Apg 9,1
A.Christlieb
Philippus ward gefunden zu Asdod und predigte das Evangelium.
Saulus aber schnaubte noch mit Drohen und Morden wider die
Jünger des Herrn. Apg. 8, 40; 9, 1
In unserem Text sehen wir zwei Personen, die bemüht sind,
ihre Mitmenschen auf einen anderen Weg zu bringen. Laßt uns
beide vergleichen. - Da ist der irrende Saulus. Er ist fest
davon überzeugt, daß die Christen auf dem Irrweg sind. Er
ist entschlossen, sie mit allen ihm zur Verfügung stehenden
Mitteln zum väterlichen Gesetz zurückzuführen. Daß dieses
Tun aus dem eigenen menschlichen Geist fließt, ist schnell
zu erkennen. Er ist voll Ärger und Zorn. Er schnaubt und
droht. Er scheut nicht einmal zurück vor Blutvergießen. Er
wendet fleischliche Gewaltmittel an, wie ungeistliche
Menschen sie zu allen Zeiten als Hauptwaffe im Kampf gegen
Gottes Reich anzuwenden pflegen. - Schauen wir daneben die
Arbeit des Philippus an. Auch er sucht Menschen auf einen
anderen Weg zu bringen. Aber er droht und schnaubt nicht wie
Saulus. Er holt nicht Waffen aus des Teufels Rüstkammer. Er
hat die wirksamste Waffe, die es gibt - das Evangelium, die
frohe Kunde von dem Heiland. Und nun beobachte die beiden
Arbeiter: den einen, im stillen Geist des Friedens beglaubigt
von Gott; den anderen, im wilden Zorn und Grimm, wütend
darüber, daß nicht alle Leute seine Überzeugung teilen. -
Wem gleichen wir? - - Und nun ein Wunder! Der Mann voll
schnaubender Wut arbeitet bald darauf im gleichen
Friedensgeist wie Philippus. Was war geschehen? Gott hatte
ihm Licht gegeben darüber, daß er auf dem Irrweg war.
Gedemütigt, zerbrochen und begnadigt war er ein Eigentum
Jesu geworden. Und wie er selber durch die unverdiente Güte
Gottes überwunden war, so arbeitete er jetzt in der Kraft
eben dieser Gnade, die ihn umgewandelt hatte. - Möge Gott
noch viele solche Arbeiter wecken wie Philippus und Paulus
waren.
A.Christlieb
Die Christenverfolgung durch Saulus.
Apostelgeschichte 9, 1. 2 und 22, 4.
Unser Text zeigt uns das Toben des Saulus gegen die Gemeinde
Jesu. Laßt uns seinen Kampf gegen die Christen näher
ansehen, indem wir 1. den Verfolger, 2. die Verfolgten,
3. die Verfolgung betrachten.
1. D e r V e r f o l g e r .
Mit einem eigentümlichen Ausdruck wird uns das Bild des
verfolgenden Saulus gezeichnet. Er ,,schnaubte noch mit
Drohen und Morden gegen die Jünger des Herrn". Dies Wort
erinnert an die Art und Weise eines Raubtiers. Wenn es sein
Opfer sieht, so schnaubt es bisweilen in glühendem Eifer, um
sich dann im Sprung auf dasselbe zu stürzen. Ähnlich war
Saulus von einem feurigen Eifer erfüllt, sich gegen die
Christen in den Kampf zu werfen. Er glich einem Raubtier,
das von einem kaum zu bändigenden Blutdurst erfüllt ist.
Welch ein furchtbares Bild!
Man erzählt von der Frau eines armen Trinkers: Als ihr
sinnlos betrunkener Mann heimkehrte, kam sie auf den
Gedanken, ihn gerade jetzt photographieren zu lassen.
Nachher zeigte sie dem nüchtern gewordenen Mann das Bild.
Die Folge war, daß er sich entsetzt von dem Laster abwandte
und Hilfe dagegen suchte.
Das Bild dieses raubtierartigen Saulus könnte vielen ehrbaren
Namenschristen zurechthelfen, die aber v o n H a ß u n d
A b n e i g u n g g e g e n d i e G l ä u b i g e n
e r f ü l l t sind. Wie abscheulich macht uns doch der Haß
gegen das Volk des Herrn! (Psalm 109, 16).
2. D i e V e r f o l g t e n .
Nicht gegen eine besondere Art und Richtung von Christen
wandte sich der Haß des Saulus. Sein Verfolgungseifer
erstreckte sich auf alle, die Jesus anhingen und an ihn
glaubten (,,gegen die Jünger des Herrn"). Er machte keinen
Unterschied zwischen ihnen. Auch die besten und lautersten
fanden keine Gnade bei ihm. Wenn sie noch so behutsam
wandelten, wenn sie sich noch so treu und vorsichtig im Leben
bewiesen, wenn sie noch so liebevoll und freundlich gegen
andere auftraten, alles half nichts. Er haßte nun einmal die
ganze Gesellschaft.
Ein Christenfeind sagte einmal im Blick auf die Gläubigen:
,,Von dem ganzen Geschmeiß will ich nichts wissen." So stand
auch Saulus. Weder der liebevolle Johannes, noch der feurige
Petrus, noch irgendein Jünger galten etwas bei ihm. Wie
blind macht doch der teuflische Haß gegen die Jünger Jesu!
Wie nimmt er jede Klarheit und Gerechtigkeit im Urteil über
sie hinweg! (Psalm 35, 20; 2. Timotheus 3, 12).
3. D i e V e r f o l g u n g .
In der großen Christenverfolgung (Kapitel 8) wird eine Anzahl
von Jüngern bis nach Damaskus gekommen sein, so daß auch dort
eine Christengemeinde vorhanden war. Gegen diese richtete
sich Saulus. In seinem Eifer wartete er nicht, bis seine
vorgesetzte Behörde, der Hohe Rat, ihm einen Auftrag
übertrug. Er drängte sich selbst vor. (,,Er ging zum
Hohenpriester und bat ihn um Vollmachtsbriefe.")
Hier wollen wir auf einen wichtigen Unterschied zwischen der
späteren richtigen Arbeit des Paulus und seiner falschen
Tätigkeit vor seiner Bekehrung achten. Der bekehrte Saulus
konnte trotz all seines natürlichen Feuereifers in der Stille
warten, bis ihm ein Auftrag auch durch Menschen zuteil wurde.
Er blieb in der Verborgenheit in Tarsus, bis Barnabas ihn
in die Arbeit nach Antiochien rief (Kap. 11, 25. 26). Er
drängte sich nicht selbst vor. Hier aber tat er selbst, was
er konnte, um nach Damaskus gesandt zu werden. Er konnte
nicht sagen, daß diese Aufgabe ihm ohne eigenes Zutun
zugefallen sei.
Ein derartiger Eifer stammt aus dem eigenen Geist. Hüten wir
uns vor demselben, zumal er auch später im Gnadenstand leicht
zum Vorschein kommt! Die rechte Art erkennt man an der
Geduld, die auf Gottes Weisung und menschliche Berufung
warten kann. Die falsche Art merkt man an der Ungeduld, die
sich vordrängt und etwas Besonderes leisten will, ohne
gerufen zu sein.