Apg 13,7
A.Christlieb
Der erste Erfolg der Missionare.
Apostelgeschichte 13, 7 - 12.
Drei Stufen in der Bekehrung des Sergius Paulus.
1. Der nach Gottes Wort begehrende Landvogt.
Der erste von der Schrift berichtete wichtige Erfolg der
Missionsreise bestand darin, daß der Landvogt Sergius Paulus
zum Glauben geführt wurde.
Laßt uns die Geschichte dieses Mannes näher anschauen. Wir
sehen ihn zuerst als einen hoch emporgestiegenen, aber doch
nicht ganz befriedigten Menschen. Sergius Paulus nahm auf
der Insel Zypern die höchste Beamtenstellung ein. Er vertrat
daselbst den Herrscher des großen Weltreiches, den römischen
Kaiser. Mit dieser Stellung war eine Fülle von Macht, Ehre
und auch ein nicht geringes Einkommen verbunden. Tausende
mögen ihn um seinen Rang und um sein Amt beneidet haben.
Aber alle Höhe und aller Glanz seiner Stellung vermochte
das Herz dieses Mannes nicht zu stillen. Er sehnte sich
nach etwas anderem. Die heidnischen Religionen boten ihm
innerlich nichts, auch der an seinem Hof wirkende jüdische
Zauberer befriedigte sein tiefstes Sehnen nicht.
Da hörte er von den Missionaren Barnabas und Saulus, die
das Evangelium verkündigten. Das Verlangen, dies zu hören,
erfaßte ihn. Er rief diese Knechte Gottes zu sich und bat
sie, ihn mit ihrer Heilsbotschaft bekannt zu machen. Das
Verlangen dieses Mannes war nicht darauf gerichtet, fremde,
interessante Persönlichkeiten kennenzulernen. Er begehrte
nicht Barnabas und Paulus, sondern ,,d a s W o r t
G o t t e s z u h ö r e n !"
Dieser nach Seelenspeise verlangende Landvogt ist ein Beweis
dafür, daß eine glänzende Laufbahn und irdische Ehrenstellung
den tiefsten Hunger der Seele nicht stillen können (Prediger
2, 1 - 11). Dies geschieht nur durch Gottes Wort (Psalm 119,
131).
2. Der zwischen zwei Einflüssen stehende Landvogt.
Kaum zeigte Sergius Paulus eine innere Neigung zum
Evangelium, als auch schon ein Widerstand sich regte. Der am
Hof befindliche jüdische Zauberer Elymas machte sich auf, den
Einfluß des göttlichen Wortes zu brechen. Laßt uns auf das
Ziel dieses gefährlichen Mannes achten. Er suchte nicht etwa
den Herrscher davon abzuhalten, etwas frömmer und besser zu
werden. Aber mit aller Gewalt suchte er ihn ,,vom Glauben"
zurückzuhalten. Unter keinen Umständen sollte er gläubig
werden. Während Barnabas und Saulus gerade den Weg des
Glaubens als den einzig richtigen Weg zeigten, ,,trachtete
Elymas, daß er den Landvogt v o m G l a u b e n
a b w e n d e t e ".
Wie wurde doch Sergius Paulus von zwei entgegengesetzten
Einflüssen hin und her gezogen: hier hörte er das Evangelium
von Paulus, dort die Kritik des Elymas. Von der einen Seite
empfing er Belehrung aus dem Himmel, von der anderen Seite
Weisung aus der Hölle. Hier machte sich die erleuchtende
Macht des Wortes Gottes bei ihm geltend, dort die
verblendende Kunst der Zauberei.
So stehen Seelen auch heute noch oft zwischen zwei Mächten.
Ein Ahab schwankt zwischen Elias und Isebels Einfluß (1.
Könige 18, 18 - 21; 19, 1). Ein Herodes hört jetzt auf
Johannes, dann auf Herodias (Markus 6, 20 ff.). Pilatus
schaut jetzt auf den stillen Heiland, dann auf die laute,
fordernde Masse (Johannes 19, 4 - 8. 15).
Noch heute baut die Weisheit ihr Haus und lädt ein; die
Torheit tut dasselbe (Sprüche Salomos 9, 1 ff., 13 ff.).
Wenn auch nicht alle auf der einen Seite einen Apostel, auf
der anderen einen Zauberer haben, so werden doch alle früher
oder später in irgendeiner Weise hier nach der Seite des
Glaubens, dort nach der Seite des Unglaubens gezogen. Wo
ein Pauluszeuge zum Glauben an Jesus ruft, da wird sich
bald auch ein Elymas zeigen, der vom Glauben abwenden will.
3. Der von der Wahrheit überzeugte und glaubende Landvogt.
Nicht lange blieb der Landvogt zwischen zwei Einflüssen
stehen. Gott selbst kam dieser nach Wahrheit dürstenden
Seele zur Hilfe. Er ließ ihn etwas sehen von der göttlichen
Macht, die über alle Zauberkräfte weit erhaben ist (2. Mose
8, 14. 15. 18. 19). Aus der Niederlage des Zauberers
erkannte Sergius Paulus deutlich, auf welcher Seite die
Wahrheit liege. Er kam zur vollen Glaubensüberzeugung (2.
Mose 14, 31 b ; Psalm 106, 12). ,,Als er sah, glaubte er".
Aus diesem Wort darf niemand das Recht ableiten, erst etwas
sehen zu müssen, bevor er glauben wolle (Johannes 20, 29;
Hebräer 11, 1). Wohl aber darf er aus dieser Begebenheit
lernen, daß Gott aufrichtig verlangende Seelen nicht im
Dunkeln lassen, sondern ihnen zum Licht und zur vollen
Klarheit hindurchhelfen will.
Laßt uns achten auf ein wichtiges Kennzeichen dafür, daß der
Landvogt zu echtem Glaubensleben erwacht war. Als dieser auf
die Seite der Wahrheit trat und glaubte, bewunderte er nicht
etwa die großen Gottesmänner, die ihm innerlich gedient
hatten, sondern ,,staunte ü b e r d i e L e h r e d e s
H e r r n" (wörtliche Übersetzung). Es verband sich also mit
seinem Glauben die größte Bewunderung der Lehre vom Heiland.
Es ist immer bedenklich, wenn Glaubensanfänger sich mit allzu
großer Verehrung an die Werkzeuge hängen, durch die sie
gesegnet wurden. Dagegen ist es erfreulich, wenn dieselben
wie Sergius Paulus mit unbegrenzter Hochachtung vor der
herrlichen, nie zu erschöpfenden Lehre vom Herrn Jesus
erfüllt werden (1. Korinther 3, 21; Psalm 56, 5 a; 93, 5 a).