Apg 17,30
A.Christlieb
Die Forderung der Buße.
Apostelgeschichte 17, 30 und 31.
I.
Von wem sie stammt.
Bei dem entscheidenden Punkt, wo Gottes Wort von dem Menschen
Buße verlangt, regt sich der Widerstand des natürlichen
Menschen. Er wehrt sich gegen diese Forderung. Dabei pflegt
ihm ein dreifacher Irrtum zu unterlaufen, den unser Text
widerlegt.
Zuerst denkt er oft: Dieser Prediger verlangt Buße von mir.
Dazu hat er kein Recht. Andere tun es auch nicht. Hier
liegt der erste Irrtum. Nicht der Prediger, sondern Gott ist
es, der die Buße fordert: ,,Nun g e b i e t e t G o t t !"
Wir sind in dieser wichtigsten Frage nicht auf willkürliche
Meinungen verschiedener Menschen oder theologischer
Richtungen angewiesen, sondern haben es mit einem göttlichen
Befehl zu tun (Lukas 24, 47; Joel 2, 12 und 13). Zu ihm gilt
es Stellung zu nehmen, nicht zu Gedanken irrender Menschen.
Das hat seine praktische Folgerung. Je höher ein Befehlender
steht, um so bedenklicher und strafbarer ist es, seine
Befehle zu mißachten. Wer diese göttliche Forderung von sich
weist, kann solches nicht ohne die ernstesten Folgen tun.
II.
An wen sie sich richtet.
Eine zweite irrige Meinung, hinter die sich mancher
verschanzt, ist diese: Buße ist nur für besonders schlechte
Menschen erforderlich, nicht aber für solche, die anständig
und ehrbar wandeln. Auch diesen Irrtum widerlegt unser Text,
denn er sagt: ,,Gott gebietet a l l e n Menschen an allen
Enden Buße zu tun".
Es ist gar kein Zweifel, daß unter den Zuhörern zu Athen
ganz anständige Menschen waren. Die im Text erwähnten
stoischen Philosophen waren tugendstolze Leute, die sich
in Gerechtigkeit, Besonnenheit und Tapferkeit übten. Im
sittlichen Lebenswandel standen sie viel höher als die
ebenfalls genannten Epikuräer, die Genußmenschen waren.
Ebenso waren die Mitglieder des obersten athenischen
Gerichtshofes, die sogenannten ,,Areopagiten" oder Ratsherren
(Vers 34) sicherlich nicht die schlechtesten Menschen, denn
diese Behörde genoß wegen ihrer strengen Unparteilichkeit
und Gerechtigkeit hohes Ansehen im ganzen Lande. Nun
macht Paulus nicht etwa einen Unterschied zwischen diesen
verschiedenartigen Hörern. Er weist nicht die völlig
ungläubigen, leichtfertigen und genußsüchtigen Epikuräer zur
Buße und spart diese Forderung den Stoikern, Ratsherren und
anderen besseren Leuten. Vielmehr ruft sein Wort alle ohne
Unterschied zur Buße.
So macht es auch Jesus bei denen, die nicht Heiden waren
(Matthäus 4, 17). Wo Gottes Wort keinen Unterschied macht,
da wollen auch wir dies nicht tun. Wo es an alle diese
Aufforderung richtet, so wollen wir uns auch nicht ausnehmen,
auch wenn wir andere an Gerechtigkeit übertreffen sollten.
III.
Weshalb sie ernst und wichtig ist.
Der natürliche Mensch nimmt die ernsten, ewigen, göttlichen
Fragen gern auf die leichte Achsel. Wenn er auch irgendwo
einmal einen tieferen Eindruck von der göttlichen Wahrheit
empfängt, so möchte er doch in seinem bisherigen Leben gern
fortfahren. Deshalb tröstet er sich über die in ihm erwachte
Unruhe selbst hinweg und denkt, eine Ablehnung des Rufes zur
Buße sei nicht so schlimm.
Auch diesen Irrtum entkräftet und widerlegt Paulus. Wie
ernst und wichtig der Ruf zur Buße und wie gefährlich seine
Ablehnung ist, das macht der Hinweis auf das künftige Gericht
klar. Der weise Seelsorger Paulus war gewiß kein Mann, der
seine Zuhörer in eine Angstbuße treiben wollte. Er wußte
wohl: ,,Kein Herze zerbricht durch gesetzliches Wettern - die
Botschaft vom Kreuz nur kann Herzen zerschmettern". Aber
gerade bei der Leichtfertigkeit der Athener, die nur auf
interessante Neuigkeiten bedacht waren, durfte auch dieses
Moment des erschütternden Ernstes nicht fehlen, wenn sie aus
ihrem Sünden- und Todesschlaf geweckt und zum Fragen nach
dem ewigen Heil willig gemacht werden sollten. Wie es dem
ungerechten Statthalter Felix sehr heilsam war, daß er von
dem künftigen Gericht hörte (Apostelgeschichte 24, 25), so
war es auch für die Athener gut. Der Hinweis auf diesen
Tag konnte manchen davor bewahren, die Mahnung zur Buße
leichtsinnig in den Wind zu schlagen. (Matthäus 11, 22 - 24;
12, 36. 41; 2. Petrus 2, 9. 10).