Apg 7,55
A.Christlieb
Wie er aber voll Heiligen Geistes war, sah er auf gen Himmel
und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesum stehen zur Rechten
Gottes und sprach: Siehe, ich sehe den Himmel offen und des
Menschen Sohn zur Rechten Gottes stehen. Apg. 7, 55
Am Tage seines Todes schenkte der Geist Gottes dem Stephanus
drei verschiedene Blicke. Einen Blick ins Wort hinein. Die
Bibel liegt vor ihm wie ein aufgeschlagenes Buch. Klaren
Auges sieht er Gottes Führung mit seinem Volk Israel und
dessen Widerstreben. Eine Fülle von Licht strömt ihm aus
Gottes Wort entgegen. Wie anders war das bei seinen
Zuhörern. Die lasen wohl alle Sabbate in der Schrift, aber
die Decke Moses blieb vor ihren Augen. Sie verstanden nichts
von der Schrift. Ihnen fehlte die Gabe des Heiligen Geistes.
Stephanus aber schaute durch das Wort das Wirken Gottes in
der Geschichte Israels. Stephanus erhielt auch einen Blick
für das Innere der Menschen. Die Leute um ihn her waren
fromme Menschen, eifrige Besucher des Tempels. Manch einer
hätte sie gewiß günstiger beurteilt als er. Stephanus aber,
der Mann voll Heiligen Geistes, nennt sie: Halsstarrige, Gott
Ungehorsame, Mörder! Diese Ausdrücke braucht Stephanus nicht
in fleischlichem Zorn, sondern erleuchtet durch den Heiligen
Geist, der uns Menschen das eigene Verderben zeigt, aber auch
den wahren Zustand anderer. Wie würde Stephanus wohl uns
anreden, wenn er vor uns stünde? Darüber kann man
nachdenken. Zuletzt tat der Heilige Geist dem Stephanus den
Blick auf in den Himmel. Vor der unsichtbaren Welt hängt ein
Vorhang, den unser Auge nur im Glauben durchdringt. Je und
je schenkt Gott aber gerade Sterbenden Blicke in die
Herrlichkeit. Das erlebte auch Stephanus. Er durfte
zweierlei sehen, was zum Wesen des Jenseits gehört: Die
H e r r l i c h k e i t und J e s u s. Hier unten war nichts
als Bosheit und Elend zu sehen. Das alles zu verlassen, war
ihm nicht schwer, nachdem er den Blick in die unvergängliche
Herrlichkeit getan hatte. Würden wir die Herrlichkeit droben
öfter im Glauben anschauen, würden wir leichter von der
Eitelkeit der Welt gelöst.
W.Nee
Er jedoch, erfüllt mit dem heiligen Geist, blickte zum Himmel
auf und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten
Gottes stehen. Apostelgeschichte 7,55
Als erstes sprach Stephanus, als er vor dem Hohen Rat stand,
von Gott und seiner Herrlichkeit. »Ihr Brüder und Väter«,
sagte er, »höret zu! Der Gott der Herrlichkeit erschien
unserem Vater Abraham. ... Da zog er aus ... und wohnte in
Haran.« Stephanus, der diese Herrlichkeit sieht, weiß, daß er
darauf antworten muß. Auch Abraham antwortete, und bei allen
Rückschlägen und Entmutigungen auf seiner Wanderung wurde er
durch das Schauen der Herrlichkeit Gottes hindurchgetragen.
Deshalb beginnt Stephanus seine Rede damit, daß er den Hörern
dies ins Gedächtnis ruft.
Sie hörten sein Zeugnis und wiesen es von sich, und dann
merkten sie plötzlich, daß Stephanus das, wovon er sprach,
selber erblickte! Vom Heiligen Geist erfüllt, blickte er
unverwandt aufwärts »und sah die Herrlichkeit Gottes«. Der,
welcher Abraham erschien, und der, den Stephanus sah, sie
waren ein und derselbe. Sein Wesen ändert sich nicht. Und
der gleiche Gott mit dem unverminderten Glanz seiner
Herrlichkeit trug nun Stephanus durch seine eigene furchtbare
Krise. - Ob noch ein Stein und noch einer auf ihn geworfen
wird, was macht das dem aus, der die Herrlichkeit Gottes
schaut!
C.Eichhorn
Ein herrlicher Tod
Ich sehe den Himmel offen und des Menschen Sohn zur
Rechten Gottes stehen. Apg. 7, 55
Ein herrlicher Tod! Stephanus trat ihn an "voll heiligen
Geistes" und mit einem Vorgeschmack der auf ihn wartenden
unaussprechlichen Glückseligkeit und Herrlichkeit; denn er
sah den Himmel geöffnet und Jesus. Er sah ihn nicht, wie
sonst beschrieben, sitzend, in der Ruhe seiner Majestät,
sondern stehend, wie um den Erstling seiner Blutzeugen
ehrerbietig zu empfangen. Zugleich deutet das an, daß er
bereit ist, seiner Gemeinde helfend und schützend
beizustehen. Stephanus sah nicht die wutentbrannten
Gesichter seiner Feinde, er blickte nach oben. Es wurde ihm
vergönnt, die Herrlichkeit Gottes zu schauen und den Heiland,
wie er zu seinem Empfang bereitstand. Wer so stirbt, der
stirbt wohl. Nun war Stephanus hinausgehoben über alle
Schrecken des Todes. Sein Ende war nichts weniger als
lieblich. Wenn man auf die äußeren Umstände sieht, war es
geradezu grauenvoll. Die haßerfüllten Gegner stürmen auf ihn
ein und führen ihn wie einen Verbrecher durch die Straßen,
und dort werfen sie ihn mit Steinen tot wie einen Hund. Aber
es war dennoch ein seliges und fröhliches Ende; denn der
Himmel war über ihm offen, während die Hölle um ihn brüllte
und tobte. Der Heiland breitete schon die Arme nach ihm aus.
Das Sühnesterben Jesu hat den Tod der Seinen in ein sanftes
Entschlafen, ein freudiges Abscheiden verwandelt. Wer so in
Jesu stirbt, stirbt immer wohl, ob ihn bestialische Roheit
der Menschen zu Tode schindet oder ob er eines sonstigen
Todes stirbt. - Man hört öfter von jemand rühmen, er sei so
sanft und friedlich eingeschlafen, als sei das schon der
Beweis für ein seliges Ende. Selig stirbt nur, wer Jesus hat
und mit ihm durch ein inniges Band des Glaubens und der Liebe
verbunden ist. Mitunter müssen gerade Gläubige vor ihrem
Ende noch durch schwere Kämpfe. Es kommen innere Stürme
und Anfechtungen vom Satan. Sie müssen nochmals durch ein
Gericht hindurch. Ihr ganzes Leben wird in das Licht des
heiligen Angesichtes Gottes gestellt. Da wird alles eigene
Werk vernichtet, aber nur, damit Jesus ihnen alles sei. Im
Glauben dürfen sie sprechen: Wohl mir, ich seh' den Himmel
offen! Nicht selten dürfen sie nach schweren Stunden noch
einen besonderen Vorgeschmack der künftigen Seligkeit haben,
wohl auch vor dem Scheiden schon einen Blick tun in die obere
Welt. Ein Johann Arndt durfte sterbend die Herrlichkeit des
Sohnes Gottes schauen. Das vertreibt die Bitterkeit des
Todes. Da verläßt man die Erde gern. Man wird nicht
hinweggerissen, man eilt seinem Heiland entgegen. Daß mein
Ende sei wie das Ende solcher Jesusfreunde und Bürger des
Himmels!