Apg 15,3
A.Christlieb
Die Unterhaltung der Apostel auf der Reise nach Jerusalem.
I. Die Weisheit der Apostel in der Vermeidung falscher Unterhaltung.
Apostelgeschichte 15, 3; Sprüche 12, 18; 13, 3.
Unser Heiland fragte einmal seine Jünger: ,,Was handeltet
ihr miteinander auf dem Weg?" Diese Frage brachte die Jünger
in Verlegenheit, weil ihre Gespräche mit Hochmutsgedanken
verbunden gewesen waren (Markus 9, 33 und 34). Nicht jede
Unterhaltung ist so schön wie die des Mose mit seinem
Schwiegervater Jethro (2. Mose 18, 8 - 12), oder wie die von
Maria und Elisabeth (Lukas 1, 39 - 56). Nicht alle Wanderer
lieben den Gesprächsgegenstand der Emmausjünger (Lukas 24,
14).
Wenn wir ein Beispiel von gesegneter Reiseunterhaltung
anschauen wollen, so können wir das Gespräch von Paulus und
Barnabas auf dem Weg nach Jerusalem betrachten. Man hätte
menschlicherweise erwarten können, sie würden unterwegs bei
den Brüdern in erster Linie von der traurigen Veranlassung
und dem Zweck ihrer Reise sprechen, nämlich von dem
Lehrstreit, der augenblicklich in Antiochien herrschte.
Aber dieses Thema ließen sie zurücktreten. Wenn wir auch
nicht aus unserem Vers den sicheren Schluß ziehen dürfen, daß
niemals auf der Reise der Lehrstreit erwähnt worden sei, so
geht doch dieses eine sicher daraus hervor, daß dieser Streit
nicht den Hauptgegenstand ihrer Gespräche bildete. Nicht
von den traurigen Zuständen der Uneinigkeit oder von der
Unklarheit derjenigen, die ihre Lehre blindlings als biblisch
annahmen, flossen die Lippen der Apostel über. Von etwas
ganz anderem redeten sie.
Welch eine Weisheit lag doch darin, daß sie die unangenehmen
Vorgänge der letzten Zeit nicht in den Vordergrund ihrer
Gespräche stellten, sondern zurücktreten ließen. Laßt uns
daraus lernen, daß wir besonders in Zeiten, wo Zwiespalt und
Zank die Gemüter erregen und erhitzen wollen, unser Herz und
unsere Zunge zähmen, damit nichts von uns gesprochen werde,
was schädliches Feuer weiterträgt und befördert.
II. Die richtige Unterhaltung.
Apostelgeschichte 15, 3; Epheser 5, 19.
Statt von der Verirrung und dem Lehrstreit in Antiochien
zu sprechen, redeten die Apostel auf ihrer Reise von einem
lieblichen Thema, von der B e k e h r u n g d e r
H e i d e n. Sie griffen also in ihren Gesprächen auf
das zurück, was v o r dem Lehrstreit vorgekommen war,
auf die köstlichen Erlebnisse von Erweckungen und
Bekehrungen während der ersten Missionsreise.
Dies herrliche Gesprächsthema läßt uns einen Blick in das
Herz der Apostel tun, denn wovon ihr Herz voll war, davon
ging ihr Mund über. Wenn das Herz des Paulus und Barnabas
nur von dem augenblicklichen Lehrstreit zu Antiochien
voll gewesen wäre, wenn sie durch diesen Streit in
Parteileidenschaft geraten wären, so wäre ihre Unterhaltung
gewiß meist in Klagen ausgeklungen über die gesetzlichen
Brüder, welche die vorher so schöne Arbeit in Antiochien
gestört hatten. Aber die Gespräche der Apostel zeigen
uns, daß ihr Herz vom Geist des Streitens und Zankens frei
geblieben ist, daß ihr innerster Herzensgrund weniger von den
Störungen der letzten Zeit, als vielmehr von der Freude an
den großen Fortschritten des Reiches Gottes erfüllt ist.
Damit geben Paulus und Barnabas besonders denjenigen Brüdern,
an deren Orten Zwistigkeiten ausgebrochen sind, den wichtigen
Hinweis: ,,Habt acht auf euer Herz, daß es nicht von dem
Geist des Streitens und Zankens miterfaßt wird. Seht zu,
daß ihr immer erfüllt seid von brennendem Eifer für den Bau
des Reiches Gottes und die Rettung der Seelen, damit auch
eure Lippen von jenem Gesprächsgegenstand überfließen."
III. Die Segenswirkungen der richtigen Unterhaltung.
Apostelgeschichte 15, 3; Psalm 84, 7.
Wie traurig ist doch die Folge von unrichtigen Gesprächen!
Die zehn verzagten Kundschafter nahmen mit ihren Worten
dem ganzen Volk Israel den Mut (4. Mose 13, 27 - 14, 4).
Ganz umgekehrt war die Wirkung, welche die herrlichen
Reisegespräche der Apostel hervorriefen. Worin bestand
dieselbe? Darin, daß ,,allen Brüdern große Freude" gemacht
wurde Hätten die Apostel überall nur Klagen über die
Störenfriede angestimmt, so hätten sie mit ihrem Mißmut auch
in anderen Brüdern Mißmut wachgerufen. Sie hätten dann
andere durch ihre Worte herabgestimmt. So aber haben sie
mit der guten Reiseunterhaltung andere innerlich gehoben
und gestärkt. Sie durften Erquickungsspuren zurücklassen
bei allen Brüdern, die sie besuchten.
Welch ein köstliches Ding ist es doch um solche Unterhaltung,
durch die man andere Menschen im tiefsten Herzensgrunde
reicher und glücklicher macht! Wie arm sind die leeren
Gespräche in der Welt! Wie lieblich hingegen die der
Apostel! Wenn wir zu denen gehören wollen, die ,,durch das
Jammertal gehen und daselbst Brunnen machen", so laßt uns
danach trachten, daß wir in unserem Gesprächsleben solche
Friedensbringer werden, die anderen oft darniederliegenden
Brüdern Erfrischung und Aufrichtung bringen.