Apg 13,13
A.Christlieb
Der Übergang der führenden Stellung von Barnabas auf Paulus.
Apostelgeschichte 13, 13.
Bei der Abreise von der Insel Zypern tritt eine
beachtenswerte Änderung in der Bezeichnung der Apostel ein.
Bisher hatte es gelautet: ,,Barnabas und Saulus" (V. 2. 7).
In der Voranstellung des Namens Barnabas war dessen leitende
Stellung ausgedrückt. Nun heißt es: ,,Paulus, und die um ihn
waren". Nicht allein pflegt von jetzt ab in der Regel der
Name Paulus voranzustehen, sondern hier wird des Barnabas
Name überhaupt nicht genannt; er tritt als einer der
in Paulus' Begleitung stehenden Personen mehr zurück.
Das Hervortreten der dem Paulus verliehenen Gnadengaben,
besonders seine Vollmacht in der Überwindung des Elymas,
haben offenbar die Wirkung gehabt, daß man ihn mehr und mehr
als das ,,auserwählte göttliche Rüstzeug" (Apostelgeschichte
9, 15) und den geistlichen Führer anerkannte.
Dieser Wechsel in der Führerstellung hat uns mancherlei zu
sagen: Im Blick auf Paulus lernen wir hier: Wen Gott zum
Führer erwählt hat, der wird auch zur rechten Zeit in die
ihm bestimmte Stellung gelangen. Er braucht sich nicht
selbst darum zu bemühen. Paulus hatte in Antiochien
als letzter der am Wort dienenden Brüder seinen Platz
eingenommen (Apostelgeschichte 13, 1). Nie hat er sich
selbst vorgedrängt, nie war er darauf bedacht, eine leitende
Stellung zu erlangen. Nun fällt ihm solche durch Gottes
Leiten wie von selbst zu. Andere sehen in ihm den von Gott
gegebenen Führer. Wer so in eine Führerstellung kommt, zu
dem darf man Vertrauen haben.
Wer sich aber selbst dazu vordrängt, pflegt nicht von Gott
berufen zu sein. (Josua 3, 7; 4, 14; Sprüche 15, 33 b).
Eine ganz andere Lehre gibt uns dieser Wechsel in der
geistlichen Führerschaft im Blick auf B a r n a b a s.
Laßt uns die Demut dieses Knechtes Gottes bewundern, der
stillschweigend anerkannte, daß sein großer Mitarbeiter
Paulus ihn an gottverliehenen Gaben weit übertraf.
Nicht jeder hätte dies ertragen können. Auch ,,Männer
voll Glaubens und Heiligen Geistes" wie Barnabas
(Apostelgeschichte 11, 24) können sich oft sehr schlecht
von einer hervorragenden Stellung im Reich Gottes trennen.
Auch sie zeigen sich in diesem Stück oft als Menschen.
Ob Barnabas von Gedanken des Neides und der Eifersucht
angefochten wurde, wissen wir nicht. (1. Samuel 18, 6 - 8).
Aber eins ist klar: Er muß Gott und nicht seine eigene Ehre
gesucht haben; er muß auf die Förderung des göttlichen
Reiches und nicht seiner eigenen Machtstellung bedacht
gewesen sein, sonst wäre er nicht so willig weiterhin
mitgegangen. Wohl dem, der es wie Barnabas ertragen kann,
daß sein Name, der früher an erster Stelle stand, in die
zweite Stelle rückt. Wehe dem, der sich in solchem Fall
gekränkt und beleidigt zurückzieht. (3. Johannes 9, 1;
1. Petrus 5, 5; Lukas 9, 46 - 48; Jakobus 3, 13 - 17).
A.Christlieb
Der eigene Weg des Johannes Markus
Apostelgeschichte 13, 13 b und Kolosser 4, 10. 11.
Der Irrweg des Johannes Markus kann uns einerseits zur
Warnung vor allen selbstgewählten Wegen dienen, andererseits
- wo wir auf einen solchen geraten sind - uns ermutigen,
wieder auf die rechte Bahn umzukehren. Laßt uns dazu den
Irrweg selbst, seine Folgen und die Umkehr von demselben
anschauen.
1. Der Irrweg selbst.
Johannes Markus war von bewährten Gottesmännern, den Aposteln
Barnabas und Paulus, auf die erste Missionsreise mitgenommen
worden (Vers 5). Wenn keine zwingenden Gründe zur Ablehnung
dieses Rufes vorlagen, so war es offenbar für ihn der
gewiesene Weg, diesen von Gott beglaubigten Männern zu folgen
und sich ihrer Aufforderung nicht zu entziehen. Er hatte
seine Gehilfenstellung aus Gottes Hand annehmen können und
dürfen. Wenn er aber diesen Weg als für ihn gewiesen und
von Gott geführt ansehen mußte, so hatte er auch alle mit
diesem Wege verbundenen Freuden und Leiden, Erquickungen und
Widerwärtigkeiten aus Gottes Hand anzunehmen. Wenn Gott ihn
in diesen Dienst gestellt hatte, so mußte Gott ihn auch von
demselben entbinden.
Wie aber verhielt es sich mit dieser Umkehr? Kein göttlicher
Fingerzeig, keine Weisung etwa durch Gottesknechte oder
unzweideutige Gründe und Verhältnisse lagen vor. Im
Gegenteil! Paulus war mit diesem Weg nicht einverstanden
(Apostelgeschichte 15, 38). Johannes Markus mußte spüren,
daß er diesen Gottesknecht betrübte und daß er demnach nicht
in der Liebe wandelte (Epheser 5, 2; 1. Korinther 16, 14).
Die Trennung von den Aposteln paßte gar nicht zu der
bisherigen von Gott gewiesenen Bahn; sie war ein Verlassen
derselben. Es ist immer höchst bedenklich, einen Weg
einzuschlagen, der mit der früheren göttlichen Führung
gar nicht in Einklang zu bringen ist, sondern zu ihr
im Widerspruch steht (Psalm 119, 29. 104; Jona 1, 3).
Mannigfache Beweggründe mögen Johannes Markus zur Umkehr
veranlaßt haben.
Pfarrer Schneller, ein Kenner jener Gegend, erzählt uns, daß
der in Perge beginnende Weg nach Pisidien damals genau wie
heute ein besonders gefährlicher und schwieriger Weg gewesen
sei, der wegen allerlei Räuberunwesen gefürchtet wurde. Wie
leicht konnte da einer, der diese Reise antreten sollte, von
Furcht ergriffen werden!
Andere meinen, daß die bisherigen Missionserfolge Markus
nicht genügt hätten. Er sei in seinen großen Erwartungen
enttäuscht gewesen.
Wieder andere meinen, daß die überragende Persönlichkeit des
Paulus für Markus etwas Drückendes gehabt habe. Auch mag die
gerade in unserm Vers angedeutete zunehmende Führerstellung
von Paulus und das damit verbundene Zurücktreten von Barnabas
dem Neffen des letzteren nicht angenehm gewesen sein.
Auch kann die ihm zugefallene dienende Stellung mehr
Selbstverleugnung erfordert haben, als Markus es sich
anfänglich gedacht hatte. (Jeremia 2, 20 a).
Diese und noch andere Gründe können auf Johannes Markus
bestimmend gewirkt oder mitgewirkt haben. Irgend etwas hat
ihm jedenfalls nicht gepaßt und zu tragen gegeben. So läßt
sich seine Rückkehr menschlich begreifen und erklären. Wie
aber ist sie zu beurteilen?
Sind diese Gründe stichhaltig genug, das Verlassen eines
Postens zu rechtfertigen? Dies muß verneint werden. Unser
Weg ist nach der Schrift ein Kreuzesweg (Matthäus 10, 38; 16,
24; Hebräer 12, 1 b). - Gott hat auf den Pfad der Seinen
allerlei Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten verordnet,
die zum Sterben des eigenen Wesens, des eigenen Willens
und der eigenen Natur nötig und heilsam sind. Diese
Widerwärtigkeiten bilden für uns eine beständige Versuchung
zur Kreuzesflucht (Hebräer 10, 36; 12, 1; Jakobus 1, 3. 4;
Offenbarung 13, 10). Johannes Markus erlag dieser
Versuchung, obgleich er die besten Ratgeber in der Person
der Apostel um sich hatte. -
Hüten wir uns davor, Kreuzesflucht zur verborgenen Triebfeder
beim Verlassen unseres Postens zu machen! Umgehungsversuche
eines uns verordneten Sterbensweges bringen immer Schaden.
2. Die Folgen des Irrweges.
-> Apostelgeschichte 13, 49