Johannes

Joh 18,36 D.Rappard Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Joh. 18,36.

Mit bewegtem Herzen hat unser Geschlecht die Umwälzungen geschaut, die Schlag auf Schlag in der Völkerwelt erfolgt sind. Throne sind gestürzt, berühmte Namen in den Staub gezogen worden. Unheimlich jubelten die einen, tief gebeugt waren die anderen. Und mitten in den brausenden Wogen des Völkermeeres stand und s t e h t unerschütterlich fest das Reich, von dem sein dornengekrönter König einst bezeugte: Mein Reich ist nicht von dieser Welt.

Nie, auch nicht in den blühendsten Friedensjahren hat sich die R e a l i t ä t d e s R e i c h e s G o t t e s so fühlbar gemacht, wie in den Zeiten des Sturmes und des Umsturzes. Der Christ kann wohl ein warmer Vaterlandsfreund sein, aber seine tiefsten Wurzeln sind im unsichtbaren Reich seines Gottes. Dort ist seine Heimat. Für den ewigen König schlägt sein ganzes Herz. Und wenn er auch ob des Unglücks und der Sünden seines Volkes mit Jeremia ausruft: ,,Meine Augen fließen mit Tränen Tag und Nacht über die Erschlagenen meines Volkes", so findet er doch Trost in dem Bewußtsein, daß alle diese Stürme nur dazu dienen müssen, das Kommen des Königs vorzubereiten. Nichts und niemand kann ihn scheiden von der Liebe seines Herrn. Das gibt Kraft und Frieden.

Mein König, wie Dein Reich nicht von dieser Welt ist, so laß auch mich, wiewohl i n der Welt lebend, nicht v o n der Welt sein, sondern volle Genüge haben in Dir.





W.MacDonald »Mein Königreich ist nicht von dieser Welt; wenn mein Königreich von dieser Welt wäre, so hätten meine Diener gekämpft ...« Johannes 18,36

Die Tatsache, daß das Königreich Christi nicht von dieser Welt ist, genügt schon, mich von der Politik dieser Welt fernzuhalten. Wenn ich mich politisch betätige, dann demonstriere ich dadurch mein Vertrauen in die Fähigkeit des gegenwärtigen Systems, die Probleme der Welt lösen zu können. Aber, ehrlich gesagt, habe ich dieses Vertrauen nicht, weil ich weiß, daß »die ganze Welt in dem Bösen liegt« (1. Johannes 5,19).

Die Politik hat sich als erstaunlich unfähig erwiesen, die gesellschaftlichen Probleme zu lösen. Politische Maßnahmen sind nichts anderes als ein Heftpflaster auf ein eiterndes Geschwür; sie dringen nicht bis zum Infektionsherd vor. Wir wissen, daß Sünde das grundlegende Übel in unserer kranken Gesellschaft ist. Alles, was nicht die Sünde in den Griff zu bekommen versucht, kann als Heilmittel nicht ernstgenommen werden.

Es ist also eine Frage der Prioritäten. Soll ich meine Zeit in politische Betätigung investieren, oder soll ich diese selbe Zeit der Ausbreitung des Evangeliums widmen? Der Herr Jesus beantwortete diese Frage, als Er sagte: »Laß die Toten ihre Toten begraben, du aber gehe hin und verkündige das Königreich Gottes« (Lukas 9,60). Christus bekanntzumachen hat den obersten Vorrang, weil Er die Antwort auf die Probleme dieser Welt ist.

»Denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern göttlich mächtig zur Zerstörung von Festungen« (2. Kor. 10,4). Weil das nun wirklich so ist, kommen wir zu der kühnen Einsicht, daß wir den Verlauf der nationalen und internationalen Geschichte durch Gebet, Fasten und das Wort Gottes mehr beeinflussen können, als es durch Wahlbeteiligung je möglich wäre.

Eine Person des öffentlichen Lebens sagte einmal, daß Politik schon ihrem Wesen nach verdorben sei. Und als Warnung fügte er hinzu: »Die Versammlung sollte nicht ihre eigentliche Aufgabe vergessen, indem sie sich auf ein Gebiet menschlicher Anstrengungen begibt, wo sie zwangsläufig eine armselige Figur abgibt ... Wenn sie sich darin einmischt, wird sie die Reinheit ihres Existenzgrundes verlieren.«

Gottes Plan für dieses Zeitalter ist es, aus den Nationen ein Volk für seinen Namen herauszurufen (vgl. Apostelgeschichte 15,14). Statt es den Menschen in einer verdorbenen Welt möglichst erträglich und bequem zu machen, ist Er damit beschäftigt, Menschen aus ihr herauszuretten. Ich sollte damit beschäftigt sein, bei diesem herrlichen Befreiungsunternehmen mit Gott zusammenzuarbeiten.

Als die Menschen den Herrn Jesus fragten, wie sie die Werke Gottes wirken könnten, antwortete Er, daß es das Werk Gottes ist, an Den zu glauben, den Er gesandt hat (Johannes 6,28.29). Das also ist unsere Aufgabe - Menschen zum Glauben zu führen, nicht zur Wahlurne.





C.O.Rosenius Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Joh. 18, 36.

Wie ein Reich von dieser Welt ist, sehen wir mit unseren Augen. Es kommt ,,mit äußerlichen Gebärden", mit äußerer Pracht, mit äußerem Ansehen, mit leiblicher Macht, Heeren, Waffen, Titeln und allerlei Veranstaltungen, die diesem äußeren Leben dienen. Das Reich Christi dagegen ist ein geistliches, ein unsichtbares Reich, vor Menschenaugen verächtlich und elend. Es dient nicht diesem Leben, sondern unserem ewigen Heil und einer anderen Zeit.

Gegen unser allergrößtes Übel haben alle Reiche der Welt keine Hilfe. Die Sünde beugt die mächtigsten Könige unter ihre Gewalt. Der Teufel, ,,der Fürst dieser Welt", zwingt alle Könige und Fürsten, ihm zu dienen, wenn sie nicht zu Christus geflohen sind und von Ihm erlöst wurden. Vor dem Tod legt jeder König sein Zepter nieder und läßt sich still wegführen; ja, die ewige Verdammnis trifft ebenso den unbußfertigen König wie jeden anderen Menschen.

Gegen dieses ewige Übel haben alle Reiche der Welt keine Hilfe, gerade hier aber soll das Reich Christi uns dienen. Es hat zwar in der Welt kein Ansehen, vor den Augen der Menschen ist es elend und jämmerlich, wie sein König es auch war, als Er gegeißelt, verspottet und mit Schmach bedeckt vor Pilatus stand. Sein Reich erscheint also höchst elend. Es schützt nicht vor Verachtung durch die Welt, nicht vor der Unterdrückung durch die Menschen, nicht vor Kreuz und Leiden, nicht einmal vor Versuchungen und Anfechtungen durch die Sünde und den Satan, nein, es bringt eher alles das über uns. Aber vor dem Zorn Gottes und dem ewigen Tod schützt es. Von der Sünde, sowohl von ihrer Strafe als auch von ihrer Herrschaft, befreit es. Von der ganzen Herrschaft und der Übermacht des Teufels errettet es. Vor der Hölle und dem ewigen Feuer bewahrt es. Die Menschen, die an Jesus glauben und in Seinem Reiche sind, werden nicht ewiglich sterben, sondern, wenn der leibliche Tod diesem elenden Erdenleben ein Ende macht, werden sie erst recht zu leben anfangen, gleichwie Jesus gerade da zu Seiner Herrlichkeit einging, als Er starb. So ist Sein Reich, so Seine Meinung mit den Worten: ,,Mein Reich ist nicht von dieser Welt."

Dies aber müssen wir uns vor allem durch das Bild des Königs einprägen. Denn dazu sollte die tiefe Erniedrigung des Herrn Christus und Sein Leiden uns in so ergreifenden Zügen vor Augen gestellt werden, daß die Gläubigen zu allen Zeiten in Ihm ein Vorbild ihres eigenen Weges durch Leiden zur Herrlichkeit sehen sollten. Dieser Weg oder das Reich Christi auf Erden, wird uns oft so niederdrückend und so verwunderlich, daß auch seine erleuchtetsten Mitglieder unaufhörlich daran irre werden. Darum mußt du den König oft und gründlich als ein Beispiel der Art und Beschaffenheit des Reiches betrachten; übe dich darin, die großen Gegensätze bei Christus recht zusammenzuhalten, die Gegensätze zwischen dem Wesen und dem Aussehen. Sieh, welch eine herrliche Person. Und sieh, welch eine tiefe Erniedrigung, welch ein jämmerliches Aussehen! Der Person und der Wirklichkeit nach ist der ,,König der Ehren", der eingeborene Sohn des Vaters, dem der Vater auch als Mensch ,,alle Gewalt im Himmel und auf Erden" und ,,einen Namen gegeben hat, der über alle Namen ist, daß in dem Namen Jesu sich beugen sollen alle Knie derer, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, daß Jesus Christus der Herr sei, zur Ehre Gottes, des Vaters." So ist der König in Wirklichkeit. Aber sieh, was davon an Ihm gesehen wird! Er wird in einem Stall geboren und in eine Krippe gelegt. Er war während Seines ganzen Lebens ,,der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit", so arm, daß - während ,,die Füchse Gruben und die Vögel unter dem Himmel Nester haben - des Menschen Sohn nicht hatte, da Er Sein Haupt hinlegte." Und als Er Seinen bedeutungsvollen, von den Propheten vorausgesagten Einzug in Jerusalem hält, reitet Er auf einem geliehenen Füllen der lastbaren Eselin, die Kleider Seiner Jünger zum Sattel. Ist dieser Jesus der große König der Ehren, von dem die Propheten von Anfang der Welt an sangen? Ja, Er ist es, ,,der König der Ehren, mächtig im Streit." Dies aber war jetzt so vollständig verborgen, daß man sich nicht zu wundern brauchte, wenn alle Menschen versucht würden, über Seinen Königsnamen zu spötteln und zu sagen: Dann ist es gewiß ein Bettelkönig.

Aber Sein Reich ist ein Reich der schärfsten Gegensätze, der größten Ehre und Herrlichkeit vor Gott, des größten Elends aber vor uns und vor allen Menschen. Sein Reich ist ein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens, zugleich aber ist darin eine beständige Sünde und Unruhe, ein beständiger Streit. Seine Gläubigen sind vor Gott in größter Gnade und Ehre, sind nichts Geringeres als Gottes Kinder - ,,Meine Söhne und Töchter", spricht der allmächtige Herr. Ja, wir sind Christi Brüder und Miterben, die ,,leuchten werden wie die Sonne in unseres Vaters Reich" - und gehen doch hier auf Erden oft wie ganz von Gott verlassen einher, als wären wir wegen unserer Sünden unter Seinem Zorn. Wir sollten dann vielmehr der Gestalt unseres Königs eingedenk und darauf bedacht sein, daß die große Gnade und Herrlichkeit hier auf Erden unter allem Jammer und Elend verborgen sein soll, auf daß der Glaube eine beständige Übung habe!

Es glänzet der Christen inwendiges Leben, Obgleich sie von außen die Sonne verbrannt; Was ihnen der König des Himmels gegeben, Ist keinem als ihnen nur selber bekannt. Was niemand verspüret, was niemand berühret, Hat ihre erleuchteten Sinne gezieret, Und sie zur göttlichen Würde geführet.