Apg 13,15
A.Christlieb
Drei Bitten bei Gelegenheit des Gottesdienstes zu Antiochien.
Apostelgeschichte 13, 15. 16.
Bei Gelegenheit des Gottesdienstes in der Synagoge zu
Antiochien wurden drei Bitten ausgesprochen, die
beachtenswert sind.
Es sind die Bitten der Synagogenvorsteher an die Apostel
(Vers 15), die Bitte des Apostels an seine Zuhörer (Vers 16)
und die Bitte vieler Zuhörer an die Apostel (V. 42). Laßt
uns diesen drei Bitten nähertreten.
Die Bitte der Synagogenleiter an die Apostel.
Die Vorsteher der Synagoge ließen nach der gewohnten
Schriftverlesung die fremden Besucher, Barnabas und Paulus,
um eine Ansprache bitten. Sie wollten offenbar die
Gelegenheit zu einer Bereicherung ihres Gottesdienstes und
zu einer nützlichen inneren Anregung der Gemeinde nicht
vorübergehen lassen.
Hier können wir von ihnen lernen.
Wie manche Leiter von Gemeinden und Gemeinschaften gibt es,
die niemals eine andere Gabe außer ihrer eigenen zur Geltung
kommen lassen. Wenn sogar jene Synagogenleiter den Besuch
zum Reden geeigneter Landsleute zur Erbauung der Gemeinde
auszunützen suchten, wieviel mehr sollte man in der
Gemeinde Jesu bei gegebener Gelegenheit darüber dankbar die
mannigfachen Gaben, die Gott verliehen hat, zum Nutzen aller
gebrauchen und nicht abweisen (1. Korinther 12, 4 - 26).
Laßt uns auf eine gewisse äußere Ordnung in dem jüdischen
Gottesdienst achten, die hier zu erkennen ist. V o n w e m
ging diese Bitte aus? Nicht jedes beliebige Mitglied der
Synagogengemeinde konnte und durfte die Apostel um eine
Ansprache bitten, sondern nur die zur Leitung derselben
erwählten und bestimmten Männer. (,,Die Obersten der Schule
sandten zu ihnen.")
Dies darf uns daran erinnern, daß auch in unseren Gemeinden,
Vereinen und Gemeinschaften nicht jeder einzelne das Recht
haben kann, fremde Redner zum Dienst am Wort zu rufen oder um
eine Ansprache zu bitten, sondern nur diejenigen, welchen die
Leitung anvertraut ist. Wie manche böse Folge und Verwirrung
ist dadurch entstanden, daß einzelne Personen fremde Redner
zu einem Dienst aufforderten, auch wenn sie zu solch einer
Aufforderung gar keine Befugnis hatten. Wenn schon in jenem
jüdischen Gottesdienst in dieser Beziehung Ordnung herrschte,
wieviel mehr sollte dies bei uns der Fall sein. (1.
Korinther 14, 40; Kolosser 2, 5).
In jedem Gemeinwesen muß eine Ordnung vorhanden sein. Dies
muß deshalb betont werden, weil der revolutionäre Geist
unserer Zeit, der sich an keine bestimmte Zucht und
Ordnung binden will, bis in die Reihen der Jünger Jesu
hineinzudringen sucht (1. Thessalonicher 5, 12). Laßt uns
solchem Geist nie folgen, damit nicht die äußere Ordnung
jener Judenschule uns beschämen muß.
Zuletzt laßt uns auf die Art und Weise der Aufforderung
achten. Die Vorsteher der Synagoge drängten jene fremden
Besucher nicht etwa zum Reden. Sie sagten nur: ,,Wollt ihr
etwas reden, so saget an". In genauer Übersetzung lautet
ihre Bitte: ,,Wenn ein Wort der Ermahnung an das Volk in
euch ist," d. h. wenn ihr ein zur Erbauung der Gemeinde
geeignetes Wort habt und wißt, dann sagt es uns.
Diese Art der Bitte um eine Ansprache ist für Redner und
Hörer wohltuend.
Der zum Reden Gebetene fühlt sich durch solche Bitte nicht
beschwert oder gar belästigt, denn er braucht ja nur dann zum
Wort hervorzutreten, wenn er wirklich einen für die Zuhörer
nützlichen Gedanken hat.
Die Hörer aber werden vor einer Ansprache bewahrt, die sich
hin und her bewegt, aber keine Ermahnung und Erbauung
enthält. Laßt uns nur dann den Mund öffnen und reden, wenn
wir einen zur inneren Förderung geeigneten Gedanken haben
(1. Petrus 4, 11 a). Wenn aber die am Wort dienenden Brüder
etwas haben und wissen müssen, was zur Erbauung dient, dann
gilt es für alle Glieder der Gemeinden und Gemeinschaften zu
bitten, daß Gott den Rednern heilsame, nützliche Gedanken
ins Herz gebe, damit sie im Segen reden können.
(Apostelgeschichte 4, 29; Epheser 6, 18 - 20; Kolosser 4, 3.
4; 2. Thessalonicher 3, 1.)
Die Bitte des Predigers an die Zuhörer.
Paulus begann seine Ansprache mit der Bitte um Gehör. Er
richtete diese Bitte an sämtliche Anwesende, Juden und
Proselyten (,,Ihr Männer von Israel und die ihr Gott
fürchtet, höret zu"; Vers 16).
Veranlassung zu dieser Bitte bot zunächst die in den
Gottesdiensten oft nicht geringe Unruhe. Bei gegenseitiger
Unterhaltung können die Gemüter unmöglich eine göttliche
Botschaft in sich aufnehmen. Die Bitte um Stille und
Aufmerksamkeit ist in allen Gottesdiensten und Versammlungen
am Platz, auch wenn es bei uns nicht so laut wie in einer
Judenschule herzugehen pflegt.
Wie manchmal gibt es besonders unter den jüngeren Zuhörern
solche, die durch Sprechen und deutlich bemerkbare
Unaufmerksamkeit dem Prediger seinen Dienst erschweren.
Laßt uns die Bitte des Apostels willig befolgen und im Hause
Gottes Ohr und Herz auf das Wort richten, zumal nur so die im
Wort liegende Botschaft von uns verstanden und aufgenommen
werden kann, von der unsere ewige Rettung abhängt (Jakobus 1,
21; Sprüche 1, 5 a; Jesaja 55, 3; Hesekiel 40, 4 a; 5. Mose
32, 1).
Die Bitte der Zuhörer an die Prediger.
Die dritte beachtenswerte Bitte bei Gelegenheit dieses
Gottesdienstes war eine Bitte der Zuhörer an die Prediger.
Als der Gottesdienst in der Synagoge beendigt war und die
Zuhörer das Gebäude verließen, baten die Proselyten die
Apostel, ihnen am folgenden Sabbat noch mehr von diesem Wort
Gottes zu sagen (Vers 42). Diese Bitte beweist einen Hunger,
der in ihrer Seele entstanden war. Welche Freude werden sie
mit diesem Verlangen den Aposteln bereitet haben! Es
gibt oft Zuhörer, die froh sind, wenn eine Predigt oder
Versammlung endlich vorüber ist. Wohl allen, die einen
Hunger nach mehr Lebensbrot haben! (Amos 8, 11).