Apg 9,13
A.Christlieb
Die Bedenken des Ananias.
Apostelgeschichte 9, 13 - 16.
I. W o r i n d i e B e d e n k e n b e s t a n d e n .
Ananias erschrak ob dem Auftrag Jesu, zu Saulus zu gehen. Er
wußte über diesen Mann Bescheid. Die vielfach bestätigten
Nachrichten über des Saulus Christenhaß erregten in ihm
Bedenken. Alles, was er gehört hatte, war Tatsache. Aber es
war nicht die g a n z e Wahrheit.
1. Er wußte nur, ,,wieviel Ü b l e s der Mann getan hatte".
Er wußte aber nicht, wieviel d e r H e r r an ihm getan
hatte.
2. Er wußte wohl um ,,die Macht, die dieser Mann von den
Hohenpriestern hatte". Er wußte aber nicht um die Macht, die
der himmlische Hohepriester an ihm vor Damaskus bewiesen
hatte.
3. Er wußte zwar des Saulus Ziel: ,,zu binden alle, die
deinen Namen anrufen". Er kannte aber nicht das Ziel, das
der Herr sich mit diesem Verfolger gesetzt hatte. Der,
welcher die Christen in Damaskus in Fesseln schlagen und vor
Gericht bringen wollte, sollte nach Gottes Rat viele zu
Gebundenen Jesu machen.
So haben wir oft bei den Wegen, die uns zugewiesen werden,
allerlei Bedenken, weil wir vieles nicht wissen. Wüßten wir
Gottes ganze Macht und seine Herrlichkeitsziele mit den
Seinen, so würde jede Angst und Sorge bei den uns
zugewiesenen Aufgaben völlig verschwinden.
II. W a s A n a n i a s m i t s e i n e n B e d e n k e n
m a c h t .
Ananias breitete die Besorgnisse, die sein Herz erfüllten,
vor dem Herrn aus. Wie einst Jakob seine Furcht vor der
Begegnung mit Esau seinem Gott sagte (1. Mose 32, 9 - 12);
wie einst Mose seine Untüchtigkeit, vor Pharao zu treten, dem
Herrn vorhielt (2. Mose 3, 11; 4, 1. 10 - 13); wie ein
Gideon seine großen Bedenken vor der Übernahme des
Richteramtes äußerte (Richter 6, 15); wie ein Samuel seine
Furcht dem Herrn kundtat, als er zu Sauls Lebzeiten schon
einen neuen König salben sollte (1. Samuel 16, 2) ; wie
ein Jeremias seine Bedenken gegen das zu übernehmende
Prophetenamt vor Gott niederlegte (Jeremia 1, 6) -
s o m a c h t e e s a u c h A n a n i a s .
Gegen solches Ausbreiten von Bedenken ist nichts einzuwenden,
wenn es nicht im Geist des Ungehorsams geschieht, sondern in
kindlich-willigem Sinn, Gott gehorsam zu bleiben. Wenn wir
nur nicht wie Jonas uns dem Auftrag Gottes eigenwillig
entziehen wollen (Jonas 1, 3), sondern mit Jesaja im tiefsten
Herzensgrunde sprechen: ,,Hier bin ich" (Jesaja 6, 8), dann
ist alles gut.
III. W i e d e r H e r r d e m A n a n i a s d i e
B e d e n k e n n a h m .
Der Herr nahm dem Ananias seine Bedenken, indem er ihm den
bisherigen Christenverfolger als sein ,,auserwähltes
Rüstzeug" vor die Augen stellte. In dieser Enthüllung lag
eine heilende und zurechtbringende Kraft für Ananias.
Die Einwendungen von Ananias klangen fast so, als ob er dem
Herrn über Saulus Bescheid geben müsse, als habe der Herr bei
der Erteilung seines Auftrages den Wandel des Saulus nicht
genau gekannt oder wenigstens nicht genug in Betracht
gezogen. Der Herr sagte ihm aber: N i c h t d u mußt m i r
über Saulus Bescheid geben, sondern ich dir. Nicht du bist
der genaue Kenner der Menschen und Ereignisse, sondern ich.
W i e o f t v e r g e s s e n w i r , d a ß d e r H e r r
a l l e s v i e l b e s s e r w e i ß a l s w i r .
Der Hinweis auf die ,,vielen Übeltaten an den Heiligen"
konnten den Anschein erwecken, als sei Saulus nicht wert,
besucht zu werden.
Wir wissen wohl, daß nicht pharisäischer Hochmut, sondern
Furcht vor dem Christenverfolger der innerste Beweggrund
zu Ananias' Einwendungen war. Dennoch bestand auch für das
treue Jüngerherz des Ananias die Gefahr, auf den Mann, der so
Schlimmes getan hatte, in irgendeiner Weise herabzusehen.
Dieser Gefahr begegnet der Herr. Er zeigte dem Ananias:
Nicht Saulus ist unwürdig, von dir besucht zu werden, sondern
du bist viel eher nicht wert, ihm einen Dienst tun zu dürfen.
Der Blick in die große Aufgabe des Saulus mußte Ananias
völlig davor bewahren, sich in irgendeiner Weise über Saulus
zu stellen.
Auch wir wollen selbst zum schlimmsten Christenfeind immer
in dem Bewußtsein hingehen, daß der Herr ihn weit über uns
stellen und ihn viel fruchtbarer machen kann, als wir es
sind. Ananias meinte, der schlimme Unglaube des Saulus sei
das Hindernis für ihn, diesen Mann zu besuchen. Jesus aber
läßt ihn zart merken: Nicht in des Saulus, sondern in deinem
Unglauben liegt die Schwierigkeit. Mit Saulus Unglauben bin
ich schon fertig geworden, er schadet und hindert nicht
mehr. Aber du mußt jetzt glauben lernen, daß dieser
Christenverfolger eine Posaune der Gnade werden soll. Du
mußt das Wort verstehen lernen: ,,Er soll die Starken zum
Raube haben" (Jesaja 53, 12). Kümmere dich nicht um des
Saulus Unglauben, sondern sieh zu, daß dieser Fehler nicht
in dir Wurzel fasse!
Wie oft meinen wir in irgendeiner Sache, die Schwierigkeit
liege bei den anderen. Der Herr aber deckt uns mit zarter
Hand auf, daß sie in uns selbst liegt.
Mit welcher Treue und Weisheit verstand doch der Herr, seinen
Knecht Ananias zu dem wichtigen Dienst, den er tun sollte,
zuzubereiten und ihn von allen Bedenken zu heilen!