Apg 1,12
A.Christlieb
Was den Pfingstgeist hindert und fördert
Apostelgeschichte 1, 12 - 14
Die Geistesfülle damals und die Geistesarmut heute drängen
uns das obige Thema auf.
1. Uneinigkeit und Einigkeit
Das erste Hindernis für eine reichere Mitteilung des Heiligen
Geistes in unserer Zeit ist die Uneinigkeit. Die Jünger
»waren beieinander e i n m ü t i g mit Beten und Flehen« (V.
14), als sie die Geistesgabe erhielten. Damals herrschte
Einmütigkeit, heute so viel Uneinigkeit. Dieser Umstand ist
ein schlimmes Hemmnis für Gottes Geist. Und allenthalben
wird die Uneinigkeit noch vermehrt! Das ist Satans Werk!
Meist ist Hochmut die Ursache für die Zerrissenheit. Die
Auserwählten sollten in den eigenen Augen klein und niedrig
werden. Dann wäre die Einigkeit leichter hergestellt.
Früher hatte es unter den Jüngern auch hochmütigen
Rangstreit gegeben: »Sie hatten miteinander auf dem Wege
gehandelt, welcher der Größte wäre« (Mark. 9, 34). Das
hatte natürlich ihre Einigkeit bedroht. Aber jene Haltung
war überwunden. Wodurch? Die Jünger waren am Karfreitag
kleiner geworden. Der führende unter ihnen, Petrus, war am
tiefsten gefallen. Die andern hatten auch die Probe nicht
bestanden, sondern den Herrn feige verlassen (Mark. 14, 50).
Allen hatte Jesus vergeben. Alle lebten von der Gnade.
Keiner konnte auf den andern herabsehen oder sich über ihn
erheben. Die erfahrene Gnade hatte sie geeint. Nun konnten
sie zusammenstehen trotz allen Verschiedenheiten unter ihnen.
Laßt uns kleiner werden, dann werden wir einiger! Dann ist
ein Hindernis weggenommen für das Wirken des Geistes.
2. Ungeduld und Geduld
Ein zweites Hindernis für den Pfingstgeist ist die Ungeduld.
Die »Jünger waren s t e t s beieinander« (V. 14). Es war
ein Beten viele Tage hindurch. Die Ungeduld - auch im
Kämmerlein - ist ein Geisteshemmnis. Man wartet in unserer
hastigen Zeit nicht auf Kraft von oben. Man betet wohl kurz,
wartet aber nicht auf Erhörung und geht im eigenen Geist
vor, ohne Salbung von oben. Man kann wie Saul nicht warten,
bis »Samuel kommt« (1. Sam. 15, 8-14). Man kann wie das
abtrünnige Israel sich nicht in Geduld sich fassen, bis Mose
»vom Berge Sinai herabkommt«. Man macht sich ein goldenes
Kalb. Man will das Reich Gottes durch das Tun der eigenen Hände
sichtbar bei sich haben, anstatt Gott durch die Macht seines
Geistes das bessere, beständigere Reich bauen zu lassen.
Ungeduldige Leute sind geistesarme Leute. Geduld ist uns
not, wenn wir geistesmächtige Leute werden wollen. »Als der
Tag erfüllet war« (Apg. 2, 1) kam damals Pfingsten, nicht
als Petrus oder Jakobus oder die andern Jünger es wünschten.
Die Jünger waren zusammen geblieben, bis Gottes Tag kam.
Geduld wurde gekrönt. Geduld wird heute gekrönt: Geduld im
Gebet, in der Arbeit, in der Fürbitte, in der Treue, die
Menschen zu suchen. Geduldige erleben Geistesfrucht.
3. Ungehorsam und Gehorsam
Zuletzt ist Ungehorsam ein Geisteshindernis. »Gott gibt den
Geist denen, die ihm gehorchen« (Apg. 5, 32). Im Gehorsam
gingen die Jünger nach Jerusalem, im Gehorsam blieben sie
dort (Luk. 24, 49), bis der Pfingstgeist kam.
Heute nimmt mancher es leicht mit eigenen Wegen und bittet
gar um Gottes Beistand für das Vorwärtsschreiten auf
selbsterdachter Bahn. Nein, der Geist Gottes wird uns nicht
gegeben, damit wir unsern eigenen Willen durchsetzen können.
Geisteskraft bekommen wir durch Gehorsam, der Gottes Willen
ausführt.
Ich darf nicht um Geisteskraft in der Predigt oder im
Gespräch bitten, wenn ich dadurch im eigenen Eifer oder Zorn
diesen und jenen Menschen strafen oder zerschmettern will.
Gott will ihn vielleicht trösten. Ich darf nicht um
Tröstungskraft bitten für die, welche mir angenehm sind.
Gott will sie vielleicht strafen und ihnen gründlicher ihr
Verderben aufdecken. Aber Kraft darf ich erbitten, daß von
meinem Wort und Zeugnis die Wirkung ausgehe, die Gott für
nötig hält.
Je gründlicher zerbrochen unser Eigenwille ist, desto mehr
kann Gott uns mit der Pfingstkraft füllen. Gehorsam mehrt
die Geistesgabe. Es ist beglückend, dem Leiten des Geistes
zu folgen. Jeder Schritt im Gehorsam vermehrt die innere
Kraft, jeder Schritt im Ungehorsam schwächt. Nach dem
stillen, gehorsamen Harren in Jerusalem kamen für die Jünger
Zeiten eifrigster Tätigkeit hin und her im Lande. Da hätten
sie sich nicht in selbstgewählte Stille zurückziehen dürfen.
Warten und Wirken - der Geist zeigt den Gehorsamen, wann für
beides die Zeit da ist, und er füllt sie mit göttlicher
Kraft.