Apg 9,3
A.Christlieb
Der vor Damaskus dem Heiland begegnende Saulus.
Apostelgeschichte 9, 3 - 6.
Wie dem Saulus vor Damaskus seine Gelehrsamkeit, seine
Frömmigkeit und seine Pläne zerschlagen wurden.
Unser Text zeigt uns das Eingreifen Gottes in das Leben
des verblendeten Saulus. Der Herr selbst erschien ihm. Ein
Licht von oben kam auf seinen falschen Pfad. Durch dieses
Erlebnis wurde ihm auf einmal dreierlei zerschlagen:
1. In Trümmer sank seine ganze G e l e h r s a m k e i t,
die er zu Gamaliels Füßen gesammelt hatte. Er konnte in
dieser Stunde nichts mit seiner Gelehrsamkeit anfangen. So
nützlich sie ihm auch nach mancher Seite gewesen sein mochte,
sie führte doch nicht zu Jesus hin. Sie lehrte ihn nicht den
Heiland erkennen.
2. In Trümmer sank seine F r ö m m i g k e i t . Er, der
vor Gott gerecht zu sein glaubte, stand jetzt als Gottloser
vor ihm da. Alle seine vermeintliche Frömmigkeit erkannte er
als Schaden und Kot (Philipper 3, 8). Jetzt war er nicht
mehr der beste, sondern der schlechteste Mensch.
Solche Zertrümmerung tut weh, aber sie ist nötig, denn sie
lehrt uns, von Gnade zu leben.
3. In Trümmer zerschlagen wurden ihm alle Z u k u n f t s -
p l ä n e. Mit der geplanten Verhaftung und Gefangennahme der
Jesusjünger war es auf einmal vorbei. Alles das paßte nicht
mehr, weil es nicht mit Jesu Gedanken übereinstimmte. Von
jetzt an blieb nur Ein Plan bestehen: Jesus nachzugehen und
seinen Willen zu tun.
Wohl uns, wenn der Herr uns alles zerschlägt, was nicht von
ihm stammt und zu ihm führt. Diese heilsame Zertrümmerung,
die Paulus erfuhr, darf man allen zu ihrem Heil wünschen.
A.Christlieb
Eine dreifache Erkenntnis, die Paulus vor Damaskus gegeben
wurde.
Dreierlei erkannte Saulus vor Damaskus, was er vorher nicht
wußte:
1. Er erkannte, daß s e i n w ü t e n d e s T o b e n nicht
gegen einige Menschen, die er für verkehrt angesehen hatte,
gerichtet war, sondern g e g e n d e n H e r r n d e r
H e r r l i c h k e i t selbst.
Bis dahin hatte er stets geglaubt, daß er nur eine falsche
religiöse Richtung bekämpfe. Nun aber sah er auf einmal, daß
er in seiner Verblendung gegen den gestritten hatte, der in
der unsichtbaren Welt als Machthaber regierte. Das war eine
furchtbare Erkenntnis.
Wie mancher glaubt auch heute, seine Abneigung und sein Haß
gehe nur auf eine bestimmte Art von Menschen, etwa auf die,
welche die Heilsgewißheit zu besitzen glauben. Dabei glaubt
er, Jesus gegenüber eine durchaus richtige Stellung
einzunehmen.
2. Saulus erkannte auch, d a ß d i e g l ä u b i g e n
C h r i s t e n n i c h t H e u c h l e r u n d
S c h w i n d l e r w a r e n , sondern das Richtige
hatten. Sie standen in Verbindung mit dem, den er nicht
gekannt hatte. Sie besaßen einen Meister und Führer, von
dem er nichts gewußt hatte. Nicht die gläubigen Christen
waren auf dem Irrweg, sondern er selbst.
3. Er erkannte auch, d a ß d e r P l a n , d i e
C h r i s t e n g e m e i n d e a u s z u r o t t e n ,
g a n z u n a u s f ü h r b a r w a r . Diese vermeintliche
Sekte, mit der er bald fertig zu werden hoffte, besaß (wie
er jetzt gemerkt hatte) einen Schutzherrn in der unsichtbaren
Welt, der sie liebte, schützte, und derer er sich nach jeder
Seite hin annahm. Mit den Menschen hätte er wohl den Kampf
aufnehmen und sie überwinden können. Aber gegen jenen Herrn
im Himmel war jeder Kampf aussichtslos. Jeder Plan, diese
Christenschar zu vertilgen, war unsinnig und unmöglich.
Diese dreifache Erkenntnis hatte Saulus vorher nicht gehabt.
Wieviel Licht kann Gott in einem Augenblick geben!
A.Christlieb
Die Reisegefährten des Saulus bei Damaskus.
Zwischen der Erfahrung, die Paulus vor Damaskus machte, und
derjenigen seiner Gefährten besteht ein großer Unterschied.
Auch die Gefährten sahen ein Licht; auch sie hörten ,,eine
Stimme" (9, 7). Aber sie sahen i h n nicht. Sie hörten
nicht, daß m i t i h n e n geredet wurde.
Saulus erlebte viel mehr. Er wußte, daß der von ihm
verfolgte Jesus mit ihm, ja gerade mit ihm geredet hatte.
(,,Die Stimme dessen, der m i t m i r redete, hörten sie
nicht".) Erschüttert und vor Schrecken erstarrt waren auch
die Gefährten (9, 7). Aber zur Sündenerkenntnis und zur
Sinnesänderung war nur Saulus gebracht.
Die Reisegefährten gingen mit Saulus längere Zeit einmütig
zusammen. Sie verfolgten dasselbe Ziel wie er. Auch sie
wollten gegen die Christen vorgehen. Im Rang war wohl
ein Unterschied, indem Saulus ihr Führer und Befehlshaber
war, aber in der Gesinnung waren sie eins. Diese
Gesinnungsgemeinschaft blieb bestehen, b i s d i e
B e g e g n u n g m i t C h r i s t u s e r f o l g t e .
H i e r g i n g e n d i e W e g e a u s e i n a n d e r .
Zwar geleiteten sie pflichtgetreu ihren erblindeten Führer
bis zu seiner Wohnung in Damaskus. Von da an verschwinden
sie aus unserem Gesichtskreis. Wir erfahren nichts mehr
von ihnen. Sie werden jedenfalls später nach Jerusalem
zurückgekehrt sein und dort berichtet haben.
Erinnern uns diese Reisegefährten des Saulus nicht an manche
früheren Weggenossen unseres Lebens, die mit uns einmütig auf
dem Weg dieser oder jener Pflichterfüllung dahingingen, bis
eine Wendung in unserem Leben eintrat, von der an die Wege
auseinandergingen? Die äußeren Gefährten unserer Dienst-
und Lebenswege bleiben nicht immer unsere Genossen in der
Nachfolge Jesu.