie die Worte ihres eigenen
Lehrmeisters nie wahrhaft befolgt hatten, sondern zu ihrem
eigenen inneren Nachteil bei der Person des Johannes stehen
geblieben waren, anstatt sich durch ihn zu Jesus selbst
führen zu lassen.
Sobald die Johannesjünger diesen Irrtum erkannten und von der
Person des Johannes zum Heiland selbst weitergingen, sobald
sie an Jesus in Wahrheit glaubten und diesen Glauben durch
die Taufe bekannten, konnte ihr Herz mit dem erfüllt werden,
was ihnen bis dahin gefehlt hatte. Jetzt wurde ihnen unter
Handauflegung des treuen Beters Paulus die Gabe des Heiligen
Geistes geschenkt, die sich bald in neuen Zungen und im
Weissagen kundgab.
3. Und heute?
Wenn wir auf unsere Zeit blicken, so müssen wir sagen:
Tausende von Christen befinden sich in dem Zustand, in dem
sich jene zwölf Johannesjünger befanden.
Wie viele gibt es doch, die vielleicht in großer Verehrung an
gesegneten Gottesmännern hängen! Aber das Wort dieser
Männer, das auf lebendige Gemeinschaft mit Christus hinzielt,
befolgen sie nie wahrhaft. Zur »groben Welt« gehören sie
nicht mehr, vor Gottes Wort haben sie eine gewisse Achtung,
aber zu lebendigen Geistesmenschen werden sie nicht. Ihr
Christentum bleibt beständig zwischen Tür und Angel.
Ungläubig sind sie nicht, aber die Früchte des wahren
Glaubens sieht man auch nicht bei ihnen. Es fehlt ihnen die
rechte Verbindung mit Christus. Sie hängen nicht an ihm wie
die Rebe am Weinstock. Deshalb bleibt ihr Christentum stets
auf dem alten eingerosteten Fleck stehen.
Möge der Herr uns allen klar machen, daß der größte Mangel
das Fehlen des Heiligen Geistes ist und daß der Herzensglaube
an Christus der einzige Weg zur Abhilfe ist!