Apg 17,24
A.Christlieb
Drei Fragen, die Paulus in seiner Predigt beantwortet.
Apostelgeschichte 17, 24 - 31.
Erste Frage: Wer ist der unbekannte Gott?
Drei Fragen lagen in der Inschrift jenes Altars. Drei
Antworten gibt Paulus in seiner Predigt. Die erste Frage
lautete: Von wem stammt unser Leiden? Wer ist es, der
es über uns verhängt und Macht hat, es hinwegzunehmen?
An welchen Gott müssen wir uns deshalb wenden?
Paulus zeigt ihnen den, von dem alles herkommt, von dem wir
ganz abhängig sind. Während die Griechen in ihren falschen
heidnischen Vorstellungen immer an mancherlei besondere
Götter der einzelnen Länder und Gegenden dachten, zeigt ihnen
Paulus den Einen Gott, der die ganze Welt geschaffen hat,
der alle Menschengeschlechter in seiner Gewalt hat. Damit
führt er sie aus ihren engen, beschränkten und falschen
Vorstellungen heraus zu einer herrlichen Weite und Klarheit
des Blickes. Der wahre Gott ist nicht der Gott e i n e s
Landes und Geschlechtes, sondern aller Länder. Jedem Volk
wird Ziel und Grenze von ihm bestimmt.
Das hat auch uns etwas zu sagen. Wenn wir auch alle von der
heidnischen Anschauung der Vielgötterei frei sind, so haben
wir doch gerade durch den furchtbaren Weltkrieg oft zu sehr
vergessen, daß Gott nicht der Gott eines Volkes, sondern
aller Völker der Erde ist. Gott hat sie alle geschaffen und
waltet über ihnen allen. Wenn unser Vaterland verkleinert
und beschnitten wurde, wenn andere uns Länderstrecken
wegnahmen, so wollen wir nicht über Menschen zürnen, sondern
an dem Wort festhalten: Gott, der ein Herr ist Himmels und
der Erde, hat Ziel gesetzt und zuvor versehen, wie lang und
wie weit die einzelnen Völker wohnen sollen. Von ihm kommt
auch unser Leid. Er hat es verhängt und hat Macht, es
wegzunehmen.
Dieser Schöpfer der ganzen Welt und Leiter aller ihrer
Geschicke, das ist ,,der unbekannte Gott", an den wir
glauben. Zweite Frage: Was will der unbekannte Gott?
Die Athener hatten durch jenen Altarbau auch bewiesen, daß
sie sich in völliger Unwissenheit über den Willen Gottes
befanden. Deshalb entspricht Paulus einem Bedürfnis seiner
Zuhörer, wenn er ihnen Licht darüber gibt, was der unbekannte
Gott wolle. Er faßt den ganzen Willen Gottes für die
Menschen in dem einen Wort zusammen: ,,...daß sie den Herrn
suchen sollten".
Es ist von allergrößter Bedeutung für uns, daß wir die
Absicht verstehen, auf die Gott bei uns hinzielt. Bekommen
wir Licht über dieselbe und gehen darauf ein, so werden wir
glückliche und gesegnete Menschen. Verstehen wir sie nicht
und handeln ihr entgegen, so werden wir unbefriedigte und
unglückliche Leute.
Hier wird uns Licht über das Ziel gegeben, welches Gott
bei uns verfolgt. Bei allen seinen Taten in Schöpfung und
Weltregierung arbeitet der Herr darauf hin, daß er selbst von
uns gesucht wird. Die Leute, welche ihn suchen, sind auf der
richtigen Fährte. Von dem König Josia heißt es: ,,Als er
noch ein Knabe war fing er an, den Gott seines Vaters David
zu suchen". Er ging den gottgewollten Weg.
Wenn das Suchen unseres innersten Herzens auf andere Ziele,
z. B. Geld, Lust, Ehre und dergleichen gerichtet ist, so
erzürnen wir Gott und handeln seinem Willen entgegen. Suchen
wir aber ihn, so dürfen wir uns freuen, denn wir sind auf
dem göttlichen Pfad. ,,Es freue sich das Herz derer, die den
Herrn suchen" (Psalm 105, 4). (Vergleiche Jesaja 55, 6; Amos
5, 4-6).
Dritte Frage: Wie finde ich den unbekannten Gott?
Unter den bisherigen Worten des Paulus mochte es wohl manchem
aufrichtigen Zuhörer bange zumute geworden sein. Der Apostel
hatte die Torheit ihres Götzendienstes dargelegt. Damit war
das Leben der Athener als ein verirrtes hingestellt und ihr
Gottesdienst als ein falscher und vergeblicher verurteilt.
Es mußte die Frage in den Herzen entstehen: Wie können wir
das Verfehlte gut machen? Wie können wir die Gunst dieses
wahren Gottes erlangen und mit ihm in die rechte Gemeinschaft
kommen? Hierauf geht nun Paulus ein und beantwortet auch
jene dritte Frage: Wie kann man mit der Gottheit versöhnt
werden?
Er zeigt zuerst das, was auf göttlicher Seite nötig ist,
damit dies Ziel zustande komme, und sodann das, was auf
menschlicher Seite erforderlich ist. Von Gottes Seite wird
ein großer Gnadenerlaß angeboten. Er kommt den Menschen mit
wunderbarer Huld entgegen. Die ganze Zeit der Unwissenheit
soll übersehen werden! Des bisherigen Lebens mit seinen
Irrungen, Sünden und dunkelsten Flecken soll nicht gedacht
werden! Welch eine Barmherzigkeit Gottes! Auf seiten des
Menschen ist nur eines not: ,,Gott gebietet allen Menschen an
allen Enden, Buße zu tun." Buße heißt Sinnesänderung. Nicht
Religionsformen, nicht Mienen oder Worte, sondern Herz und
Leben müssen geändert werden, indem man nicht mehr seinen
eigenen, sondern Gottes Willen zur Richtschnur nimmt.
Der Weg der Buße ist nicht nur für die Athener, sondern für
alle Menschen der Weg zu Gott. Wer von Buße und Bekehrung
nichts wissen will, der behält in seinem Herzen den Altar:
,,Dem unbekannten Gott".