Apg 13,22
A.Christlieb
Anhang zu Pauli Predigt in Antiochien.
Apostelgeschichte 13, 22.
Wie kann die Schrift David trotz seiner Sünden ,,einen Mann
nach Gottes Herzen" nennen?
Wie tief war doch David gefallen! Nicht nur Ehebruch,
sondern auch Mord (2. Samuel 11) und Lüge (1. Samuel 21, 1
- 3) sind bei ihm vorgekommen. Trotzdem sehen wir in dieser
Predigt, daß er nicht nur im Alten, sondern auch im Neuen
Testament ausdrücklich als ,,ein Mann nach Gottes Herzen"
erwähnt wird. Gott muß also an David in besonderer Weise
Gefallen gefunden und Freude an ihm gehabt haben. Welch ein
wichtiges Zeugnis ist dies! Wir alle sollten nach diesem
Zeugnis trachten und Gott zu gefallen suchen. Wer diesem
Ziel nachjagt, den wird die Frage interessieren: ,,Was mag
denn Gott an David gefallen haben?" Seine äußere Schönheit
(1. Samuel 16, 12) war doch sicher nicht der Grund, denn
,,Gott sieht ja nicht das an, worauf die Menschen sehen" (1.
Samuel 16, 7; Menges Übersetzung). ,,Der Mensch sieht, was
vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an" (1. Samuel
16, 7). Was war denn wohl in Davids innerster
Herzensstellung Gott wohlgefällig?
Eine Zusammenstellung Davids mit seinem Vorgänger Saul,
der Gott nicht gefallen konnte, läßt uns bald die inneren
Züge erkennen, die nach Gottes Sinn waren.
1. Während Saul in der entscheidenden Stunde, als das
feindliche Heer vor ihm stand und seine eigenen Soldaten
sich zu zerstreuen anfingen, nicht die Glaubensprobe bestand,
sondern mehr auf die sichtbaren Schwierigkeiten als auf den
Herrn und sein Wort sah (1. Samuel 13, 7 - 9), war David
dagegen ein Glaubensmensch. Wenn er als Knabe noch so gering
und verächtlich gegenüber dem Riesen Goliath war, so wußte er
dennoch, daß Gott den Riesen in seine Hand geben würde (1.
Samuel 17, 45 - 47). Er vertraute Gott; und Gottes Augen
sehen nach dem Glauben (Jeremia 5, 3).
2. Während Saul nach seinem Abfall von Gott seine eigene
Ehre und seinen eigenen Ruhm suchte (er ließ Agag leben,
um ihn in seinem Triumphzug umherzuführen und mit ihm zu
prangen; er richtete sich selbst ein Siegeszeichen auf; 1.
Samuel 15, 9 - 17), so war David von Herzen demütig. Als er
durch seinen Sieg über Goliath ein berühmter Held Israels
geworden war, nannte er sich selbst ,,einen armen, geringen
Mann" (1. Samuel 18, 23). Als später seine stolze Gemahlin
Michal einen größeren Abstand von dem gewöhnlichen Volk
gewahrt wissen wollte, gab er ihr zur Antwort: ,,Ich will
noch geringer werden denn also, und will niedrig sein" (2.
Samuel 6, 22). Nach allen Siegen gab er Gott allein die Ehre
(2. Samuel 5, 20; Psalm 18, 18 - 20).
Während die stolzen Leute Gott ein Greuel sind (Sprüche 16,
5; Lukas 16, 15), gefallen ihm die wahrhaft demütigen. Sie
sind Leute nach seinem Herzen (1. Petrus 5, 5). 3. Während
Saul nicht in der Wahrheit blieb (denn er suchte sich trotz
seines Ungehorsams vor Samuel den Anschein eines Gott
gehorsamen Menschen zu geben; 1. Samuel 15, 13), so war
David im Innersten lauter und wahr. Er entschuldigte und
verkleinerte seine Sünde vor Nathan nicht, sondern gestand
sie restlos ein (2. Samuel 12, 13). Auch seine Schuld an
dem Untergang von Ahimelechs Haus gab er unumwunden zu (1.
Samuel 22, 22). Er wies jedes Mittel zur Erlangung von
Vorteil und Macht ab, wenn es vor Gottes Augen nicht recht
war (1. Samuel 24, 8).
Gott hat Wohlgefallen an denen, die in der Wahrheit wandeln
(Vergleiche 3. Johannes 4).
Ungetrübtes Wohlgefallen Gottes ruhte nur auf dem Davidssohn
(Matthäus 17, 5; 3, 17; Jesaja 42, 1). Wohl allen, die sich
mit diesem verbinden und sich in sein Bild umgestalten
lassen! Sie werden einst Davids Zeugnis erhalten und Leute
,,nach Gottes Herzen" genannt werden (Offenbarung 3, 12).
Die dreifache Erwähnung Davids in Paulus' Predigt in Antiochien.
Dreimal wird in der Rede von Paulus David erwähnt (Vers 22,
34 und 36). Jedesmal wird ein beachtenswerter Ausdruck von
ihm gebraucht. Der erste zeigt uns die gottgewollte
Bestimmung (Vers 22), der zweite die Kraftquelle (Vers 34),
der dritte das Schlußzeugnis (Vers 36) von Davids ganzem
Leben. Laßt uns diese drei Ausdrücke näher anschauen.
Erste Erwähnung Davids: Seine gottgewollte Bestimmung. Was
war die von Gott gewollte Bestimmung für Davids ganzes Leben?
Der ,,Mann nach Gottes Herzen" war dazu erkoren, ,,allen
seinen (d. h. Gottes) Willen zu tun" (Vers 22). Saul hatte
in vielen Fällen seinen eigenen Willen getan (1. Samuel 13,
13; 15, 8. 9). Er war nicht in der Abhängigkeit von Gott
geblieben, sondern selbstherrlich geworden. In Israel sollte
Gott selbst der eigentliche Herrscher sein (Richter 8, 2; 1.
Samuel 12, 12). Der König war nur Gottes Beauftragter, der
nie nach seinem eigenen, sondern nach Gottes Willen regieren
mußte. Weil Saul von diesen Linien gewichen war, ,,tat Gott
ihn weg" (Vers 22), um einen anderen zu nehmen, der nicht
seinen eigenen, sondern ,,allen Willen Gottes tun sollte".
Auch wir sind wie David berufen, ,,allen Willen Gottes zu
tun". Das gilt nicht etwa nur für hervorragende Führer eines
Volkes, wie David als König es war, sondern auch für den
geringsten Jünger Jesu. Für jeden hat Gott eine besondere
Aufgabe, so daß es auch für ihn gilt, ,,allen Willen Gottes
zu tun" (Epheser 2, 10). Laßt uns diese hohe Bestimmung nie
vergessen!
Zweite Erwähnung Davids: Die Kraftquelle seines Wirkens. Vor
der hohen Lebensbestimmung, ,,zu tun allen Willen Gottes",
könnten wir mit Recht erschrecken und uns für völlig unfähig
und untauglich dafür halten. Nun aber zeigt uns der zweite
über David gebrauchte Ausdruck die verborgene Kraftquelle,
die ihn zur Erfüllung seiner großen Aufgaben befähigte.
Wo lag Davids verborgene Kraft und Hilfe? Sie lag in der ihm
zugesicherten Gnade Gottes, die unwandelbar treu war (,,I c h
w i l l d i e G n a d e , D a v i d v e r h e i ß e n ,
t r e u l i c h h a l t e n"; Vers 34).
In eigener Kraft konnte David nie allen Willen Gottes
ausrichten, weder einen Goliath, noch irgendeine feindliche
Völkerschaft besiegen. Aber in der Kraft der göttlichen
Gnade und Hilfe konnte er all das Große für Israel
vollführen, was er tun sollte. Bei den einzelnen
erfolgreichen Kämpfen dieses Mannes betont die Schrift immer
wieder, daß das Geheimnis alles Gelingens bei ihm in der
Hilfe Gottes lag (,,denn der Herr half David, wo er hinzog";
2. Samuel 8, 6).
Davids Kraftquelle ist auch die unsrige. Ohne ihn können
wir nichts tun (Johannes 12, 5). Aber weil Gott seine uns
verheißene Gnade treulich hält, darum gehen wir getrost an
die Aufgabe, ,,zu tun allen seinen Willen".
Die dritte Erwähnung Davids: Ein Schlußzeugnis über sein Leben.
Der letzte Ausdruck enthält ein Zeugnis über das gesamte
Leben Davids. Es lautet: ,,David hat zu seiner Zeit dem
Willen Gottes gedient". Welch ein herrlicher Nachruf für
einen entschlafenen Knecht Gottes! Trotz aller Mängel und
Gebrechen, die sein Leben aufweist, darf die Heilige Schrift
von ihm sagen: ,,Er diente dem Willen Gottes". Er war stets
darauf bedacht, das zu tun, was Gott haben wollte. Sein
Leben hat mithin die gottgewollte Bestimmung erfüllt (,,zu
tun allen seinen Willen"; Vers 22).
Dieser Nachruf gilt allen wahren Knechten und Mägden
Gottes. Von der Wolke von Zeugen (Hebräer 12, 1), die uns
vorangegangen sind, dürfen wir sagen: ,,Sie haben zu ihrer
Zeit dem Willen Gottes gedient". Er hat ,,vollendet das
Werk, das der Vater ihm gegeben hatte, daß er es tun sollte"
(Johannes 17, 4).
Laßt uns danach trachten, daß dieses Zeugnis über David einst
auch über unser Leben gesetzt werden darf.